Weltsynode werde keinen Sprung nach vorne bringen

Theologe: Synodale Kirche ist ohne Kirchenrechtsreform unmöglich

Veröffentlicht am 30.08.2024 um 12:24 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Als Schweizer Beobachter hat Daniel Kosch die Beratungen des Synodalen Wegs in Deutschland verfolgt. Das Reformprojekt hat für ihn Modellcharakter. Viele hätten sich auch in der Schweiz einen synodalen Prozess gewünscht, so der Theologe.

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Der Theologe und langjährige Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), Daniel Kosch, hat eine Reform des Kirchenrechts gefordert. "Ohne eine tiefgreifende Reform des Kirchenrechts inklusive seines Verständnisses der Stellung der Frauen in der Kirche, des Papst- und Bischofsamtes ist eine wirklich synodale Kirche nicht zu haben", schreibt Kosch in einem Beitrag für das Internetportal "feinschwarz.net" (Freitag). Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) habe zwar wichtige theologische Grundlagen für ein demokratisch-geschwisterliches Verständnis von Synodalität gelegt, sei strukturell aber beim monarchisch-patriarchalen Kirchenmodell geblieben.

Man müsse kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass die Weltsynode im Herbst keinen wesentlichen Sprung nach vorne vorschlagen werde, so Kosch weiter. "Auch gilt es einzugestehen, dass weder ein demokratisch-synodales Kirchenrecht noch die Frauenordination der Kirche jene schmerzhaften Umbrüche ersparen werden, deren Ursache der gesellschaftliche Wandel ist." Damit Synodalität in der schweizerischen Kirchenstruktur nicht zur Worthülse verkomme, müsse erkannt werden, dass Gott seine Kirche nicht verlassen habe und weiterhin zu den Menschen spreche. Außerdem verlangten der demokratische Kontext und das Evangelium eine Kirche, in der Macht geteilt werde. Zudem brauche es einen strukturierten synodalen Prozess in der Schweiz und konkrete Reformschritte – etwa die Feststellung, dass partnerschaftliches Leben für Seelsorger, die nicht zum Zölibat verpflichtet seien, weder anstellungs- noch kündigungsrelevant sein dürfe.

In seinem Beitrag geht Kosch auch auf die Kirchenstruktur in der Schweiz ein. Das auffälligste Merkmal der katholischen Kirche dort sei die Vielzahl und Kleinteiligkeit weitgehend autonomer Strukturen. "Sich auf schweizerischer Ebene in synodalen Prozessen konkret und verbindlich auf eine gemeinsame Marschrichtung zu verständigen, ist daher anspruchsvoll", so Kosch. Die Kirche nehme nationale Herausforderungen dadurch nur sehr beschränkt wahr. "Sie wird von der Öffentlichkeit auf nationaler Ebene nicht mehr als gestaltende Kraft wahrgenommen und hat keinerlei Plan, wie sie mit der dramatischen Entkirchlichung umgehen will." Kirchturmdenken und der Rückzug ins eigene Schneckenhaus schienen zuzunehmen.

Schweizer Strukturen blieben "überlebenswichtig"

Die gerade in der Deutschschweiz existierenden demokratischen staatskirchenrechtlichen Strukturen seien dennoch ein wichtiger Anknüpfungspunkt für eine synodale Kirche. "Solange das Kirchenrecht so ist, wie es ist, und alle wichtigen Entscheidungen der zuständigen, stets männlichen und geweihten Autorität vorbehält, bleiben diese Strukturen im Hinblick auf eine synodale Kirche überlebenswichtig."

Die katholische Kirche in Deutschland habe mit dem Synodalen Weg das "Programmwort von Papst Franziskus", dass Synodalität genau das sei, was Gott von der Kirche des dritten Jahrtausends erwarte, in einer konkreten Krisensituation aufgegriffen. Die Bischöfe hätten erkannt, dass es das Gebot der Stunde sei, "das pyramidal-hierarchische Kirchenbild synodal zu transformieren", betonte Kosch, der als Beobachter an den Sitzungen des Synodalen Wegs in Frankfurt teilgenommen hat. "Auch wenn Verbesserungen immer möglich sind, hat der Synodale Weg für synodale Prozesse in demokratischen Kontexten meines Erachtens Modellcharakter, zumal er die Machtfrage nicht nur thematisiert, sondern schon durch die für den Weg selbst definierten Strukturen für die Teilung und Kontrolle von Macht sorgt", so Kosch.

Viele hätten sich auch in der Schweiz einen eigenen synodalen Prozess gewünscht. Der Weg sei jedoch anders verlaufen. "Weder eine tiefgreifende spirituell motivierte synodale Reform im Sinne des Papstes noch ein strukturiertes synodales Vorgehen, das von den deutschen Erfahrungen profitiert, wurden bisher in die Wege geleitet." Auch der Weltsynodenbericht der Bischofkonferenz habe in der Schweiz "de facto weder einen starken Rückhalt noch stieß er auf Resonanz". (cbr)