Kirchliches Arbeitsrecht ermöglicht Sanktionierung

DBK nennt Kriterien für Entlassung von AfDlern aus kirchlichem Dienst

Veröffentlicht am 26.09.2024 um 12:49 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die deutschen Bischöfe grenzen sich klar von völkischem Nationalismus ab. Haupt- und Ehrenamtliche sollen sich nicht in extremistischen Parteien engagieren. Jetzt legt die Bischofskonferenz Kriterien zum Umgang mit Extremisten vor – und wann man sie entlassen kann.

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Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) sieht im Engagement für die AfD und andere extremistische Parteien eine kirchenfeindliche Betätigung, die je nach Umstand zur Entlassung aus dem kirchlichen Dienst oder zum Ausschluss von Ehrenämtern führen kann. Nach Ansicht der DBK bietet die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" dafür eine gute Rechtsgrundlage, wie sie in ihren online veröffentlichten "Erläuterungen zum Umgang mit extremistischen Positionen, die im Widerspruch zu tragenden Grundsätzen der katholischen Kirche stehen" ausführt. Von allen kirchlichen Mitarbeitern werde eine Identifikation mit den Zielen und Werten der jeweiligen kirchlichen Einrichtung erwartet. "Diese tragenden Grundsätze der katholischen Kirche sind mit extremistischen Positionen oder einer völkisch-nationalen Gesinnung, die auf eine unveränderliche kulturelle Identität und homogene Abstammungsgemeinschaft abzielt und Menschen infolgedessen systematisch und regelmäßig ausgrenzt, nicht vereinbar", heißt es in den Erläuterungen.

Eine bloße Mitgliedschaft in einer extremistischen Partei genüge den Erläuterungen zufolge in der Regel nicht, um Sanktionen zu begründen. Gemäß der Grundordnung liege eine kirchenfeindliche Betätigung etwa dann vor, "wenn – unabhängig von der Mitgliedschaft oder Betätigung in einer Partei oder Organisation – Fremdenhass propagiert wird, also öffentlich fremdenfeindliche, rassistische oder antisemitische Äußerungen getätigt werden". Eine Handlung werde dann als öffentlich wahrnehmbar eingestuft, "wenn eine Person sich aktiv politisch in einer extremistischen Partei oder Organisation betätigt". Dabei sei jeweils der Einzelfall zu prüfen, insbesondere mit Blick darauf, welche kirchenspezifischen Anforderungen an die jeweilige Person gestellt werden können. Der Grundgedanke der Erläuterungen sei, "dass niemand per se ausgeschlossen oder stigmatisiert werden soll": "Ein offenes und aufklärendes Gespräch soll dazu beitragen, der Person die Unvereinbarkeit rechtsextremistischen Gedankenguts mit tragenden Grundsätzen der katholischen Kirche zu verdeutlichen und kann sie zu einer Neuorientierung oder einem Richtungswechsel ermutigen."

Drei Kategorien von Anforderungen je nach Tätigkeit

Je nach Tätigkeit müsse unterschieden werden, was von Beschäftigten und Ehrenamtlichen erwartet werde. Dazu unterscheiden die Erläuterungen drei Kategorien: Von Personen, die katholische Einrichtungen und Verbände leiten, prägen und repräsentieren das kirchliche Profil nach außen leiten, wird das höchste Maß an Anforderungen verlangt: "Sie stehen in der Öffentlichkeit für die Kirche in einer exponierten Stellung und haben auch zugleich für alle Mitarbeitenden eine hervorgehobene Vorbildfunktion. Von diesen Personen ist eine besondere Identifikation mit den Zielen und Werten der katholischen Kirche zu erwarten. Bei ihnen gehen Außenstehende grundsätzlich davon aus, dass sie ihre Funktion – neben ihrer persönlichen und fachlichen Eignung – auch deshalb innehaben, weil sie für die Grundwerte und Ziele der Kirche einstehen." Für Personen in dieser Kategorie sei "bereits die Mitgliedschaft in der AfD, die nach außen bekannt wird, sowie jegliche andere Aktivität in der oder für die Partei oder Organisation" objektiv geeignet, "die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen".

Im Volltext: "Erläuterungen zum Umgang mit extremistischen Positionen"

Die 36-seitigen "Erläuterungen zum Umgang mit extremistischen Positionen, die im Widerspruch zu tragenden Grundsätzen der katholischen Kirche stehen – Hilfe zur Auslegung von Artikel 6 und 7 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes" sind auf der Webseite der Deutschen Bischofskonferenz verfügbar.

Eine zweite Kategorie bilden Beschäftigte, die das katholische Profil einer Einrichtung prägen, mitverantworten und nach außen repräsentieren sowie Hauptamtliche, die im pastoralen, katechetischen oder liturgischen Bereich tätig sind oder eine "wertevermittelnde Tätigkeit" ausüben. Dazu gehört der pädagogische, erzieherische oder sozialpädagogische Bereich. Eine Parteimitgliedschaft allein reiche für diese Kategorie nicht, um unmittelbar Sanktionen zu treffen. "Sie liefert jedoch Anhaltspunkte dafür, dass berechtigte Zweifel an der zu erwartenden Loyalität der oder des Mitarbeitenden/Ehrenamtlichen bestehen."

Von Personen, die nicht in diese beiden Kategorien fallen, wird lediglich "einfache Loyalität" zur Kirche und ihrer Wertordnung gefordert. Verstöße können bei ihnen in der Regel nur geahndet werden, "wenn sie die tragenden Grundsätze der Kirche nach außen bekämpfen oder verächtlich machen".

Kein Ausschluss von pastoraler Begleitung und gemeindlichem Leben

Abzugrenzen von Sanktionen für Beschäftigte und Ehrenamtliche seien pastorale Situationen: "Personen, die sich an die Kirche wenden, um ihre politische Ansicht zu reflektieren und möglicherweise mit christlichen Positionen abzugleichen, tritt die Kirche immer offen gegenüber und steht Rede und Antwort im Sinne des christlichen Auftrags." Die Teilnahme am gemeindlichen Leben selbst und an den Gottesdiensten sowie der Empfang der Sakramente blieben ausdrücklich erwünscht.

In den Erläuterungen bezieht sich die DBK aufgrund ihrer Bedeutung auf die AfD und bewertet deren Programmatik und Aussagen ihrer Funktionäre. Die Überlegungen sollen aber für alle extremistischen Parteien gelten. Ausdrücklich werden dabei die NPD-Nachfolgepartei "Die Heimat" und "Der III. Weg" erwähnt. Unterschieden wird zwischen Parteien, die "die die Menschenwürde missachten und im diametralen Kontrast zum christlichen Menschenbild, zum Gebot der Nächstenliebe sowie zur katholischen Soziallehre stehen", und Parteien, die keine solche Grundhaltung haben: "Mögen bei anderen Parteien ohne extremistische Grundhaltung zwar Einzelpositionen mit der kirchlichen Lehre divergieren, so steht aber nicht deren Grundausrichtung im Widerspruch zur kirchlichen Werteordnung."

Im Februar hatte die DBK erklärt, dass die "Verbreitung rechtsextremer Parolen – dazu gehören insbesondere Rassismus und Antisemitismus – […] überdies mit einem haupt- oder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unvereinbar" sei. Die Kirche weise alle Formen von Extremismus mit Nachdruck zurück: "Sie sind unverantwortliche Gefährdungen des Gemeinwohls und der freiheitlichen Ordnung. Gegenwärtig stellt der Rechtsextremismus die größte Bedrohung extremistischer Art für unser Land und für Europa dar." Im April wurde der saarländische AfD-Landtagsabgeordnete Christoph Schaufert von seiner Mitgliedschaft im Verwaltungsrat einer Pfarrei des Bistums Trier enthoben. Seine Proteste dagegen blieben erfolglos. Im Juli wurde ein AfD-Funktionär im Erzbistum Paderborn von seinen Ehrenämtern als Lektor und Organist in Hamm ausgeschlossen. Kirchenrechtler hatten die Bischöfe aufgefordert, klare Kriterien für einen Ausschluss aufzustellen. Unter anderem in den Bistümern Berlin, Dresden-Meißen, Magdeburg und Würzburg gibt es bereits Regelungen in den Wahlordnungen und Satzungen kirchlicher Gremien zum Umgang mit kirchenfeindlicher Betätigung. (fxn)