Erste Woche Weltsynode: Erwartungsmanagement in Rom
Es wird ernst: Am Mittwoch hat die zweite – und damit letzte – Sitzungsperiode der Weltsynode in Rom begonnen. Am Ende werden die rund 370 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dem Papst ihre Voten vorlegen und damit einen Prozess vorerst an ein Ende bringen, der 2021 seinen Anfang genommen hat. Bis Papst Franziskus über diese Voten entscheidet, wird zwar vermutlich noch einige Zeit vergehen. Die heiße Phase beginnt aber schon jetzt. Das hat sich auch an den Wortmeldungen der vergangenen Woche deutlich gezeigt.
Bei der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda in der vergangenen Woche hat der Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, betont, er selbst gehe mit Freude in diese Phase, aber auch mit einer "höheren inneren Anspannung, als im vergangenen Jahr". Er forderte dabei "konkrete Schritte", was die Rolle von Frauen in der Kirche angeht: "Dabei braucht die Einbeziehung von Frauen auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens einschließlich der Leitung und der Einbeziehung in Beratungs- und Entscheidungsprozesse auch eine deutliche Absicherung durch das Kirchenrecht." Mit solchen Forderungen ist er nicht allein: Helena Jeppesen-Spuhler formulierte in einem Gastbeitrag für katholisch.de, sie spüre "einen gewissen Druck von unseren Gläubigen, dass wir Ende Oktober Resultate mitbringen", so die Schweizerin, die als eine von 54 Frauen mit Stimmrecht an der Synode teilnimmt. "Ganz besonders hoch sind die Erwartungen in Bezug auf Frauen und Laien." Auch internationale Reformgruppen stimmten zum Start der Synoden-Sitzung in den Hoffnungschor ein.
Zeit für Frauendiakonat laut Franziskus noch nicht reif
Ob sich solche vollmundigen Reformerwartungen in den kommenden Wochen auch erfüllen werden, muss man allerdings spätestens seit Mittwoch deutlich in Zweifel ziehen. Bei der Vorstellung der Zwischenberichte der von Papst Franziskus berufenen Arbeitsgruppen zu einzelnen Themen am ersten Arbeitstag der Synode betonte der Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Kardinal Víctor Manuel Fernández, sein Dikasterium glaube derzeit nicht, dass es einen positiven Beschluss zum Diakonat der Frau geben werde. Papst Franziskus halte die Zeit für eine Entscheidung zum Frauendiakonat noch nicht für reif. Die Studien müssten aber weitergeführt werden.
Dass diese Aussage und das grundsätzliche Vorgehen unter den Synodalen nicht unbedingt auf Begeisterung gestoßen ist, berichtete Renovabis-Hauptgeschäftsführer Thomas Schwartz im katholisch.de-Blog aus der Synodenaula. Die Europa-Vorsitzende der Reformgruppe "Catholic Women's Council", Regina Franken, kündigte gar Protestaktionen in Rom an. Und nicht nur Europäer zeigten sich enttäuscht. Auch südafrikanische Frauen äußerten öffentlich ihre Frustration. So kritisierte die südafrikanische Theologin Annemarie Paulin-Campbell, Papst Franziskus scheine in der Frage bereits entschieden zu haben.
Glaubenspräfekt Fernández beließ es aber nicht beim Zwischenbericht aus seiner Arbeitsgruppe – deren Mitglieder anders als bei den anderen Gruppen öffentlich nicht kommuniziert wurden. Der Kardinal kündigte an, dass seine Behörde bereits an einem neuen lehramtlichen Dokument zur Rolle der Frau in der Kirche arbeite. Dabei soll es um folgende Fragen gehen: Die Eigenart der sakramentalen Macht, die Beziehung zwischen dieser Macht und den Ämtern in der Kirche, den Ursprung der kirchlichen Ämter, die kirchlichen Ämter und Funktionen ohne sakramentale Weihe und schließlich die Probleme, die sich aus einer irrigen Auffassung kirchlicher Autorität ergeben. Die Einführung eines sakramentalen Diakonats für Frauen ist hiermit wohl eher nicht zu erwarten.
Schon im Vorfeld der Synode gab es dabei gewichtige Stimmen, die vor zu großen Reformerwartungen gewarnt hatten. So mahnte der prominente Religionsphilosoph und Priester Tomáš Halík: "Es ist unrealistisch, bald nach den beiden Synodentagungen in Rom sichtbare, also hauptsächlich äußere institutionelle Veränderungen zu erwarten." Ähnlich um Ausgleich bemüht zeigte sich auch der Dominikaner Timothy Radcliffe. Wie schon im vergangenen Jahr leitete er die geistlichen Einkehrtage am Montag und Dienstag vor dem Start der Synode. Dabei betonte er, es gebe in er Synodalaula keine "schrecklichen Konservativen" oder "furchterregenden Feministinnen". Der Synodenprediger bat die Synodalen daher darum, die Veranstaltung nicht als eine Konfrontation zwischen Konservativen und Reformern zu sehen.
Der Umgang von Frauen spielte danach auch bei der Bußvigil am Dienstagabend eine Rolle: In einem historischen Akt baten hochrangige Kirchenvertreter unter Führung von Papst Franziskus Gott und die Menschheit um Vergebung für sieben Verfehlungen. Dabei trugen hochrangige Kardinäle die Vergebungsbitten vor. Im Zentrum standen die Verfehlungen der Kirche im Umgang mit Missbrauch: "Ich bitte um Vergebung und schäme mich für all die Zeiten, in denen wir den Zustand des geweihten Dienstes und des geweihten Lebens benutzt haben, um diese schreckliche Sünde zu begehen, indem wir uns sicher und geschützt fühlten, während wir teuflisch von den Kleinen und Armen profitierten", sagte etwa der US-amerikanische Kardinal Seán Patrick O'Malley, der die vatikanische Kinderschutzkommission leitet.
Vergebungsbitte für Missachten der Würde der Frau
Neben der Zerstörung des Planeten und der Ablehnung von Migranten entschuldigten sich die Kirchenmänner auch für die Diskriminierung der Frau. Sie schämten sich "für all die Zeiten, in denen wir die Würde der Frauen nicht anerkannt und verteidigt haben", hieß es in der Bitte. Einen Ansatz zu wahrer Reue erkannte die stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (kfd), Agnes Wuckelt, dabei allerdings nicht.
Ganz geschlossen ist die Tür zur Weihe von Frauen allerdings offenbar nicht. Bei einem Pressebriefing am Donnerstag bezog sich Jesuitenpater Giacomo Costa, Sondersekretär der Bischofssynode auf die Äußerungen von Fernández zum Frauendiakonat. "Die Angelegenheit muss weiter vertieft werden", betonte Costa. Dass einige Themen auf Anweisung des Papstes aus den Beratungen der Weltsynode herausgenommen und in Studiengruppen ausgelagert worden waren, sah der Jesuitenpater nicht als Beschränkung der Gedanken- und Redefreiheit der Synodalversammlung. Die Versammlung könne sich durchaus zu Themen äußern, die in den Studiengruppen behandelt würden. Das gelte auch für das Schlussdokument. Wie deutlich in diesem Papier der Ruf nach einem Diakonenamt für Frauen ausfallen wird, zeigt sich in den kommenden Wochen.