Die neue Weltsynoden-Kommunikation: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Endspurt bei der Weltsynode: Seit 2021 läuft das großangelegte Reformprojekt von Papst Franziskus. Sein Ziel: Alle sollen gehört werden, viele sollen teilnehmen. In unzähligen Variationen wiederholten Papst und Synodenplaner diese Einladung. Schon nach der diözesanen Etappe (2021-2022) zeigte sich allerdings, dass das ein frommer Wunsch der Planer rund um Kardinal Mario Grech war: Rückmeldungen aus den Ortskirchen kamen lediglich von einer einstelligen Prozentzahl der Katholiken. Und auch die erste Vollversammlung der Weltsynode im Herbst 2023 agierte eher im kirchlichen Maschinenraum, als dass sie den Kontakt zur Außenwelt fand.
Dafür mitverantwortlich war damals die weitgehende Einhaltung des päpstlichen Informations- und Interviewverbots. Zwar wurde bei Netzwerktreffen und Hintergrundgesprächen hinter verschlossenen Türen über Atmosphäre, Ablauf und inhaltliche Schwerpunkte der Synode gesprochen. Doch selbst dort vermieden es die meisten Synodalen, explizit über Wortbeiträge und Redner zu sprechen. Zitiert werden durfte aus diesen Hintergrundgesprächen ohnehin nicht. Und wenn einzelne Synodenmitglieder Interviews gaben, beschränkten sie sich fast immer auf Atmosphärisches.
Auch Veranstaltungen in den Mittagspausen der Synode und nach Feierabend umwehte im vergangenen Jahr oft ein Hauch von Geheimnis: Journalisten waren bei einigen Veranstaltungen, in denen auch Synodenmitglieder auftraten, sogar explizit ausgeladen, Gäste wurden mehrfach überprüft und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das vergangene Jahr sei recht angespannt gewesen, heißt es heute von Organisatoren solcher Treffen. Man habe die Sorge gehabt, Synodale blieben öffentlichen Veranstaltungen fern, um nicht in eine kirchenpolitische Ecke gestellt oder des Geheimnisbruchs bezichtigt zu werden. Daher erließen viele Lobbygruppen Fotoverbote und baten um Verschwiegenheit rund um ihre Podien und Informationsveranstaltungen.
Zeiten ändern sich
Doch die Zeiten ändern sich: Synodale seien in diesem Jahr wesentlich sorgenfreier, erzählen Beobachter und Veranstalter. Dazu haben vermutlich die vier theologischen Foren am Rande der Synode beigetragen, bei denen munter debattiert wurde. Ganz legal mit dabei: die theologischen Berater der Synode, viele Synodale, interessierte Zuhörer und – ganz erstaunlich – sogar Journalisten.
Ein weiterer möglicher Grund: Die Erfahrung gemeinsamer Anliegen im vergangenen Jahr. Sie motiviere viele, die in ihren Herkunftsländern wenig Verbündete für ihre Anliegen hätten, offener über Sorgen, Wünsche und Visionen für die Kirche zu sprechen, heißt es. Wer weiß, dass er oder sie nicht allein ist, traut sich auch in die Öffentlichkeit, so die Vertreterin einer katholischen Lobbyorganisation.
Und auch fernab der diesmal vielfältigen Hintergrundgespräche bemühen sich Synode und Synodale offensiv um Kommunikation nach außen. Selbst wenn das Durchstechen von Reden und Beiträgen aus der Synodenaula – von wenigen Ausnahmen abgesehen – ausblieb, erhöhte sich die Frequenz von Interviews, Blogbeiträgen und Videogesprächen im Vergleich zum Vorjahr deutlich. Selbst manch ein Bischof, der 2023 mit Verweis auf die synodale Verschwiegenheit Interviews strikt ablehnte, zeigt in diesem Jahr keine Medienscheu. Dabei werden selten wirkliche Synoden-Interna ausgeplaudert, doch es entsteht nach außen der Eindruck, die Synode habe etwas zu sagen.
Noch deutlicher wird die Transparenzbemühung des Synodenapparats mit Blick auf die Offenheit von Symposien und Netzwerkveranstaltungen. Ordenshäuser, in denen im vergangenen Jahr hinter verschlossenen Türen konferiert wurde, luden in diesem Jahr zu offenen Gesprächsrunden ein. Eine der prominentesten Veranstaltungen wurde vom US-amerikanischen Jesuiten und LGBTQ-Aktivisten James Martin mit queeren Katholiken organisiert. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr kursiert eine Vielzahl von Berichten und Fotos von solchen Veranstaltungen im Internet – verbreitet sowohl von Befürwortern der jeweiligen Anliegen als auch von deren Gegnern.
Anschein synodaler Nahbarkeit
Und selbst der oft informationsscheue Vatikan übte sich im Anschein synodaler Nahbarkeit. So durften beispielsweise Studierende in Begleitung ihrer Professoren in die ansonsten für Nicht-Synodale verschlossene Synodenaula. Dort trafen sie Synodale, die von ihren Erlebnissen berichteten und Fragen beantworteten. Vatikanvertreter kommunizierten ihre Synodenbegeisterung in Instagram-Videos und die vatikanische PR-Abteilung lancierte gelegentlich Bilder und Videos von Besuchern in der Synodenaula.
Hinzu kam die unerwartet offene Kommunikation über einen Konflikt, den der Glaubenspräfekt Victor Fernandez ausgelöst hatte. Als er einem mit Spannung erwarteten Treffen zur Frauenfrage fernblieb, hagelte es Kritik auf vielen Kanälen. Der zweitwichtigste Vatikanvertreter bei der Synode musste sich öffentlich entschuldigen und erklären. Und so wurde ein Versuch der Transparenzverweigerung zu einem Transparenzbeschleuniger.
Und doch drängt sich das Gefühl auf, dass manche dieser Bemühungen Teil eines grundlegenden Weltsynoden-Problems sind: Der in den vergangenen Wochen demonstrierte Kommunikationswille entspringt der Not zu erklären, was in insgesamt rund acht Wochen römischer Sitzungszeit wirklich erreicht wurde. Schon am Ende der ersten Periode im Oktober 2023 trieb viele Synodenväter und -mütter die Sorge um, am Ende mit leeren Händen nach Hause zu fahren. Konkrete Ergebnisse brauche es, forderten Bischöfe und Laien. Es wäre in der Heimat nicht vermittelbar, bliebe die Synode ohne handfeste Änderungsvorschläge.