"Theologisch peinlich", dass Zeit für Frauendiakonat noch nicht reif sei

Zulehner zu Weltsynode: Es braucht innerkirchliche Ökumene

Veröffentlicht am 30.10.2024 um 18:47 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Das Abschlusspapier der Weltsynode ist für den Pastoraltheologen Paul Zulehner "ein nicht gerade aufregendes Dokument in unseren Breiten". Aus seiner Sicht gibt es in der Kirche aber dennoch gerade eine "Zeitenwende".

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Aus Sicht des emeritierten Wiener Pastoraltheologen Paul Zulehner wird die im Abschlussdokument der Weltsynode geforderte Dezentralisierung Bewegung in die Weltkirche bringen. "Die große Frage der Weltkirche ist dann, wie man die verschiedenen Strömungen zusammenhält", sagte Zulehner in einem Interview mit der Kooperationsredaktion der Österreichischen Kirchenzeitungen (Dienstag). "Da braucht es eine innerkirchliche Ökumene." Interessant werde auch, "wie sich ein Papst zur innerkirchlichen Vielfalt verhält".

Trotz Dezentralisierung werde es in Kernfragen des Evangeliums aber keine regionalen Entscheidungsmöglichkeiten geben. "Es ist undenkbar, dass eine europäische Bischofskonferenz sagt, wir wollen in Zukunft keine Trinitätslehre mehr haben", sagte Zulehner. Es könne aber dazu kommen, dass etwa die Kirche in Afrika in der Frage der Polygamie einen neuen Weg finde, der nur für Afrika gelte. Solche regionalen Entwicklungen könnten dann von Papst Franziskus für die Weltkirche aufgegriffen werden. "Die Entwicklung läuft dann nicht mehr von Rom in die Peripherie, sondern von der Peripherie auch in Richtung Rom."

Synodale seien "Opfer ihrer Zaghaftigkeit"

Viele Dinge, die im Abschlussdokument gefordert würden, seien in vielen Teilen Europas längst selbstverständlich, so Zulehner. "So gesehen ist es ein nicht gerade aufregendes Dokument in unseren Breiten." Als ein Beispiel dafür benannte der Pastoraltheologe den Abschnitt 60 im Abschlussdokument, in dem die Rolle von Frauen ausgeführt wird. Dies sei hierzulande nicht neu, in vielen Kirchenregionen würden den Frauen aber Hindernisse in den Weg gelegt, wenn sie sich an Führungspositionen beteiligen wollten. "Und wo Macht mit Ordination verbunden ist, schreckt die Synode vor Frauen zurück, da hat sie der Mut verlassen", sagte Zulehner. "Wir sind in der Frage der Ordination von Frauen längst viel weiter, als dieses Dokument erkennbar macht." Die Synodalen seien "Opfer ihrer Zaghaftigkeit" geworden. Dass die Zeit für ein Frauendiakonat noch nicht reif sei, sei "theologisch peinlich", so der emeritierte Theologieprofessor. "Das Frauenkapitel wiederholt Selbstverständlichkeiten und verkauft sie als Erfolg."

Aus seiner Sicht gebe es in der Kirche derzeit eine "Zeitenwende": "Die Kirche, die auf der Taufe basiert, ist im Kommen, und die Kirche, die auf der Ordination basiert – die Priesterkirche oder moderne Hauptamtlichenkirche – zieht sich zurück." Die Synode habe der Kirche, die auf der Taufe basiert mehr Gewicht gegeben. In ihr gebe es zwar Ämter, aber eine völlig andere synodale Kultur. (cbr)