An diesem Samstag werden es 163 sein, die er kreiert hat

Schwerpunkte und Besonderheiten: Franziskus' Kardinalsernennungen

Veröffentlicht am 07.12.2024 um 00:01 Uhr – Von Matthias Altmann – Lesedauer: 

Bonn/Vatikanstadt ‐ An diesem Samstag werden 21 neue Geistliche in das Kardinalskollegium aufgenommen. Dann werden es 163 sein, die Papst Franziskus bisher in seiner Amtszeit kreiert hat. Welche Besonderheiten lassen sich bei ihnen feststellen? Einige Schlaglichter auf die Franziskus-Kardinäle.

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Knapp zwölf Jahre ist Papst Franziskus nun im Amt. In einer solchen Zeitspanne kommt vieles zusammen – auch, was Personalentscheidungen betrifft. Das gilt selbstverständlich genauso für das Kardinalskollegium, seinen "Senat". Mit dem Konsistorium an diesem Samstag, bei dem 21 neue dazukommen, werden es 163 Kardinäle sein, die Franziskus bislang ernannt hat. Insgesamt wird es dann 253 lebende Purpurträger geben; 140 davon sind jünger als 80 Jahre und wären bei einem möglichen Konklave wahlberechtigt – eine Zahl, die sich der Natur der Sache nach allerdings regelmäßig ändert. Von diesen 140 stammen noch 30 aus den Pontifikaten von Johannes Paul II. und Benedikt XVI.

Wie jeder Papst vor ihm setzt Franziskus bei der Ernennung von Kardinälen eigene Akzente und reagiert auf weltkirchliche Verschiebungen. Dabei hat er auch Länder im Blick, in denen Katholiken nur eine verschwindend kleine Minderheit sind. Mit einigen Purpurträgern hat er für Überraschungen gesorgt, mit manchen ein politisches Zeichen gesetzt. Die Ernennung des einen oder anderen könnte man sogar als ein kirchenpolitisches Zeichen deuten.

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Die Länder

Papst Franziskus hat zusammengerechnet Kardinäle aus 79 verschiedenen Ländern ernannt. Schlüsselt man die Zahlen nach den einzelnen Staaten auf, ergibt sich an der Spitze ein Bild, das wenig überrascht: Mit großem Vorsprung bei den Franziskus-Kardinälen liegt Italien auf Platz 1 (31), gefolgt von Spanien (10). Beides sind nach wie vor katholische Kernländer mit einer sehr kleinteiligen Diözesenstruktur. Viele Bischofssitze in diesen Ländern sind traditionell mit dem Kardinalat verbunden, auch wenn sich Franziskus nicht immer daran hält (siehe unten). Den dritten Platz teilen sich Argentinien und die USA mit jeweils 6.

Aus Deutschland sind es zwei, die Papst Franziskus ernannt hat: 2014 Gerhard Ludwig Müller, damaliger Präfekt der damals noch so genannten Glaubenskongregation, und 2015 Karl-Josef Rauber. Für den langegedienten Vatikandiplomaten, der 2023 starb, war das vor allem eine Ehrenauszeichnung; er war damals bereits über 80 Jahre alt. Interessanterweise sind es auch "nur" zwei polnische Geistliche, die von Papst Franziskus den purpurroten Pileolus aufgesetzt bekamen: Konrad Krajewski und Grzegorz Ryś. Beide stehen für manche Besonderheiten bei den Franziskus-Ernennungen.

Einige Länder haben unter Franziskus zum ersten Mal einen Kardinal bekommen. Unter ihnen sind Paraguay, Serbien, Luxemburg, Schweden, Osttimor, Papua-Neuguinea sowie die Mongolei.

Bild: ©picture alliance / ipa-agency | VATICAN MEDIA (Archivbild)

Der Erzbischof von Port Moresby, John Ribat, ist der erste Kardinal Papua-Neuguineas.

Die Kontinente

Schaut man auf die Kontinente, von denen die Franziskus-Kardinäle kommen, liegt auch hier Europa in absoluten Zahlen mit 66 an der Spitze. Aus Lateinamerika sind es 36, aus Asien 27, aus Afrika 21, aus Nordamerika 9 sowie aus Ozeanien 4. Der "Block" aus den besonders stark wachsenden Ortskirchen in Lateinamerika, Asien und Afrika "schlägt" also den europäisch-nordamerikanischen.

Präfekten der Dikasterien

Automatische Anwärter auf einen Kardinalshut sind immer die Leiter der vatikanischen Dikasterien, vor der Kurienreform 2022 Kongregationen. Die allermeisten, die in Franziskus‘ Amtszeit eine Behörde übernommen haben, wurden wenig später zu Kardinälen ernannt oder waren es schon vorher. Beispiele für Erstere sind Gerhard Ludwig Müller, Luis Ladaria und Víctor Manuel Fernández für die Glaubensbehörde oder Robert Prevost für die Bischofsbehörde; ein Beispiel für Zweitere ist Kardinal Michael Czerny, der schon Kardinal war, als er Leiter des Dikasteriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen.

Aus der Reihe fällt hier Filippo Iannone, Leiter des Dikasteriums für die Gesetzestexte. Er kam zwar durch Papst Franziskus in dieses Amt, Kardinal ist er bislang jedoch nicht. Seine Vorgänger waren alle Purpurträger. Ein weiterer Nicht-Kardinal unter den Dikasterien-Chefs ist Paolo Ruffini, der für die Kommunikationsbehörde verantwortlich ist. Das liegt jedoch schlicht an der Tatsache, dass er kein Kleriker ist.

Bild: ©KNA/Paolo Galosi/Romano Siciliani (Archivbild)

Die Ernennung des Migrations-Experten Michael Czerny 2019 kam überraschend, da er damals lediglich den Posten eines Untersekretärs im Entwicklungs-Dikasteriums bekleidete.

Franziskus' Schwerpunkte

An einigen Ernennungen lassen sich pastorale Schwerpunkte in Franziskus‘ Pontifikat erkennen. So ernannte er den bereits erwähnten Czerny schon zum Kardinal, als dieser noch Untersekretär in der Entwicklungsbehörde war. Czerny war dabei besonders für den Bereich Migranten und Flüchtlinge zuständig. Fabio Baggio, der zunächst gemeinsam mit Czerny Untersekretär war, ehe der Kanadier die Leitung der Behörde übernahm, wird nun ebenfalls Kardinal – bleibt aber auf seinem Posten.

Zu diesen Personalien passt auch Konrad Krajewski. Der frühere Päpstliche Almosenmeister, wegen seiner unkonventionellen Aktionen "Robin Hood des Vatikan" genannt, war der erste, der in dieser Position Kardinal wurde. Im Zuge der Kurienreform wandelte Franziskus die Päpstliche Almosenverwaltung in ein Dikasterium um; Krajewski wurde dessen Präfekt.

Gerade beim Konsistorium an diesem Samstag spielt die vor kurzem zu Ende gegangene Weltsynode eine Rolle. So befördert der Papst Erzbischof Ladislav Német, Vizepräsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), zum Kardinal. Er gilt als maßgeblicher Unterstützer des synodalen Prozesses der Kirche. Eines der bekanntesten Gesichter in der baldigen Kardinalsriege hatte zuletzt auch eine wichtige Rolle bei der Synode: der englische Theologe und Dominikaner Timothy Radcliffe war als geistlicher Begleiter einer der wichtigsten Impulsgeber und eine Art Vordenker des Prozesses.

Keine "Erbhöfe" mehr?

Beobachter sprechen oft davon, dass sich Papst Franziskus von der Tradition, gewisse Bischofssitze quasi automatisch mit dem Kardinalstitel aufzuwerten, loslöst. Für Europa gilt das tatsächlich: Waren die Erzbischöfe von Berlin, Paris oder auch Mailand immer Kardinäle, sind es die aktuellen Amtsinhaber nach wie vor nicht, obwohl sie zum Teil schon mehrere Jahre im Amt sind. Der aktuelle Erzbischof von Paris, Laurent Ulrich, ist das zwar erst seit 2022; sein Vorgänger Michel Aupetit, vier Jahre Erzbischof, wurde jedoch auch nicht Kardinal. Der letzte Berliner Kardinal war Rainer Maria Woelki. Seit dessen Versetzung nach Köln – das damit Kardinalssitz bleibt – im Jahr 2015 steht Heiner Koch dem Hauptstadtbistum als Erzbischof ohne Kardinalswürde vor.  Der Erzbischof von Turin, Roberto Repole, wird bei diesem Konsistorium Kardinal, nachdem seinem Vorgänger diese Ehre durch Franziskus nicht zuteilgeworden war. Vor diesem, Cesare Nosiglia, waren alle Turiner Erzbischöfe des 20. und 21. Jahrhunderts auch Kardiäle.

Außereuropäisch scheint das anders zu sein: So werden beispielsweise künftig die Hauptstadt-Bischofssitze wie Lima in Peru, Santiago de Chile, Tokio oder Abidjan von Kardinälen geleitet. Auch deren Vorgänger waren zumeist Kardinäle.

Kardinal Robert Walter McElroy, Bischof von San Diego, predigt in seiner Titularkirche San Frumenzio ai Prati Fiscali in Rom
Bild: ©KNA/Paolo Galosi/Romano Siciliani (Archivbild)

Kardinal Robert McElroy gilt in der US-Bischofskonferenz als Franziskus-Mann.

Kontrapunkte in Bischofskonferenzen?

Manche Kardinalsernennungen wirken so, als möchte Papst Franziskus damit ein Zeichen in die jeweiligen Bischofskonferenzen hineinsetzen. An zwei Beispielen wird das deutlich: Robert McElroy, Bischof von San Diego, und Grzegorz Ryś, Erzbischof von Łódź. Beide gelten in mehrheitlich konservativen bis Franziskus-kritischen Bischofskonferenzen als moderate bis liberale Stimmen und machen sich für Themen stark, die auch Papst Franziskus am Herzen liegen. Bei McElroy ist es die Seelsorge für LGBTQ-Katholiken, bei Ryś die Sorge um Migranten. In den Vereinigten Staaten hat Papst Franziskus ein weiteres Zeichen gesetzt und den dortigen Nuntius, den Franzosen Christophe Pierre, zum Kardinal ernannt und seine Position damit zumindest äußerlich gestärkt.

Politische Zeichen

Mit Pierbattista Pizzaballa wurde unter Papst Franziskus erstmals ein Lateinischer Patriarch von Jerusalem Kardinal. Pizzaballa selbst nannte das eine Stärkung der Nahostregion und besonders Jerusalems. "Wir wissen, dass Papst Franziskus sehr nah an den Peripherien und an Konfliktherden ist: Wir sind beides." In diese Reihe Passen auch die Ernennungen des Erzbischofs von Algier und Rabat in den Maghreb-Staaten Algerien und Marokko, wo Katholiken eine verschwindend geringe Minderheit sind und nicht selten ihren Glauben verstecken müssen, sowie die Ernennung des Apostolischen Nuntius in Syrien, Mario Zenari.

Fazit?

Die Mehrzahl der aktuell wahlberechtigen Kardinäle sind also Franziskus-Kardinäle. Doch auch wenn er mittlerweile die meisten aus diesem Kollegium berufen hat, bedeutet das nicht, dass er damit auch einen Nachfolger nach seinem Vorbild oder in seinem Sinne gesichert hat. Denn der Gang an Peripherie führt auch dazu, dass es viele Unwägbarkeiten in der genannten Riege gibt.

Von Matthias Altmann