Polnischer Pontifex verfolgte theologisch und politisch konservative Politik

USA-Experte: Personalpolitik Johannes Pauls II. wirkt bis heute nach

Veröffentlicht am 30.12.2024 um 12:10 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Systematisch habe Johannes Paul II. Bischöfe in den USA ernannt, die seinen strikten sexualethischen Kurs teilten, meint der Dogmatiker Benjamin Dahlke. Somit wurde das Thema des Lebensschutzes zum Identitätskern des Katholizismus in den USA.

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Nach Ansicht des Eichstätter Dogmatikers und USA-Experten Benjamin Dahlke wirkt die theologisch und politisch konservativ ausgerichtete Personalpolitik Johannes Pauls II. in den USA bis heute nach. Dieser habe in den US-Diözesen systematisch Bischöfe eingesetzt, die "seinen strikten bio- und sexualethischen Kurs teilten und folglich die Ablehnung von Abtreibung zu einem Identitätskern des Katholizismus" machten, schreibt Dahlke in einem Beitrag für die Januar-Ausgabe der "Stimmen der Zeit". Papst Franziskus habe mit seinen Bischofsernennungen daran "nur bedingt etwas geändert", heißt es weiter. Ihm gehe es eher um die pastorale Haltung, ohne eine bestimmte inhaltliche Ausrichtung zu forcieren.

In diesem Zusammenhang habe die US-Bischofskonferenz im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2020 und 2024 dreizehn Themen aufgegriffen, darunter an erster Stelle die Abtreibung. Wie ernst es den Bischöfen damit ist, zeigten laut Dahlke vier Bischöfe, die 2022 die damalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in ihren Diözesen nicht zur Kommunion zuließen und damit faktisch exkommunizierten. Dies zeige, so der Experte, dass die so genannten Culture Wars, die Kulturkämpfe, noch lange nicht vorbei seien und die USA nach wie vor maßgeblich beeinflussten.

Politik religiös aufgeladen

Mehr als die Hälfte der katholischen Wähler wählten wegen der Abtreibungsfrage die Republikaner, so Dahlke weiter. Während die Demokraten für das Recht der Frau einträten, im Falle einer Schwangerschaft selbst über deren Fortsetzung zu entscheiden, beriefen sich die Republikaner auf das Recht des ungeborenen Lebens, das sich sowohl mit der katholischen Lehre als auch mit dem kirchenpolitischen Kurs des Vatikans seit Johannes Paul II. deckte. Um die Ideen des damaligen polnischen Pontifex zu verbreiten, wurde 1988 in Washington ein Institut für Ehe und Familie gegründet, das der römischen Lateran-Universität angegliedert ist. "Als Johannes Paul II. 1993 zum Weltjugendtag nach Denver im Bundesstaat Colorado kam, stellte er selbst schroff eine Kultur des Todes der dem Evangelium entsprechenden Kultur des Lebens gegenüber", heißt es weiter.

Nancy Pelosi
Bild: ©picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alessandra Tarantino

Wie ernst es den Bischöfen damit ist, zeigten laut Dahlke vier Bischöfe, die 2022 die damalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in ihren Diözesen nicht zur Kommunion zuließen und damit faktisch exkommunizierten.

Dabei habe sich in den Kulturkämpfen eine wechselseitige Dynamik entwickelt: "Während sich die Religion politisierte, wurde zugleich die Politik religiös aufgeladen", so Dahlke. Konkret zeige sich dies am Konzept des christlichen Nationalismus, mit dem Politik betrieben wurde. "Anstatt lediglich innen- und außenpolitische Herausforderungen im Sinne der amerikanischen Bevölkerung zu bewältigen, soll eine größere Vision für das Land beachtet werden: Einst auf der Basis christlicher Werte und Überzeugungen gegründet, sei der Bezug zum biblischen Gott ein zentraler Bestandteil der nationalen Identität – außerdem Basis des Erfolgs der Vereinigten Staaten", schreibt Dahlke.

Um die Erfolgsgeschichte der USA, den hohen Wohlstand und die globale Vormachtstellung fortzuschreiben, müssten christliche Werte und Überzeugungen auch heute zur Geltung kommen. "Zwar hat Donald Trump das Konzept des 'Christian Nationalism' nicht erfunden, doch machte er es sich gezielt zunutze, um Wähler zu binden und zu mobilisieren", so der Theologe. (mtr)