Bischofswahl-Gremium: Es geht nicht darum, einen Namen durchzusetzen

Bei der Auswahl eines neuen Bischofs von Münster sollen auch Laiinnen und Laien mitwirken. 16 Mitglieder umfasst das Münsteraner Domkapitel, das für die Wahl des künftigen Bischofs zuständig ist. 16 Laiinnen und Laien sollen mit den Domkapitularen ein Profil eines neuen Bischofs und auch mögliche Namen erarbeiten, die dann an den Vatikan weitergeben werden. So soll ein Beschluss des Synodalen Wegs umgesetzt werden. Teil des Gremiums sind auch Brigitte Lehmann, Vorsitzende des Diözesankomitees, und Frank Möllmann, Moderator des Diözesanrates. Im katholisch.de-Interview sprechen sie über das Prozedere und Ihre Möglichkeiten, bei der Auswahl mitzuwirken.
Frage: Frau Lehmann, Herr Möllmann, am Sonntag hat Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch von Bischof Felix Genn angenommen. Jetzt steht die Wahl eines neuen Bischofs von Münster an. Wie geht es für Sie jetzt los?
Lehmann: Es ist schon längst losgegangen: Vor rund einem Jahr ist der Dompropst auf uns als Diözesanrat zugekommen. Die 16 Domkapitulare wollten, dass wir 16 Laiinen und Laien benennen um uns dann gemeinsam vor der Wahl eines neuen Bischofs zu beraten. Das wurde alles schon so früh organisiert, damit wir uns jetzt direkt an die Arbeit machen können.
Möllmann: Es gab dann einen längeren Gesprächsprozess, wie denn die 16 Nichtkleriker zusammengesetzt werden sollten. Am Ende hat man sich dazu entschieden, dass der Diözesanrat sie bestimmen soll. Und ich finde es sehr erfreulich, dass darunter auch zehn Frauen sind.
Frage: Worin liegt denn Ihre Aufgabe?
Lehmann: Der Schwerpunkt unserer ersten Sitzung wird darin liegen, die Anforderungen zusammenzutragen, die wir an einen neuen Bischof stellen. In der Wirtschaft würde man das in einer Stellenausschreibung machen. Die Namen, über die wir in einem zweiten Schritt sprechen, können wir dann mit diesem Anforderungsprofil abgleichen und danach schauen, ob der Kandidat in das Schema passt oder nicht.
Die Bischofswahl im Bistum Münster
Die Bischofsernennung im Bistum Münster ist im Preußischen Konkordat (1929) geregelt. Dieser völkerrechtliche Vertrag sichert dem Domkapitel ein Wahlrecht zu. Bei der Sedisvakanz – die jetzt beispielsweise durch den Rücktritt von Bischof Felix Genn eingetreten ist – legt das Domkapitel dem Heiligen Stuhl eine Liste mit geeigneten Kandidaten vor. Auch die Diözesanerzbischöfe und -bischöfe in den übrigen Bistümern, für die das Preußische Konkordat gilt, können dem Heiligen Stuhl eine solche Liste schicken.
"Unter Würdigung der Listen" – also ohne daran gebunden zu sein – erstellt der Papst dann eine Dreierliste, die "Terna". Aus ihr wählt das Domkapitel den künftigen Bischof aus. Bevor der neue Bischof offiziell vom Vatikan ernannt wird, fragt der Dompropst bei der Landesregierung an, ob "Bedenken politischer Art" gegen den Gewählten vorliegen. Erhebt die Landesregierung keinen Widerspruch, teilt das Domkapitel dem Heiligen Stuhl über den Nuntius den Namen des Gewählten mit. Erst danach kann die Ernennung des neuen Bischofs durch den Papst erfolgen.
Frage: Haben Sie für sich persönlich schon Eigenschaften gefunden, die ein neuer Bischof von Münster unbedingt mitbringen sollte?
Lehmann: Wir haben uns im Diözesankomitee schon im Vorfeld Gedanken gemacht und Punkte erarbeitet, die wir an alle 32 Mitglieder dieses Gremiums zur Bischofswahl weitergegeben haben. Mir persönlich ist es sehr wichtig, dass es synodal in unserem Bistum weitergeht und dass der neue Bischof Laiinnen und Laien ernst nimmt, wertschätzt und dass gemeinsam Entscheidungen gefällt werden. Dazu muss er ein Teamplayer sein.
Möllmann: Gerade in der heutigen Zeit, wo die Kirche aber auch die Welt insgesamt vor vielen komplizierten Krisen stehen, ist es wichtig, dass man einen Bischof hat, der gut kommunizieren kann. Außerdem sollte er nah bei den Menschen sein, und nicht mit einer vorgefertigten Meinung kommen oder so tun, als wisse er allein wie alles zu lösen sei.
Frage: Haben Sie denn schon Namen im Kopf von Kandidaten, die Sie sich gut als neuen Bischof vorstellen könnten?
Lehmann: Es ist schon ein Problem, dass ich zwar die Namen von vielen Bischöfen und Weihbischöfen kenne, und doch kenne ich sie nicht wirklich. Einige habe ich auf den Vollversammlungen des Synodalen Wegs kennengelernt. Und die, die ich kenne, kann ich relativ gut einschätzen. Da kann ich eher sagen, wen ich nicht haben möchte (lacht).
Möllmann: Mir geht es ganz ähnlich. Ich habe durchaus einzelne Personen im Kopf, bei denen ich mir das gut vorstellen könnte. Aber eigentlich bin ich noch an dem Punkt, an dem ich mich davon lösen möchte, schon Favoriten zu haben. Ich will im ersten Schritt versuchen, ganz ohne Vorurteile und vorgefasste Meinung heranzugehen, um zu schauen, ob so vielleicht auch ein anderer Personenkreis in den Blick kommt.
Frage: Haben Sie sich im Vorfeld auch schon mit anderen Menschen unterhalten, die nicht Teil des Gremiums sind – und so vielleicht auch mitbekommen, wen sich andere wünschen?
Möllmann: Seit klar ist, dass ich zum Gremium gehöre, haben mich sehr viele Menschen darauf angesprochen und haben Kommentare und teilweise auch Personenvorschläge gemacht. Wobei der größte Teil vermutlich nicht ganz ernst gemeint war. Viele Menschen haben einfach Freude daran, mit dem Thema zu jonglieren. Ich habe immer alle eingeladen, mir gerne Hinweise zu geben und ich bin natürlich offen für jeden Input.

16 Frauen und Männer sind gemeinsam mit dem Domkapitel an der Bestellung des nächsten Bischofs von Münster beteiligt. Mit dabei sind auch Brigitte Lehmann (erste Reihe rechts) und Frank Möllmann (dritte Reihe links).
Frage: Tatsächlich an der Wahl des neuen Bischofs dürfen Sie nicht teilnehmen. Das Kirchenrecht sieht vor, dass das Domkapitel das in geheimer Wahl selbst macht. Wie sehr schmerzt es, dass Sie nicht direkt über den neuen Bischof mitbestimmen dürfen?
Lehmann: Ich finde es schon einen sehr großen Schritt, dass das Domkapitel uns eingeladen hat, mitzuberaten. Da mir im Vorhinein bewusst war, dass wir nicht mitwählen dürfen, kann ich damit sehr gut leben. Das ist Tatsache und ich werde den Kopf deswegen nicht in den Sand stecken, sondern ich werde nach wie vor sagen: Liebes Domkapitel, danke, dass ihr uns ernstgenommen habt.
Möllmann: Ich kann auch deswegen sehr gut damit leben, weil es am Ende gar nicht darum geht, einen bestimmten Kandidaten durchsetzen zu wollen. Das Domkapitel wählt am Ende ja aus einer Dreierliste, die aus Rom kommt. Deshalb können wir dem Domkapitel aber in den Beratungen zuvor bereits so viele Vorstellungen von uns mitgeben, dass die Domkapitulare aus der finalen Liste dann schon den richtigen auswählen werden. In den bisherigen Gesprächen mit den Mitgliedern des Domkapitels nehme ich es durchaus so wahr, dass die Beratung nicht nur Fassade ist, sondern sie wirklich an unserem Input interessiert sind.
Frage: Wie würden Sie damit umgehen, wenn plötzlich jemand als neuer Bischof ausgerufen wird, über den Sie im Vorfeld gar nicht gesprochen haben? Möglich wäre das ja.
Möllmann: Damit muss ich durchaus rechnen. Es kommt mir gar nicht so sehr darauf an, dass das eine Person ist, über die wir gesprochen haben, sondern darauf, dass die Person die Anforderungen erfüllt, die wir vorher formuliert haben. Wenn das gelingt, wäre viel gewonnen.
Lehmann: Schlimm wäre für mich nur, wenn nur Kandidaten auf der Dreierliste stehen, die sich der Synodalität komplett verweigern und das Domkapitel einen davon auswählen muss. Dann würde ich mich schon fragen, ob Rom damit provozieren möchte. Ich glaube aber, dass die Zeit vorbei ist, in der Rom so mit uns spielen konnte. Inzwischen dürfte auch dort klar sein, dass sie damit auch diejenigen verlieren könnten, die jetzt noch zur Kirche stehen.
Frage: Die letzten Bischofsernennungen in Deutschland haben oft ein Jahr oder länger gedauert. Wie hoffnungsvoll sind Sie denn, schon bald einen neuen Bischof von Münster zu haben?
Möllmann: Ich glaube, dass das schon eine Weile dauern wird. Das Bistum Münster ist gemessen an der Katholikenzahl das zweitgrößte Bistum Deutschlands. Unser Bistum hat historisch gesehen eine gewisse Bedeutung – auch in Rom. Man wird da also keinen Schnellschuss machen, sondern sich Zeit lassen. Auch der Gesundheitszustand von Papst Franziskus könnte den Prozess noch zusätzlich verlangsamen. Ich glaube daher nicht, dass wir vor Mitte nächsten Jahres einen neuen Bischof haben werden – lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.
Lehmann: Aus meiner Sicht haben wir mit dem Diözesanadministrator erstmal eine gute Wahl und das Bistum wird weiterhin geführt. Der Diözesanrat ist zwar ausgesetzt für die Zeit der Sedisvakanz, aber selbst da haben wir uns darauf verständigt, dass wir uns auch dazwischen informell treffen. Wir sind beide auch Mitglied im Kirchensteuerrat, der tagt auch ganz normal weiter.