Eine unpolitische Kirche? Franziskus' Vermächtnis ist ein anderes
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Eigentlich wollte ich mit dem heutigen "Standpunkt" auf die jüngsten Äußerungen von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner eingehen. Am Osterwochenende hatte sie in einem Interview erneut die Auffassung vertreten, Kirche sollte sich aus der Tagespolitik heraushalten und stattdessen "die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod" im Blick haben.
Jetzt aber ist Papst Franziskus gestorben. Statt mich, wie ursprünglich geplant, mit einzelnen Argumenten an dem Narrativ abzuarbeiten, nach dem sich die Kirchen lieber dem Seelenheil widmen und aus der Politik heraushalten sollten, mag ich hier nur auf das Leben des verstorbenen Papstes verweisen. Sein Pontifikat wirkt wie eine Antwort auf all jene, die die These vertreten, der christliche Glaube sei eigentlich unpolitisch und werde erst im Nachhinein politisiert. Die Botschaft des Papstes Franziskus war vom ersten bis zum letzten Tag seiner Amtszeit eine andere.
Angefangen mit dem Moment während seiner Wahl zum Papst, als ihn der brasilianische Kardinal Claudio Hummes umarmte und dabei ins Ohr flüsterte: "Vergiss die Armen nicht!" Dieser Satz sei ihm ins Mark gefahren, schreibt der Papst in seiner Autobiografie. In diesem Moment sei ihm der Name "Franziskus" in den Sinn gekommen. Ein hochpolitisches Statement gleich am ersten Tag. Seine Parteiname für die Armen blieb dabei nie allgemein. Worte und vor allem auch Gesten des Papstes waren immer tagespolitisch relevant und oft genug auch unbequem für Regierende. Die "grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod" hatten für ihn ein konkretes Gesicht und verlangten konkrete Antworten. Dazu zählte seine erste Reise, die ihn nach Lampedusa führte, genauso wie die Enzyklika "Laudato Si'", die sich sehr detailliert zu Ursachen und Folgen der Ausbeutung der Schöpfung äußert.
Und noch am letzten Tag seines Lebens formulierte er eine durch und durch politische Osterbotschaft. Kein allgemeiner Appell zum Frieden, sondern eine lange Liste aktueller Konflikte und am Ende die sehr konkrete Forderung, zu Ostern Kriegsgefangene und politische Gefangene freizulassen. All dies tat Franziskus, nicht weil er so gerne Politik machte, sondern weil es für ihn der Auftrag des Evangeliums war. Das bleibt sein Vermächtnis.
Der Autor
Burkhard Hose ist Hochschulpfarrer in Würzburg.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.