Göttlich komisch: Wenn der Papst lacht – und alle mit ihm
Schon Papst Franziskus verstand es, mit Humor Brücken zu bauen – sein Nachfolger steht ihm darin in nichts nach. Bereits einige Male sorgte das neue Oberhaupt der katholischen Kirche für Lacher – und die wurden nicht selten mit kräftigem Beifall quittiert. Beim ersten Treffen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Römischen Kurie etwa bemerkte Papst Leo XIV. (sc)herzhaft trocken: "Die Päpste kommen und gehen, aber die Kurie bleibt." Lachen im Saal – Mission erfüllt.
Auch bei seiner ersten Audienz mit Medienvertretern traf er den richtigen Ton. "Buongiorno! Good morning!", begrüßte er die Journalistinnen und Journalisten freundlich – um dann scherzhaft nachzuschieben: "Man sagt, wenn die Leute am Anfang applaudieren, bedeutet das nicht viel. Entscheidend ist, ob sie am Ende noch wach sind." Wieder wurde in der voll besetzten vatikanischen Audienzhalle gelacht – und alle waren hellwach.
Seinen Humor bringt Papst Leo aber nicht nur in den vatikanischen Alltag ein. Als er die Fußballmannschaft SSC Neapel empfing, die gerade die Meisterschaft gewonnen hatte, konnte er sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: "Es scheint, dass sie nicht applaudieren wollten – denn die Presse sagt, ich sei ein Roma-Fan. Das sagt die Presse – aber nicht alles, was Sie in der Presse lesen, ist wahr." Ein Satz wie ein Pass in die Tiefe – selbst für Fußballmuffel verständlich.

Bei seiner ersten Audienz mit Medienvertretern scherzte der Pontifex mit den Journalistinnen und Journalisten.
Dass ihm Humor mehr ist als nur ein Werkzeug für gute Stimmung, zeigt sich auch online auf den offiziellen Pontifex-Kanälen. Auf der Plattform X schrieb Leo: "Jeder kann Einheit schaffen, indem die unvermeidlichen Missverständnisse mit Geduld und Demut – und auch mit einem guten Maß an Humor – überwunden werden, die Papst Franziskus uns gelehrt hat." Humor, so viel ist klar, ist für Leo ein Brückenbauer, ja fast eine Haltung.
"Sinn für Humor ist ein Gottesgeschenk"
Darin folgt Leo seinem Vorgänger. Franziskus hat in seinem Pontifikat immer wieder gezeigt, dass er Humor nicht nur beherrscht, sondern ihn auch bewusst einsetzt. Gleich zu Beginn, im März 2013, kurz nach seiner Wahl, begrüßte er die versammelten Menschen auf dem Petersplatz und vor den Bildschirmen: "Guten Abend! Ihr wisst, es war die Aufgabe des Konklaves, Rom einen Bischof zu geben. Es scheint, meine Mitbrüder, die Kardinäle, sind fast bis ans Ende der Welt gegangen, um ihn zu holen." Ein Einstieg mit Understatement – und mit Wirkung.
Für Franziskus war Humor nicht bloß Charme oder Rhetorik, sondern Ausdruck des Glaubens. Der am Ostermontag verstorbene Papst sprach oft vom Lachen als göttlicher Gabe. Um das zu unterstreichen, lud er im Juni 2023 rund 100 Komikerinnen und Komiker aus aller Welt in den Vatikan ein. Die Liste las sich wie ein Who's who der internationalen Stand-up-Szene: Chris Rock, Stephen Colbert, Whoopi Goldberg, Conan O'Brien – aber auch deutschsprachige Größen wie Annette Frier, Michael Mittermeier, Till Reiners, Torsten Sträter und Hazel Brugger kamen nach Rom.
"Inmitten so vieler düsterer Nachrichten, inmitten so vieler sozialer und sogar persönlicher Notlagen, haben Sie die Kraft, Heiterkeit und ein Lächeln zu verbreiten", gab Franziskus den Künstlern damals mit auf den Weg. Humor, so erklärte er, solle nicht verletzen, nicht erniedrigen, niemanden auf seine Fehler festnageln. Im Gegenteil – Humor könne trösten, weiten, aufatmen lassen. Gerade dann, wenn die Welt eng und dunkel erscheint.

Papst Franziskus steht vor lachenden Teilnehmern bei einem Treffen mit Comedians am 14. Juni 2024 im Vatikan.
Franziskus lebte diesen Geist auch persönlich – mit einer Spontanität, die selbst seine engsten Vertrauten überraschte. "Ich werde sein Lächeln und seine spontanen Witze vermissen", sagte Kardinal Konrad Krajewski, sein Almosenmeister und langjähriger Begleiter bei einem Gedenkgottesdienst. Ein Satz, der viel über den Menschen Franziskus verrät.
Humor und Kirche – passt das?
Und doch sind Lachen, Witz und Freude nicht unbedingt das Erste, woran man bei Religion – und schon gar bei der katholischen Kirche – denkt. Für den Passauer Bischof Stefan Oster gehört Humor jedoch zu einem christlichen Leben dazu. Dennoch haftet der Kirche viel zu oft der Geruch von Weihrauch an, nicht aber von Wortspielen oder Witzen. Aber warum eigentlich?
Der US-amerikanische Jesuit James Martin hat sich dieser Frage angenommen – mit einem ganzen Buch über Humor und Lachen im christlichen Glaubensleben. Darin räumt er mit einem hartnäckigen Missverständnis auf: Viele Christinnen und Christen hätten Schwierigkeiten, sich Jesus mit einem Lächeln vorzustellen. Dabei war er, so Martin, ganz Mensch – und damit auch Träger eines sehr menschlichen Sinns für Humor.
Das Problem sei nur: Wir leben in einer anderen Zeit, in einer anderen Kultur – und viele Pointen aus dem ersten Jahrhundert in Palästina kommen bei uns nicht mehr so richtig an. Doch Jesu Gleichnisse hätten für seine Zeitgenossen durchaus komische Züge gehabt: Ein Mann, der sein Haus auf Sand baut? Ein Vater, der seinem Sohn statt eines Fisches einen Skorpion reicht? Ein Balken im eigenen Auge? Für damalige Verhältnisse war das vermutlich beste Unterhaltung – biblischer Slapstick mit Tiefgang.
"Ich habe nicht gelacht"
Auch das erste Wunder Jesu hatte eine symbolische, aber auch sehr menschliche Seite: Bei einer Hochzeit geht der Wein aus – und Jesus sorgt für Nachschub. Kein stilles Wasser, kein Gebet – sondern Wein. Ein Zeichen der Freude. Eine Einladung zum Fest. Und ganz bestimmt kein Zufall.

Bei einer Hochzeit geht der Wein aus – und Jesus sorgt für Nachschub.
Humor durchzieht auch das Alte Testament. In der Geschichte von Sarah und Abraham etwa wird erzählt, dass Gott den beiden im hohen Alter ein Kind verspricht. Sarah lacht – was man ihr nicht übelnehmen kann. Als Gott sie darauf anspricht, streitet sie es ab: "Ich habe nicht gelacht." Worauf Gott trocken entgegnet: "Oh doch, das hast du!" Das Kind, das sie später gebar, hieß Isaak – "Jitzchak" auf Hebräisch, was so viel heißt wie: Er wird lachen.
Und, so schließt Martin, beginnen die großen monotheistischen Religionen mit einem Lachen. Vielleicht ist es kein Zufall, dass auch die Pontifikate von Franziskus und Leo damit beginnen – auch wenn Johannes XXIII. und Johannes Paul II. ebenfalls in der gleichen humoristischen Liga mitspielten. Viele mögen etwa sagen, die Kirche habe heute wenig zu lachen. Aber vielleicht liegt gerade darin eine mögliche Pointe: Wer lacht, hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben – und glaubt immer noch daran, dass es gut werden kann.