Dogmatiker Tück fordert klare Haltung gegenüber Piusbruderschaft

Der Wiener Dogmatikprofessor Jan-Heiner Tück hat eine Klärung des Verhältnisses zwischen dem Vatikan und der traditionalistischen Piusbruderschaft gefordert. "Der Vatikan muss gegenüber den Piusbrüdern deutlich machen, dass das Zweite Vatikanische Konzil nicht zur Disposition steht", sagte Tück am Freitag im Interview mit dem kirchlichen Kölner Internetportal "domradio.de".
Wer in Einheit mit der Kirche stehen wolle, müsse sich an deren Lehren orientieren, erklärte der Theologe. Besonders betreffe dies das Verhältnis zum Judentum, mit dem sich die Piusbruderschaft schwer tue. Die interreligiöse und ökumenische Arbeit des Vatikans dürfe nicht als "Protestantisierung" der Kirche missverstanden werden, sondern stehe fest "auf dem Boden des Konzils". Mit dem von Papst Johannes XXIII. (1958–1963) einberufenen Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) begann eine Erneuerung in Struktur und Liturgie der katholischen Kirche sowie ihre Öffnung zum Dialog mit anderen Konfessionen und Religionen.
Öffnung der Kirche durch Konzil verbindlich
Es sei an der Zeit, klare Verhältnisse zu schaffen. "Wir können uns nicht leisten, unter einem Dach gegenläufige und widersprüchliche Positionen zu haben. Man kann nicht in der katholischen Kirche Antisemiten und Leute haben, die den jüdisch-christlichen Dialog vorantreiben wollen." Die im Konzil vollzogene Öffnung der Kirche, von den Bischöfen beschlossen und vom Papst bestätigt, gelte weiterhin.
Tück kritisierte zudem die Haltung der Piusbruderschaft, die nach seiner Einschätzung nicht den Anspruch erheben könne, "päpstlicher als der Papst" zu sein. Als problematisch bezeichnete er die weit verbreitete Ansicht, das Zweite Vatikanische Konzil sei lediglich ein Pastoralkonzil ohne bindende Wirkung. Die Konzilstexte seien jedoch verbindlich und in dogmatischen Dokumenten verankert. Abschließend warnte Tück vor der Nähe traditionalistischer Kreise zu politisch rechten Kreisen. Hier bestehe eine "osmotische Durchlässigkeit", die ernst zu nehmen sei. – Der deutsche Theologe Jan-Heiner Tück lehrt seit 2009 Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Wien. (KNA)