Standpunkt

Christen sollten christliche Werte in Politik einklagen

Veröffentlicht am 27.11.2025 um 00:01 Uhr – Von Pater Stefan Kiechle SJ – Lesedauer: 

Bonn ‐ Im gegenwärtigen Rentenstreit fühlen sich Ältere zu wenig gewürdigt und Jüngere verschaukelt, schreibt Stefan Kiechle. Gerade hier sollte Politik Jung und Alt besser zusammenbringen und faire Kompromisse aushandeln.

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Im Rentenstreit, der seit Wochen durch Politik und Medien geht, sagen die Älteren, sie würden zu wenig gewürdigt; zurecht haben sie Ängste vor Armut im Alter – nachdem sie Jahrzehnte lang hart gearbeitet haben. Die Regierung will mit ihren Plänen den Senioren Gutes tun – und sich deren Wählerstimmen sichern. Die Jungen hingegen fühlen sich verschaukelt, denn die Demographie sagt klar, dass die überbordenden Rentenlasten sie erdrücken werden. Die meisten Ökonomen unterstützen die Kritik der Jungen. Der gut gemeinte Plan, Renten hoch zu halten, ist auf lange Sicht wirtschaftlich desaströs – wird das kurzfristige Klienteldenken der Regierenden siegen? Viele Junge sagen, da könne man nur noch AfD oder Linke wählen – aber würden die's besser machen?

In unserer Weltgegend ist der Lebensstandard enorm hoch, im historischen Vergleich und im Vergleich zu anderen Weltgegenden – leider mit riesigen und weiter wachsenden Unterschieden zwischen arm und reich. Vom hohen Standard werden wir runtergehen müssen, aus ökologischen, demographischen und wirtschaftlichen Gründen. Das hört niemand gerne: Viele protestieren bei Einbußen, alle kämpfen um Besitzstände. Den Vorschlag, etwas abzugeben, empfinden viele als unverschämt, beleidigend. Politiker, die solches öffentlich sagten, würden abgestraft – nicht nur bei Wahlen.

Politik sollte Alt und Jung besser zusammenbringen, so dass die Generationen miteinander sprechen, sich hören und faire Kompromisse aushandeln – bei denen Wohlstand für alle möglich wird. Dankbar sollten wir sein für unseren hohen Standard und angstfrei damit umgehen, wenn einiges weniger wird. Wir sollten das rechte Maß in allem einüben. Von den Reichen sollten wir mehr Teilen einfordern und zugleich dafür Sorge tragen, dass Arme auch im Alter ihre – hoffentlich gerechte – Miete bezahlen können.

Das alles sind Werte aus christlicher Tradition, die in säkularer Gesellschaft durchaus vorhanden, aber bedroht sind. Christen sollten sie freilich einklagen, besonders bei Parteien der "Mitte", denn dort sind sie verwurzelt, dort liegt die Verantwortung.

Von Pater Stefan Kiechle SJ

Der Autor

Pater Stefan Kiechle SJ ist seit 2018 Chefredakteur der Zeitschrift "Stimmen der Zeit". Zuvor leitete er sieben Jahre die Deutsche Provinz des Jesuitenordens.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.