Ja zu dir – und Ja zu Gott
Eine wichtige Bibelstelle, die sich auf die Ehe bezieht, steht im Matthäusevangelium. Die Pharisäer wollen Jesus eine Falle stellen und fragen ihn, ob ein Mann seine Frau aus jedem beliebigen Grund aus der Ehe entlassen darf. Jesus antwortet ihnen: "Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen am Anfang als Mann und Frau geschaffen hat und dass er gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein? Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen." (Matthäus 19,4-6)
Das katholische Eheverständnis
In diesem Text stecken drei wichtige Aussagen zum Wesen der Ehe, meint Pater Anselm: "Gott hat die Menschen als Mann und Frau geschaffen. Die Ehe entspricht also dem Willen des Schöpfers. Die zweite Aussage bezieht sich auf das Gelingen der Ehe. Damit diese gelingt, muss der Mann Vater und Mutter verlassen. Denn Heirat setzt eine Loslösung aus der Abhängigkeit von den Eltern voraus. Die dritte Aussage gibt das Ziel der Ehe vor: Mann und Frau werden ein Fleisch sein. Und so sind sie Zeugen der Einheit zwischen Gott und dem Menschen. Von dieser Aussage Jesu leitet die katholische Theologie ihr Verständnis der Ehe als Sakrament ab."
Pater Anselm hält die Hochzeit zu Kana, von der im Johannesevangelium (Johannes 2,1-12) erzählt wird, für eine wichtige Symbolgeschichte. "In ihr will Johannes zum Ausdruck bringen, dass eine enge Verbindung zwischen der Menschwerdung Gottes in Jesus und der Hochzeit zwischen Mann und Frau besteht", erklärt Pater Anselm. "Wenn Gott Mensch wird, dann feiert er Hochzeit mit den Menschen, dann wird er genauso eins mit ihnen wie Mann und Frau in der Ehe. Das verwandelt unser Leben. Es ist dann nicht mehr geprägt durch die sechs steineren Wasserkrüge, die auf die Reinigungsriten der Juden hinweisen. Es geht nicht mehr um die peinlich genaue Erfüllung des Gesetzes. Wer nur auf die Gebote achtet, der kann leicht erstarren. Sein Leben versteinert sich. Es wird schal und hat keinen Geschmack mehr. Durch die Menschwerdung Gottes wird unser Wasser in Wein verwandelt. Unser Leben bekommt einen neuen Geschmack. Wir dürfen das Fest der Hochzeit mit Gott feiern. Eucharistie wurde in der frühen Kirche daher als Hochzeitsmahl verstanden, als Mahl der Einswerdung mit Gott."
Ist die Ehe unauflöslich?
Viele tun sich schwer mit der Aussage Jesu: "Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen." (Matthäus 19,6) Brautleute versprechen sich bei der Trauung ewige Treue. Aber zugleich sehen sie die erschreckenden Zahlen der Ehescheidungen. Sie haben vielleicht selber im Verwandten-, Freundes- oder Bekanntenkreis miterlebt, wie zwei, die einander einmal über alles geliebt haben, sich voneinander weg entwickeln. "Für Jesus entspricht die Unauflöslichkeit der Ehe dem ursprünglichen Willen Gottes und damit auch dem Wesen der ehelichen Beziehung zwischen Mann und Frau", sagt Pater Anselm. "Aber zugleich weiß Jesus, dass der Mensch dieses Ideal nicht immer zu erfüllen vermag." Bei der kirchlichen Trauung sollen die Eheleute sich von Gott gesegnet wissen und auch künftig darauf vertrauen können, dass Gott die beiden stark macht, den Stürmen standzuhalten, vor denen keine Ehe gefeit ist. "Die Ehe entspringt eben nicht nur dem menschlichen Willen, sondern verweist als Sakrament auf die Gnade Gottes, aus der allein ein Miteinander auf Dauer möglich wird", sagt Pater Anselm.
Wie ein Haus auf dem Felsen
Eheleute bauen ihr Haus nur dann auf festen Grund, wenn sie bereit sind, die eigene und fremde Realität immer wieder von Neuem anzuschauen und sie so anzunehmen, wie sie ist. "Zu dieser Realität gehört, dass der Weg durch Stürme und Wasserfluten hindurchgeht", sagt Pater Anselm. "Wir werden auf dem gemeinsamen Weg unseren stürmischen Leidenschaften begegnen, unseren Launen, unseren Emotionen, heftigen Auseinandersetzungen und Konflikten. Und wir werden erleben, wie etwas in uns hochsteigt und uns zu überschwemmen droht. Dann ist es wichtig, die unbewussten Bedürfnisse und Erwartungen hochkommen zu lassen und sie gemeinsam anzuschauen. Dann werden sie das Haus nicht hinwegschwemmen. Die Ehe wird zu einem Haus auf dem Felsen, zu einem Haus in der Brandung, in dem dann auch Menschen Zuflucht suchen, die in den Wassermassen unterzugehen drohen. Sie wird zu einem Haus, in dem auch andere sich zu Hause fühlen und Heimat erfahren."
Die Arche als Schutzraum
Die Symbole der Sintflut und der Arche Noah können Eheleuten helfen, mit ihren Konflikten besser umzugehen. "Die Arche kann der innere Schutzraum sein, den jeder braucht, um nicht vom Unbewussten des andern mitgerissen zu werden", sagt Pater Anselm. "Jeder braucht einen Raum der Stille, in dem er ganz bei sich sein kann. Es ist der Raum, in dem Gott selbst in ihm wohnt. Dort kann er vom andern nicht verletzt werden. Die Arche wirkt aber auch wie ein Schutzraum, in den beide sich vor den Auseinandersetzungen der Umwelt zurückziehen. Die Eheleute brauchen immer wieder Zeit füreinander, damit sie nicht in der Flut des Alltags untergehen.“ Die Arche dient aber auch als Bild für die Struktur, die eine Ehe in Krisensituationen braucht. Pater Anselm: "Wenn man keinen sicheren Stand mehr hat, dann ist es wichtig, dass die äußere Struktur Halt gibt."