Warum die heilige Messe von so viel Bewegung geprägt ist

"Cross-fit" im Gottesdienst

Veröffentlicht am 29.07.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Liturgie

Bonn ‐ Bewegungsfaul dürfen Katholiken nicht sein. Denn gerade in der Heiligen Messe gibt es viel Bewegung. Wir erklären, welche Gesten in der Liturgie gefordert sind und welcher Sinn dahinter steht.

  • Teilen:

Bereits vor dem Gottesdienst ist Bewegung angesagt. Beim Betreten der Kirche machen die Gläubigen mit Weihwasser ein Kreuzzeichen als Erinnerung an die Taufe. Symbolisch drücken sie damit das Bekenntnis zu Gott in der Dreieinigkeit aus. Mit dem Berühren der Stirn denken Christen an Gott, den Vater, der über allem steht. Das Berühren der Brust in der Mitte symbolisiert Jesus, der zu den Menschen auf die Erde gekommen, für sie gestorben und auferstanden ist. Des Heiligen Geistes wird beim Berührung der Schultern links und rechts gedacht: Er umfasst alles und jeden.

Und mit Bewegung geht es weiter: Es ist üblich, dass die Gläubigen ihre Ehrfurcht vor der Anwesenheit Gottes mit einer Kniebeuge im Mittelgang auch zeigen. Im Tabernakel werden die konsekrierten Hostien, das Allerheiligste, aufbewahrt.  Menschen, die körperlich eingeschränkt sind, machen eine Verneigung. In diesem körperlichen Ausdruck manifestiert sich die Ehrerbietung. Bis der Gottesdienst beginnt, sitzen die Gläubigen. Beim Einzug der Zelebranten und des Altardienstes stehen sie auf.

Der Wortgottesdienst

Zu Anfang und am Ende eines Gottesdienstes stehen zwei typische Gesten. Eine davon ist dem Zelebranten vorbehalten: der Altarkuss. In Gottesdiensten mit Weihrauch "inzensiert" er zusätzlich den Altar und das Altarkreuz, indem er einmal das Rauchfass schwenkend um den Altar geht. Mit dem Kreuzzeichen eröffnet der Zelebrant die Messe, die Gemeinde bekreuzigt sich ebenfalls. Doch auch im anschließenden Wortgottesdienst sind die Gläubigen gefordert, ihre Teilnahme auch körperlich widerzuspiegeln. Etwa während des Schuldbekenntnisses, des Confiteors ("Ich bekenne"), wird die Faust gegen die Brust geschlagen. Diese Praktik zeigt die Besinnung und das Bekenntnis der eigenen Sünden. Einige Gläubige machen nach dem Bußakt überdies ein Kreuzzeichen. Eine explizite und liturgisch verbindliche Anweisung gibt es dazu allerdings nicht.

Player wird geladen ...
Video: © katholisch.de

Pater Philipp Meyer von der Benediktinerabtei Maria Laach erklärt das Kreuzzeichen und seine Bedeutung.

Während der anschließenden Lesung sitzt die Gemeinde, zum Halleluja-Ruf vor dem Evangelium wird wieder aufgestanden. Bevor der Priester oder Diakon zum Ambo tritt, verneigt er sich vor dem Altar. Das Kreuzzeichen bekommt nun wieder einen besonderen Stellenwert: Mit dem Daumen zeichnen die Gläubigen auf Stirn, Mund und Brust ein Kreuz, bevor sie das Evangelium hören. Sie drücken damit aus, das Wort Gottes zu verstehen (Stirn), zu verkündigen (Mund) und in das Herz aufzunehmen (Brust). Der Priester oder Diakon bezeichnet zusätzlich das Evangeliar mit dem Kreuz, an Hochfesten inzensiert er es mit Weihrauch, indem er das Weihrauchfass insgesamt sechsmal über darüber schwingt. Nach dem Evangelium küsst er das Evangeliar. Die anschließende Predigt nach dem Evangelium wird sitzend gehört. Nach der Predigt, zum Glaubensbekenntnis, stehen alle wieder auf.

Die Eucharistiefeier

Die Bewegung während der Gabenbereitung spielt sich vor allem im Altarraum ab, die Gläubigen sitzen währenddessen. Vor jeder liturgischen Handlung – wie etwa der Handwaschung – verneigt sich der Altardienst vor dem Zelebranten. Auch dem Weihrauch wird hier wieder ein besonderer Stellenwert bemessen: Als Geste der Verehrung schwenkt der Zelebrant das Rauchfass über Hostienschale, Kelch und um den Altar und Altarkreuz. Anschließend verneigen sich die Ministranten vor dem Zelebranten und inzensieren ihn. Wenn diese auf die erste Altarstufe treten, stehen die Gläubigen auf. Dann werden sie selbst nach einer Verneigung inzensiert.

Am Anfang des Eucharistischen Hochgebets wird das Sanctus gesungen, ein Gesang zum Lobpreis Gottes. Danach kniet sich die Gemeinde hin. Die Ehrfurcht vor Gott wird in dieser Haltung bekundet. Die Konsekration, die Wandlung der Hostien in Jeus Fleisch und Blut, und damit das Gedächtnis an das Opfer Jesu stellt den Höhepunkt der heiligen Messe dar. In manchen Regionen ist es üblich, sich nach den Wandlungsworten des Priesters während der Elevation von Brot und Wein zu bekreuzigen.

Zum Vaterunser wird wieder aufgestanden. Nach dem anschließenden Friedensgebet fordert der Zelebrant die Gottesdienstteilnehmer auf, sich "ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung" zu geben. Diese reichen sich mit den Worten "der Friede sei mit dir" die Hand. Zelebrant und Konzelebranten vollziehen eine rituelle Umarmung.

Bild: ©KNA

Auf dem Kirchentag 2001 wünschen sich Menschen den Frieden.

Während das Brot gebrochen wird, singt oder spricht die Gemeinde das Agnus Dei. Bei der gesprochenen Variante war es üblich, sich gegen die Brust zu schlagen. Anschließend knien sich alle hin. Bei den Worten "Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach…" kann sich wiederum gegen die Brust geschlagen werden. Diese Praktiken sind kirchenrechtlich nicht verpflichtend. Gerade in südlichen Regionen allerdings noch übliche Praxis.

Kommunion und Abschluss

Manche Gläubigen bekreuzigen, verneigen oder beugen die Knie nach dem Kommunionempfang. In der Bank knien sie sich für ein stilles Gebet hin. Bis der Priester das Schlussgebet spricht, sitzen alle. Dazu und zum darauf folgenden Segen wird wieder aufgestanden.

Besonderheiten dieser rituellen Praktiken sind analog zu den außergewöhnlichen Gottesdiensten rund um die Kar- und Ostertage. Am Karfreitag findet keine heilige Messe statt, die Weihwasserbecken und der Tabernakel sind leer. Bekreuzigen und Kniebeuge beim Betreten der Kirche fallen aus. Hinzu kommen in der Feier der Karfreitagsliturgie die doppelten Kniebeugen (kurzes Knien) bei den großen Fürbitten und bei der Kreuzverehrung.

Katholische Gottesdienste fordern nicht nur das Zuhören und die geistige Aktivität. Vielmehr bringen die Gläubigen und die Gemeinde durch ihre dynamische Bewegung die Teilnahme zum Ausdruck. Und das ganz im Geist der Liturgiereform im 20. Jahrhundert, der "Participatio actuosa" (lat. Tätige Teilnahme).

Von Julia Martin

Linktipp: Sitzen, stehen, knien

Wenn zu Hochfesten die Gottesdienste besonders gut besucht sind, kennt nicht jeder die genauen Abläufe. Katholisch.de erklärt die einzelnen Elemente einer Messe.