Standpunkt

Warum sich die Kirche Europas in Deutschland treffen sollte

Veröffentlicht am 30.03.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ Genug der Offenen Briefe und Seitenhiebe auf den Synodalen Weg. Thomas Arnold fordert, dass sich die Katholiken Europas konstruktiv über die notwendigen Reformen der Kirche austauschen sollten. Er bringt dafür ein Treffen in Deutschland ins Spiel.

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In der Kirche Europas entwickelt sich eine neue Kultur des offenen Wortes. Jedoch wirken die entsprechenden Äußerungen eher als Provokation statt als hilfreicher Austausch, um zwischen den Positionen zueinanderzukommen. Gemeint sind die Briefe der skandinavischen und polnischen Bischofskonferenzen zum Synodalen Weg in Deutschland. Bischof Bätzing antwortete recht zügig, wenn auch nur in Auszügen sichtbar.

Jetzt hat der Vatikan nachgelegt. Immerhin war ja der erste Offene Brief zum Thema von Papst Franziskus persönlich. 2019 veröffentlicht, ließ er damals offen, ob er sicher eher für einen synodalen Weg nach deutschem Vorbild ausspricht oder dagegen. Wenn jetzt der Vatikan aus Anlass eines Gesprächs mit dem Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischofs Stanislaw Gadecki, bestätigt, dass sich an der Position des Pontifex seit 2019 nichts verändert habe, kann man dies im ersten Moment als Unterstützung der Kritiker lesen. Gadecki selbst hatte diesen Eindruck mit indirekten Zitaten aus dem Gespräch mit dem Papst als Erster verstärkt.

Was aber, wenn es der Papst mit seinem Briefabschluss ernst meinte, als er schrieb: "Ich möchte euch zur Seite stehen und euch begleiten"? Dann wäre es sein Wunsch, die Herausforderungen dieser Zeit zu erkennen und Antworten darauf zu suchen. Es wäre aber auch das Plädoyer für eine große Kraft in ein Miteinander, das sich nicht gegenseitig aufreibt, sondern im Gespräch bleibt, um gemeinsam zu einmütigen Ergebnissen zu kommen. Es wäre ein Gespräch, das kulturelle Unterschiede benennt und theologische Denkschulen offenlegt, ohne sich dabei in persönlichen oder nationalen Eitelkeiten zu verlieren. Offene Briefe dokumentieren Standpunkte für die Nachwelt. Begegnungen schaffen Veränderungen im eigenen Denken.

Jetzt ist nicht mehr die Zeit Offener Briefe zwischen Vorsitzenden, die Fronten schaffen statt Frieden suchen, sondern für das Verstehen des anderen auf Augenhöhe. Wer den Dialog von der Welt einfordert, muss ihn selbst praktizieren. Laien und Bischöfe sollten nicht warten, bis sie in Rom gemeinsam eingeladen werden. Gute Gastgeber bereiten selbst den Tisch, um das Gespräch voranzubringen. Mit dem Zwischenschritt im internationalen Prozess gibt es dafür eine Chance.

Zur Erinnerung: Die Kirche Europas soll in diesem Herbst zusammenkommen, um gemeinsam über die Herausforderungen des Miteinanders zu ringen. Deutschland wäre der ideale Gastgeber. Hier treffen sich der ost- und westeuropäische Flügel jener Lunge, die Johannes Paul II. anmahnte. Hier üben Christinnen und Christen gerade ein, miteinander die Kirche für das 21. Jahrhundert im eigenen Land und in Verbindung mit der Weltkirche durchzubuchstabieren. Und hier kann die Kirche in Deutschland beweisen, dass sie bereit ist, nicht nur ihren Weg zu erklären, sondern auch andere Sichtweisen zu hören und im ernsthaften Dialog zu durchdenken. Im Kleinen konnte man das auf der letzten Vollversammlung der Bischöfe erleben. Jetzt ist es Zeit, den nächsten, größeren Schritt zu gehen.

Von Thomas Arnold

Der Autor

Thomas Arnold ist Leiter der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.