Synodaler Weg und Weltsynoden-Treffen: Was beide gemeinsam haben
"'Synodal' ist tatsächlich gerade das Label, was alles bekommt, was kirchlich gut sein soll", sagte die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop jüngst in einem Podcast. Sowohl die Kirche in Deutschland als auch die Weltkirche insgesamt befinden sich gerade auf einem synodalen Weg. Wenn man beide Prozesse nebeneinanderlegt, bemerkt man jedoch schnell, was der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, am vergangenen Freitag in einem Interview auf den Punkt gebracht hat: "Wir haben grundverschiedene Vorstellungen von Synodalität." Das wird deutlich, wenn man das Programm für das europäische Kontinentaltreffen der Weltsynode zum Thema Synodalität mit dem der Synodalversammlungen des Synodalen Wegs in Frankfurt vergleicht.
"Der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland und der weltweite synodale Prozess, den Papst Franziskus ausgerufen hat, sind zwei unterschiedliche Wege, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: Die Frohe Botschaft des Evangeliums soll unter den 'Zeichen der Zeit' im Hier und Heute wieder sichtbar und lebbar werden", heißt es in einem FAQ auf der Internetseite des Synodalen Wegs. Wie dieses Ziel angegangen werden soll, bildet aber vermutlich den größten Unterschied zwischen beiden Prozessen.
Verschiedene Herangehensweisen
So versucht der 2019 von Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken initiierte Synodale Weg, das durch den Missbrauchsskandal verloren gegangene Vertrauen zurückzugewinnen. Um diese Glaubens- und Missbrauchskrise zu überwinden, sucht der Synodale Weg daher nach ganz konkreten Reformen, über die Bischöfe, Kleriker und Laien gemeinsam abstimmen. Die von Papst Franziskus 2021 ausgerufene Weltsynode dagegen steht unter dem Titel "Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung" und versucht den Weg zu einer synodaleren Kirche zu gehen. Dazu wurde in einer ersten Phase das gesamte Volk Gottes befragt und der Prozess endet mit der Bischofssynode im Herbst 2023 und im Herbst 2024.
Aber nicht nur hier fallen Unterschiede auf, sondern auch beim nun anstehenden Treffen in Prag und den Synodalversammlungen in Frankfurt, etwa was Länge und Häufigkeit der Sitzungen angeht. Sind es auf dem deutschen Synodalen Weg insgesamt fünf Sitzungen von jeweils drei Tagen, treffen sich die Vertreterinnen und Vertreter der europäischen Bischofskonferenzen nur ein einziges Mal in Prag – alle zusammen für fünf, die Präsidenten der Bischofskonferenzen anschließend für weitere drei Tage. Auch die Teilnehmendenzahl unterscheidet sich: An den Treffen in Frankfurt nehmen die insgesamt rund 230 Personen der Synodalversammlung sowie zusätzlich rund 20 Beobachterinnen und Beobachter und weitere Beraterinnen und Berater der Foren teil. In Prag kommen 156 Delegierte der Bischofskonferenzen sowie 44 zusätzliche vom Rat der europäischen Bischofskonferenzen eingeladene Teilnehmer zusammen. Diesen 200 Personen werden sich digital weitere 390 Delegierte (zehn pro Bischofskonferenz) zuschalten. Ein Blick auf die säkularen Veranstaltungsräume offenbart dagegen Parallelen: Die Vertreterinnen und Vertreter in Prag treffen sich in einem Hotel, die Synodalversammlungen nach dem Beginn der Corona-Pandemie fanden im Frankfurter Messe-Zentrum statt.
Beide Prozesse sorgen schon im Vorfeld für Arbeit
Schon im Vorfeld bei beiden Prozessen steht Arbeit für die Delegierten an: So müssen die Mitglieder der deutschen Synodalversammlung alle zu diskutierenden Texte der vier Synodalforen lesen und in den Texten jeweils eigene Anmerkungen hinterlassen, die die Arbeitsgruppen der Foren dann bündeln und in der Synodalversammlung zur Abstimmung vorstellen. Vor dem Kontinentaltreffen des weltweiten synodalen Prozesses in Prag haben die Vertreter der Bischofskonferenzen die Aufgabe, das Arbeitsdokument für die kontinentale Etappe (DKE) des weltweiten synodalen Prozesses zu lesen und ihre eigenen Erfahrungen zu reflektieren. Die Statements werden in Prag vorgetragen und müssen dort in schriftlicher Form auch beim Synodensekretariat abgegeben werden. Ausschlaggebend für die Reflektion sind drei im DKE formulierte Fragen.
Der Austausch über diese drei Fragen gliedert nicht nur das gesamte Programm in Prag, der Dialog soll sich auch mehr oder minder darauf beschränken: In einem Schreiben an die Diözesanbischöfe erinnerten die Kardinäle Mario Grech und Jean-Claude Hollerich Anfang der Woche daran, dass das Thema der Synode "Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung" ist. "Dies ist also das einzige Thema, das wir in jeder Phase des Arbeitsprozesses erforschen sollen." Die Erwartungen an die Synode seien zwar vielfältig, aber "es ist nicht die Aufgabe der Vollversammlung, alle Themen zu behandeln, über die in der Kirche debattiert wird". Beim Synodalen Weg fokussiert sich der Austausch bei den Lesungen zwar auf die jeweiligen Texte, klare Fragen, die die Diskussion gliedern sollen, gibt es in dieser Form aber nicht. Klare und konkrete Reformforderungen aus Deutschland stehen damit dem Austausch synodaler Erfahrungen auf einer Metaebene in Prag gegenüber.
Drei Fragen für die Auseinandersetzung auf der kontinentalen Etappe
Das Arbeitsdokument "Mach den Raum deines Zeltes weit" formuliert für die weitere Reflektion der Ergebnisse drei Fragen, um "diesen Prozess des Zuhörens, des Dialogs und der Unterscheidung voranzutreiben":
- "Welche Einsichten stehen am intensivsten in Einklang mit den konkreten Erfahrungen und Gegebenheiten der Kirche auf Ihrem Kontinent, nachdem Sie das DKE in einer Atmosphäre des Gebets gelesen haben? Welche Erfahrungen erscheinen Ihnen neu oder erhellend?"
- "Welche wesentlichen Spannungen oder Divergenzen sind aus Sicht Ihres Kontinents besonders wichtig, nachdem Sie das DKE gelesen und im Gebet innegehalten haben? Welche Probleme oder Fragenstellungen sollten folglich auf den nächsten Etappen des Prozesses in Angriff genommen und berücksichtigt werden?"
- "Über welche Prioritäten, wiederkehrenden Themen und Handlungsaufforderungen kann man sich mit anderen Ortskirchen in der ganzen Welt austauschen und welche können auf der ersten Sitzung der Synodenversammlung im Oktober 2023 diskutiert werden, wenn man sich anschaut, was sich aus den beiden vorherigen Fragen ergibt?"
Prinzipiell unterscheiden sich der Austausch in Frankfurt und in Prag voneinander. Beim Synodalen Weg wird zu den einzelnen Punkten eine Redeliste eröffnet, auf die sich alle Mitglieder der Synodalversammlung sowie Beobachterinnen und Berater setzen lassen können und die in meistens etwa zwei Minuten ihre Positionen frei vortragen und so auch aufeinander Bezug nehmen können. In Prag dagegen wird es unterschiedliche Arbeitsweisen geben: So stellen jeweils zwei Vertreter der einzelnen Bischofskonferenzen in sechs Minuten ihre zuvor verschriftlichten Statements zu den drei Fragen vor. Nach vier Vorträgen gibt es jeweils eine Gebetspause von vier Minuten.
Zudem wird es beim Kontinentaltreffen 14 Arbeitsgruppen aus je 12 Personen geben. Nach Vorstellungen des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) sollen Menschen aus derselben Nation dabei nicht in den gleichen Gruppen sein und auch auf die Verteilung von Frauen und Bischöfen in den einzelnen Gruppen soll geachtet werden, um "eine große Vielfalt an nationalen Erfahrungen einzubringen". Die Ergebnisse dieser Gruppen werden ebenfalls verschriftlicht und im Plenum vorgestellt – unterbrochen von einer kurzen Aussprache und meditativen Gebetspausen. Zusammengefasst kann man also sagen, dass die Debatten in Frankfurt dialogisch, frei und mitunter auch durchaus kritisch und kontrovers verlaufen, während es in Prag viel mehr um die Methode des geistlichen Gesprächs geht, in dem auf die vorbereiteten Wortbeiträge die Resonanz des Gehörten und anschließend die "Unterscheidung der Früchte".
Spirituelle Impulse, Heilige Messen und Gebetspausen
Überhaupt kann es nach Vorstellung Roms in synodalen Prozessen nicht darum gehen, "sich in eine Debatte zu stürzen, in der ein Teilnehmer versucht, die anderen zu übertreffen oder ihre Positionen mit schlagenden Argumenten zu bekämpfen, sondern mit Respekt das zu äußern, was man im Bewusstsein des Heiligen Geistes als nützlich für die gemeinschaftliche Unterscheidung wahrnimmt, und zugleich offen dafür zu sein, das anzunehmen, was den anderen Positionen von demselben Heiligen Geist angeraten wird, 'damit [es] anderen nützt' (1 Kor 12,7)", heißt es in einer Stellungnahme der Theologischen Komission zum Thema Synodalität. Stattdessen solle die Kommunikation dem Wunsch der Einmütigkeit folgen.
Grundsätzlich ist ein Blick auf die geistlichen Elemente der Prozesse interessant, da beide Wege immer wieder die eigene spirituelle Ebene hervorheben. In Frankfurt sind Maria Boxberg und Pfarrer Siegfried Kleymann als Geistliche Begleiter für den geistlichen Rahmen der Synodalversammlungen zuständig. Sie leiten die "EinHalt" genannten Impulse meist zu Beginn, Mitte und Ende der Sitzungstage. Außerdem gibt es an den Freitagen mittags eine Eucharistiefeier in der Synodalaula. Statt spiritueller Impulse wird es in Prag neben den kurzen Gebetspausen zwischen den Vorträgen täglich eine Heilige Messe geben. Außerdem leiten am Montagabend Brüder der Taizé-Gemeinschaft und am Dienstagabend Repräsentanten der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche jeweils ein gemeinsames Gebet an.
Ein entscheidender Unterschied ist, dass das Kontinentaltreffen in Prag in zwei Teile geteilt wird: Von Montag bis Donnerstag treffen sich Bischöfe, Kleriker, Ordensleute und Laien aus allen Ländern und verabschieden am Ende auch das gemeinsame Abschlussdokument des Treffens. Von Freitag bis Sonntag treffen sich anschließend noch einmal gesondert die Vorsitzenden der einzelnen Bischofskonferenzen. Das DKE formuliert dazu: "Die Bischöfe werden zudem gebeten, sich am Ende der kontinentalen Versammlungen zu treffen, um die synodale Erfahrung, ausgehend von ihrem besonderen Charisma und ihrer Aufgabe, kollegial neu zu lesen." Daraus entsteht ein bischöfliches Begleitschreiben für das etwa 20 Seiten lange Schlussdokument. Auf der Grundlage dieser Schlussdokumente der einzelnen Kontinente erstellt das vatikanische Synodensekretariat dann bis Juni das "Instrumentum laboris" für die Bischofssynode in Rom.
Gemeinsamer ambitionierter Zeitplan
Die synodalen Treffen eint der ambitionierte Zeitplan. Schon im September räumte der Vizepräsident des Synodalen Wegs, Thomas Söding, man werde "nicht das ganze Arbeitsprogramm, das wir uns vorgenommen hatten, bewältigen". Daher will der Synodale Weg in Deutschland mit der – von Rom kritisch beäugten – geplanten Einrichtung eines Synodalen Ausschusses für eine Form der Verstetigung des Reformprojekts sorgen. Unklar ist, wie genau beim Kontinentaltreffen in Prag aus allen Eingaben innerhalb von nicht einmal vier Tagen zunächst der Entwurf eines Schlussdokuments entstehen soll, dass am Donnerstagmorgen vorgestellt und nach einer Debatte bereits zwei Stunden später verabschiedet werden soll. Wenig überraschend haben beide Prozesse daher bereits eine zeitliche Verlängerung bekommen.
Einig sind sich die Vertreter der beiden Prozesse auch im Hinblick auf einen weiteren Aspekt: Synodalität muss in der Kirche von heute noch eingeübt werden und ist kein abgeschlossener Prozess. "Wir in Deutschland suchen eine Möglichkeit des wirklichen gemeinsamen Beratens und Entscheidens, ohne dass die kirchenrechtlichen Regelungen, die die Autorität des Bischofs betreffen, außer Kraft gesetzt werden", sagte Bätzing in dem eingangs erwähnten Interview. "Wie das gelingen kann, darüber reden wir noch." Auch Kurienkardinal Michael Czerny betonte jüngst, dass das Anliegen der Weltsynode "nicht einzelne Themen sind, sondern das Erlernen von Synodalität selbst: Wie funktioniert Synodalität eigentlich in der katholischen Kirche? Wie kann die Kirche wirklich synodal werden?" Auch wenn die Antworten hierauf unterschiedlich ausfallen dürften.