Papst Franziskus: "Alte Messe" missbraucht – Einschränkung notwendig
Papst Franziskus hat die von ihm erlassenen Einschränkungen der vorkonziliaren Liturgie begründet. "Die Gefahr ist heute der Indietrismo [Rückwärtsgewandheit], als Reaktion gegen die Moderne. Es ist eine nostalgische Krankheit. Deshalb habe ich beschlossen, dass jetzt die Erlaubnis, nach dem Römischen Messbuch von 1962 zu feiern, für alle neu geweihten Priester obligatorisch ist", sagte Papst Franziskus bei einem Treffen mit ungarischen Jesuiten, wie aus dem am Montag veröffentlichten Transkript des Gesprächs hervorgeht. Nach Beratung habe er sich für diese Einschränkung entschieden, weil er gesehen habe, "dass die guten pastoralen Maßnahmen, die von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ergriffen wurden, ideologisch genutzt wurden, um rückwärts zu gehen." Es sei notwendig gewesen, diese Rückwärtsbewegung zu stoppen, die nicht in der pastoralen Vision seiner Vorgänger enthalten gewesen sei. Papst Franziskus bezeichnete des Weiteren den Widerstand gegen Konzilsdekrete als "schrecklich". Es gebe in der Kirche "eine unglaubliche Unterstützung für den Restaurationismus, den ich als "indietrismo" bezeichne.
Papst Franziskus veröffentlichte 2021 das Motu proprio "Traditionis custodes" ("Wächter der Tradition"). Darin legte er fest, dass es jedem Diözesanbischof obliegt, die liturgischen Feiern seiner Diözese zu regulieren und es in seiner alleinigen Zuständigkeit liegt, die Feier der Messe in ihrer außerordentlichen Form zuzulassen. Damit schränkte der Papst den von seinem Vorgänger Benedikt XVI. mit dem Motu proprio "Summorum Pontificum" (2007) erleichterten Zugang zur Feier der Messe nach den Messbüchern vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) deutlich ein.
Bei dem Treffen äußerte sich der Papst auch zum Umgang mit Missbrauchstätern in der Kirche. "Der Täter ist zwar zu verurteilen, aber als Bruder. Ihn zu verurteilen ist als Akt der Nächstenliebe zu verstehen", sagte der Papst. Auch Täter sexueller Gewalt seien Kinder Gottes, betonte der Papst. "Das ist nicht leicht zu verstehen und zu leben", fügte er hinzu. "Der Täter ist ein Feind. Jeder von uns spürt das, weil er sich in das Leid der Missbrauchten einfühlt." Täter verdienten Bestrafung, aber auch Seelsorge.
Papst: Wollten mir "den Kopf abschlagen"
Des Weiteren warf er der früheren Regierung der peronistischen Präsidentin Cristina Kirchner (2007-2015) versuchte Einflussnahme auf die Justiz vor. "Einige in der Regierung wollten mir damals den Kopf abschlagen", sagte er den ungarischen Jesuiten. Franziskus ging ausführlich auf den Fall der beiden Jesuiten Franz Jalics und Orlando Yorio während der argentinischen Militärdiktatur ein, die 1976 in Buenos Aires verhaftet und über einige Monate gefoltert wurden.
Als Erzbischof sei er bei einer Vernehmung durch die Justiz mehrere Stunden im Bischofspalast befragt worden. Einer der Richter habe ihn sehr eindringlich über sein Verhalten während der Militärdiktatur befragt. "Aber für mich war die einzige wirkliche und begründete Frage die des Anwalts, der der Kommunistischen Partei angehörte", fügte er hinzu. Dank dieser Frage seien die Dinge klarer geworden; "und am Ende wurde meine Unschuld bewiesen", so Franziskus.
Kurz nach seiner Wahl zum Papst hatte ein argentinischer Journalist Vorwürfe gegen Franziskus erhoben, er habe die beiden Jesuiten an die Militärdiktatur verraten beziehungsweise ihnen nicht beigestanden. Allerdings entlasteten ihn kurz darauf Jalics selbst sowie Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel. Inzwischen gilt als bewiesen, dass Jorge Mario Bergoglio während der Militärdiktatur (1976-1983) politisch Verfolgten aktiv, aber im Stillen bei der Flucht aus dem Land geholfen habe. (ben)