Papst, Medien und Transparenz: Was ist von der Weltsynode zu erwarten?
In vier Wochen geht sie los: die große Versammlung der Bischofssynode zur Synodalität. Der dreijährige Prozess gilt als Herzensprojekt von Papst Franziskus. Eine Vielzahl von Wortmeldungen und nicht zuletzt das zeitliche Ausmaß der Synode unterstreichen diesen Befund.
Alle sollen gehört werden, alle sollen teilnehmen. In unzähligen Variationen wiederholen Pontifex und Synodenplaner rund um Kardinal Mario Grech inklusive Worte. Doch was ist von der Weltsynode zu erwarten? Wortmeldungen der vergangenen Papstreise illustrieren – ebenso wie vatikanische Papiere zur Synodalität – eindrücklich, worum es dem Papst geht und vor allem: worum gerade nicht.
Auch wenn der Pontifex immer wieder gegen Klerikalismus wettert, eine Kirche für alle propagiert und mit der Weltsynode auf den ersten Blick den Anschein erwecken mag, eine Aufwertung der laikalen Stimmen in der katholischen Kirche voranzutreiben, darf das bezweifelt werden. Schon das Logo der Weltsynode ist programmatisch: Es zeigt fünfzehn Menschen – überragt vom Hirtenstab des mitlaufenden Bischofs. "Es gibt keine Hierarchie zwischen diesen Menschen, die alle auf der gleichen Stufe stehen […] der Bischof und die Nonne stehen nicht vor ihnen, sondern unter ihnen", heißt es auf der Seite der Weltsynode. Doch der Hirtenstab als Zeichen episkopaler Hirtensorge und -autorität überragt eindrücklich und systemkonform die Pilgergruppe.
Rolle des Bischofs
Auch päpstliche Wortmeldungen und Entscheidungen stehen der egalitären Rhetorik entgegen. Es sei wichtig, dass sich die Kirche um den Bischof schare, erklärte der Papst bei seiner Mongolei-Reise und hob die Rolle des Bischofs in der synodalen Kirche hervor. Diese Hervorhebung passt zu Franziskus' Kirchen und Amtsverständnis. Es ist gut-katholisch hierarchisch und spiegelt sich ohne Abstriche in den Entscheidungsprozessen der Synode wider. Alles, was im Oktober dieses und nächsten Jahres in Rom von Synodenvätern – und erstmals auch Synodenmüttern – besprochen wird, hat den Status unverbindlicher Beratung. Am Ende ist es allein der Papst, der entscheidet, was er davon annimmt und berücksichtig und was nicht.
Synodalität: Papst, Bischöfe und die Entscheidungskompetenz
Die Bischofssynode zur Synodalität geht ihrem Höhepunkt entgegen – und sorgt für einigen Wirbel. Nicht zuletzt, weil strittig scheint, wer über was entscheiden oder nur beraten soll. Welche Rolle spielen also die Bischöfe? Ein Blick in das vatikanische Synodalitäts-Denken.
Erklärtes Ziel der Synode ist es, die Synergien zwischen Laien, Bischöfen und Papst zu nutzen, um jeden nach seiner Funktion einzubinden. Rom hat dazu klare Vorstellungen: "Die Konsultation des Gottesvolkes bringt keineswegs die Übernahme der Prinzipien der Demokratie, die auf dem Mehrheitsprinzip beruhen, im Inneren der Kirche mit sich".
Dass die Synode kein Hochamt der Demokratie ist, ergibt sich schon mit Blick auf ihren Entscheidungsmodus. Wohl aufgrund des freiheitlich-demokratischen Erfahrungshorizonts einiger Katholikinnen und Katholiken weisen Papst und Synodenplaner unermüdlich auf diesen Umstand hin. Zuletzt sah sich Franziskus auf dem Rückflug aus der Mongolei dazu veranlasst: Ein Parlament unterscheide sich von einer Synode, erklärte er.
Kirche-Welt-Dualismus
Die stetige Betonung der Unterscheidung von Kirche und Welt oder Synode und Parlament ist symptomatisch für kirchliche Vorgänge. Besonders gut lässt sich diese Strategie beim Zweiten Vatikanischen Konzil beobachten. Während Konzilsväter nach außen immer wieder die völlige Andersartigkeit der kirchlichen Arbeits- und Funktionsweise betonen (keine Politik, keine Parteien, keine Spaltungen und Diskussionen), finden sich in Tagebucheinträgen derselben Personen eindeutige Hinweise auf politisches Denken, Reden und Taktieren – der anderen und ihrer selbst. Schon jetzt mehren sich die Stimmen aus allen kirchenpolitischen Lagern, die Kritik am geplanten Prozedere äußern. Ein Wegspiritualisieren dieser Spannungen wäre nur um den Preis der Glaubwürdigkeit möglich.
Diese stetige Betonung der Andersartigkeit von Kirche und Welt bringt Hierarchen jedoch in eine komfortable Ausgangsposition. Der Publizist und Professor für Medienpolitik und Medienethik, Giselbert Deussen, bezeichnet 1971 den auf diese Art konstruierten Dualismus als Charakteristikum "in sich geschlossener, auf Uniformität bedachter Gruppen, insbesondere von Weltanschauungsgruppen mit ihren von einem hierarchischen Zentrum überwachten, initiierten und garantierten Sprachregelungen". Das hat für die Gruppen einen entscheidenden Vorteil: Bei Unstimmigkeiten liegt der Fehler stets bei Beobachtern und Rezipienten. Nicht die mangelhafte Kommunikationsstrategie oder unvermittelbare Botschaften der Institution sind das Problem, sondern fehlende Kenntnis, mangelndes Verständnis oder gar Unglaube des Gegenübers. Bei Konzilien und Synoden sind das vorzugsweise die Journalisten.
"Fühlt man sich mißverstanden, so schiebt man meist die Schuld Kräften außerhalb des Systems – hier: den Berichterstattern – zu, die von der 'wirklichen Natur' des Systems nichts verstünden", schreibt Deussen. Diese Narration von synodaler Andersartigkeit ist letztlich nichts anderes als eine Immunisierung gegen das weitere "Eindringen" medialer Kontrollfunktionen und entzieht kirchliches Handeln und Walten jeglicher Kritik.
Folgerichtig erklärte der Pontifex erst vor wenigen Tagen italienischen Journalisten, was sie während der Synode zu tun haben. Nämlich den Prozess darzustellen, wie er sei. Nach päpstlichem Verständnis bedeutet das: so wie der Papst ihn verstehe. Auf dem Rückflug aus der Mongolei legte er dann noch einmal nach. Weil die Synode etwas Spirituelles sei, würden Journalisten keinen Zutritt zur Synodenaula haben – auch einen Livestream werde es nicht geben. Schließlich sei die Bischofssynode keine Fernsehshow, sondern eine geistliche Veranstaltung, so der Papst. Man plane jedoch mittels Pressemitteilungen zu kommunizieren, was nach draußen dringen solle. Die Synode sei also "sehr offen", beantwortete der Papst die irritierte Nachfrage einer Journalistin.
Die Pressestelle des Vatikans werde in diesen versuchen, nicht zu plaudern, "sondern genau die Dinge über den synodalen Fortschritt zu sagen, die für die Kirche konstruktiv sind", so Franziskus. Was das ist, entscheidet freilich die kirchliche Autorität. Zuordenbare Statements sieht der Papst hingegen kritisch: Das sei politischer Klatsch.
Blick in die vatikanische Mediengeschichte
Wozu diese Entscheidung führen könnte, sieht man an der Mediengeschichte des Vatikans. Solange in Rom Informationssperre und Geheimhaltung das Gebot der Stunde waren, waren Gerüchte und gezielte Indiskretion interessierter Kreise an der Tagesordnung. Das Zweite Vatikanum bietet genügend Anschauungsmaterial dazu. Die kirchenpolitischen Grabenkämpfe im Vorfeld der Synode können ein Vorgeschmack auf den Oktober sein.
Aus kirchlicher Eigenlogik mögen Abschottung und Immunisierung plausibel sein, jedoch werden im Aufeinandertreffen mit anderen Systemen (wie dem freiheitlich-demokratischen) Problematiken erkennbar, die tiefer liegen als vermeintliche Verständnisprobleme. Mit dem Willen zu professioneller Kommunikation könnten unterschiedliche Ansichten und Vorstellungen plausibilisiert oder im besten Fall aus der Welt geschafft werden.
Wenige Wochen vor Beginn der Weltsynode zeigt sich jedoch das müßige Transparenzproblem der Kirche in allen Schattierungen. Die bewährte Spiritualisierung-Strategie erlaubt es Papst und Kurie, der Begründungspflicht des öffentlichen Diskurses zu entgehen. Das übernatürliche Wesen der Kirche lasse sich nicht in weltlichen Logiken ausdrücken, ist der Tenor dieser Immunisierung. Das Ausschließen der freien Presse ist bei dieser Abschottungsstrategie nur folgerichtig. Mit diesen Entscheidungen stellt sich die Weltsynode, die für manche noch immer den Anschein erweckt, eine Öffnung der Kirche zu bedeuten, in unübersehbare Opposition zu einer diskursiven Öffentlichkeit, die Partizipation aller an Einigungsprozessen und Transparenz als wichtige Säulen ihres Miteinanders erkannt hat. Was das Ergebnis dieser Strategie sein wird, bleibt offen: Eine Öffnung der Kirche zur Gegenwart scheint es nicht zu werden.