Frauendiakonat: Das sagen die neuen Beraterinnen des Papstes
Mit Spannung wird das große Finale der Weltsynode im Herbst erwartet. Frauen und Männer werden mit Bischöfen und dem Papst über strittige Themen diskutieren. Wie einige Begegnungen in den vergangenen Wochen zeigten, etwa der Besuch einer hochrangigen anglikanischen Bischöfin bei Papst Franziskus und seinen engsten Beratern, dem sogenannten K9-Kardinalsrat, sollte es dabei verstärkt um die Rolle der Frauen gehen. Vor kurzem kam es jedoch zu einer Änderung. Die zweite Sitzungsperiode der Weltsynode wird wohl nicht wie erwartet zeigen, wie es in der Frage des Frauendiakonats weitergehen soll. Der Papst hatte das Thema nämlich von der Weltsynode abgekoppelt und zehn Expertengruppen beauftragt, die zum Teil umstrittenen Themen, darunter das Frauendiakonat, zu vertiefen. Eine Studiengruppe soll sich nun bis Juni 2025 intensiver mit dem Thema beschäftigen, ein erster Kurzbericht mit Arbeitsplan und Erläuterungen soll aber noch vor der Weltsynode vorgelegt werden.
Wie wichtig dem Papst das Thema dennoch ist, zeigt die Erweiterung des Beraterstabs der Weltsynode um sechs weitere Mitglieder. Drei davon sind Frauen. In ihrer beratenden Funktion sollen sie das für die Weltsynode zuständige Synodensekretariat unterstützen. Neben den beiden männlichen Kollegen, dem Kanadier aus Quebec Gilles Routhier und dem Australier Ormond Rush, beide Priester, stehen die US-amerikanische Soziologin Tricia Bruce sowie die beiden Theologieprofessorinnen Maria Lucchetti Bingemer aus Brasilien und die deutsche Ordensfrau Birgit Weiler auf der Liste.
Frauendiakonat denkbar
Im Gespräch mit katholisch.de sagte die brasilianische Theologieprofessorin Maria Lucchetti Bingemer, sie erwarte eine offenere und beweglichere Kirche, die auf die Fragen und Erwartungen der Menschen von heute eingehe. Zwar glaube sie nicht, dass die Kirche in naher Zukunft das Frauenpriestertum einführen werde, doch seien bereits wichtige Schritte in diese Richtung unternommen worden.
Ihr zufolge habe der Papst gezielt Frauen in wichtige Führungs- und Entscheidungspositionen berufen. "Es gibt bereits mehr Sichtbarkeit von Frauen in Führungspositionen und das schafft eine ekklesiologische Tatsache: Frauen sind nicht mehr nur passiv, sie besetzen Räume und machen das sehr gut", betont Bingemer. "Das könnte eine Zukunft eröffnen, in der Diakoninnen oder sogar Priesterinnen denkbar sind." Es ginge vor allem um die offizielle Anerkennung dessen, was Frauen schon lange tun. "Sollte das Amt der Diakonin eingeführt werden, wird der Prozess aber behutsam und einvernehmlich verlaufen, wie das in der Kirche immer der Fall ist", so die Theologin.
Insbesondere würdigte sie die Arbeit von Papst Franziskus. Unter seinem Pontifikat könnten Theologinnen und Theologen "laut und deutlich sprechen". Dies zeige sich vor allem in der Diskussion um die Frauenfrage. Theologinnen würden nicht mehr sanktioniert, wenn sie sich offen für die Frauenordination aussprächen, wie sie es selbst mit ihrem Buch "Transforming the Church and Society from a Feminine Perspective" (Die Transformation von Kirche und Gesellschaft aus einer weiblichen Perspektive) getan habe. Darin kritisierte sie die Beschränkung der Weihe auf Männer als diskriminierend und abwertend gegenüber Frauen.
Neue Formen des Dienstes kennt die Kirche Amazoniens schon lange. Vor allem das kirchliche Engagement von Frauen sei dort zu beobachten, so die deutsche Ordensfrau und Theologin Birgit Weiler. In einem Beitrag für eine Sonderausgabe der "Herder Korrespondenz" betonte sie, dass der Großteil der kirchlichen Präsenz dort von Frauen geleistet werde. Deshalb sei im Arbeitsdokument für die kontinentale Phase in Lateinamerika die Einführung des Frauendiakonats gefordert worden.
Theologisch wird dafür argumentiert, dass die meisten Dienste, die im Dokument über die Missionstätigkeit der Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils im Zusammenhang mit dem Ständigen Diakonat genannt werden, in vielen Gemeinden bereits von Frauen wahrgenommen werden. Vielerorts würden Bischöfe Frauen beauftragen, Gemeinden zu leiten und zu taufen. Die Gläubigen, so Weiler, würden das große Engagement der Frauen in diesem Kontext "anerkennen und wertschätzen". Gegenüber katholisch.de wollte sie sich allerdings nicht näher dazu äußern.
Viele Frauen zu Diakonat berufen
Franziskus setzt beim Frauendiakonat neben der theologischen auch auf eine soziologische Perspektive. Dazu hat die von Franziskus in den Beraterstab berufene US-Soziologin Tricia Bruce bereits 2021 eine Studie zum Frauendiakonat veröffentlicht. Gegenüber katholisch.de sagte Bruce, sie gehe als Soziologin in die Weltsynode und wolle vor allem ihre Erfahrungen aus der Leitung soziologischer Studien zu katholischen Themen einbringen. Sie erwarte "Meinungsverschiedenheiten zwischen verschiedenen Perspektiven, die ein tiefes Zuhören, Demut und einen Geist der Gemeinschaft statt Polarisierung erfordern".
Zum Diakonat der Frau sagte sie, es gebe viele Frauen, die sich "zum Diakonat berufen fühlen, und diejenigen, die eine Berufung erkennen würden, wenn ihnen der Weg geöffnet würde". Auch wenn Bruce nicht wisse, was die Zukunft bringen werde, gehe sie davon aus, "dass es ein großes Interesse gibt, diese Diskussionen zu führen, sie ernst zu nehmen und ihre Auswirkungen auf die Kirche und alle, die in der Kirche arbeiten, zu bedenken".
Die Frage nach Diakonat und/oder Priestertum von Frauen könne sie daher nur als Soziologin beantworten. Die von ihr erhobenen Daten wiesen jedoch in eine klare Richtung: "Viele Frauen fühlen sich zu Formen des Dienstes berufen, die ihnen derzeit nicht zur Verfügung stehen", so Bruce. Gleichzeitig gebe es Frauen, die aus der Kirche austreten oder von anderen dazu animiert würden. Es gebe aber auch viele, die in der Kirche blieben und andere Wege für ihren Dienst fänden. "Laienfrauen stellen die überwältigende Mehrheit derer, die sich in der Kirche in den USA engagieren. Das Priestertum in seiner jetzigen Struktur und Anzahl braucht Zusammenarbeit, um den vielen Bedürfnissen in der Kirche gerecht zu werden", erklärt Bruce.
Kein eindeutiges Ergebnis
Hoffnungen in Richtung Frauendiakonat gibt es schon lange. Zwischen 1998 und 2002 hatte sich beispielsweise die Internationale Theologenkommission des Vatikans mit dem Diakonat der Frau befasst, allerdings ohne eindeutiges Ergebnis. Auch eine 2016 von Franziskus eingesetzte Studienkommission von zwölf Theologinnen und Theologen befasste sich gezielt mit der Rolle der Diakoninnen in der frühen Kirche. Eine weitere wurde 2020 ins Leben gerufen und nahm 2021 ihre Arbeit auf. Wie wichtig dem Papst das Thema ist, zeigen nicht nur die verschiedenen Kommissionen, die er dazu einberufen hat, sondern auch die Sitzung des Kardinalsrats vor wenigen Wochen mit Vertreterinnen der anglikanischen Kirche. Dass der Papst "sehr für das Frauendiakonat" sei, bestätigte daraufhin die italienische Theologin und Ordensfrau Linda Pocher.
Auch wenn sich der Pontifex immer wieder ablehnend zum Frauenpriestertum geäußert und diesbezüglich die geltende kirchliche Lehre betont hat, bleibt die Frage des Frauendiakonats trotz Abkoppelung von der Weltsynode weiter auf dem Tisch. Welche Ergebnisse die Studiengruppe daher bringen wird, bleibt noch offen. Erste Kurzberichte, Pläne und weitere Erläuterungen sollen allerdings noch vor der finalen Sitzungsperiode diesen Herbst vorgelegt werden.