Standpunkt

Was hat Papst Franziskus mit der Alten Messe vor?

Veröffentlicht am 27.06.2024 um 00:01 Uhr – Von Björn Odendahl – Lesedauer: 

Bonn ‐ Seit rund drei Jahren wird in der katholischen Kirche wieder über die vorkonziliare Messe diskutiert. Schuld daran ist auch Papst Franziskus. Es wird Zeit, dass er eine Entscheidung trifft, schreibt Björn Odendahl.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Seit rund drei Jahren steht die sogenannte Alte Messe wieder im Fokus kirchlicher Debatten. Schuld daran ist auch Papst Franziskus. Denn mit dem Motu proprio "Traditionis custodes" schränkte er die Messform im Sommer 2021 zwar theoretisch extrem ein – jedoch mit einem Schönheitsfehler: Franziskus übertrug die Entscheidungskompetenz über die Zulassung auf die Ortsbischöfe. Und die gingen weltweit sehr unterschiedlich damit um. Die einen verboten sie gänzlich, die anderen ließen mehr oder weniger alles beim Alten.

Anfang 2023 – eineinhalb Jahre später – hat der Papst zumindest diesen Fehler korrigiert, indem er per Dekret den Diözesanbischöfen die Dispensgewalt für die Alte Messe wieder entzog und sie seinem Liturgiedikasterium übertrug. Damit dürfte die (ohnehin meist nur theoretische) päpstliche Sorge, dass in Pfarreien, in denen beide Riten möglich sind, Spaltungen drohen, geringer werden. Mit Blick auf die gesamte Kirche ist das Problem allerdings nicht gelöst. Denn der Papst sendet weiter unklare Signale: Einerseits feiern das Institut Christus König und andere traditionalistische Gemeinschaften auf Basis ihrer Statuten weiter selbstverständlich die Messe in vorkonziliarer Form. Die Petrusbruderschaft erhielt sogar ein päpstliches Dekret mit der ausdrücklichen Erlaubnis. Andererseits untersagte der Vatikan den ebenfalls traditionalistischen Missionaren der göttlichen Nächstenliebe in Frankreich jüngst, fünf ihrer Seminaristen zu weihen, weil nicht sichergestellt sei, dass sie nach ihrer Weihe die vorkonziliare Liturgie feiern dürfen.

Statt die katholische Kirche also zeitnah zu befrieden, indem mit der Alten Messe auch ein damit oftmals verbundenes vorkonziliares Kirchenbild verschwindet, sorgen die bisherigen Entscheidungen im Vatikan eher für Verwirrung und führen letztlich auch zur Radikalisierung. Anhänger des Tridentinischen Ritus fühlen sich gegängelt, stilisieren sich zu Märtyrern und sammeln sich an Orten, an denen ihre Messform (noch) erlaubt ist. Dabei stützen sie sich auch gegenseitig in ihrem häufig sehr eigenen Kirchen- und Weltbild.

Was hat der Papst also mit der Alten Messe vor? Klar ist, dass er sich irgendwann entscheiden muss: die Tridentinische Messe wieder stärker integrieren, um die weitere Radikalisierung von Gläubigen zu verhindern; oder sie komplett verbieten und damit den Verlust vieler Katholiken oder gar eine Abspaltung riskieren. So oder so: Die aktuellen Regelungen helfen jedenfalls niemandem.

Von Björn Odendahl

Der Autor

Björn Odendahl ist Redaktionsleiter bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.