Theologe nahm an Weltsynoden-Vorbereitungstreffen in Linz teil

Söding: Die Kirche braucht eine europäische Kirchenversammlung

Veröffentlicht am 03.09.2024 um 14:06 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Am Wochenende ging ein dreitägiges Vorbereitungstreffen für die Weltsynode in Rom zu Ende. Aus Deutschland mit dabei war auch Thomas Söding. Wenn es nach ihm geht, sollte es bei solchen einmaligen europäischen Kirchentreffen aber nicht bleiben.

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Der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und berufene Experte für die Weltsynode, Thomas Söding, hat sich für eine europäische Kirchenversammlung ausgesprochen. "Die katholische Kirche in Europa braucht mehr Synodalität. Sie braucht regelmäßige Treffen mit breiter Beteiligung. Sie braucht die aktive Teilnahme von Bischöfen, aber nicht nur Bischofstreffen: Die katholische Kirche braucht eine Europäische Kirchenversammlung", schreibt Söding in einem Beitrag für "Communio" (Dienstag). Viele sähen Europa militärisch, ökonomisch, politisch kulturell und religiös auf einem absteigenden Ast. Während die vorangegangenen vier Päpste stark vom Geist Europas geprägt gewesen seien, habe sich unter Franziskus der Fokus verschoben, führt Söding aus. "Der Schwerpunkt der katholischen Kirche liegt nun im Globalen Süden, vor allem in Lateinamerika." Das Christentum in Europa gehöre aber "nicht ins Museum, sondern auf den Areopag". Die lange Geschichte europäischen Christentums sei kein Ballast, sondern ein "Reservoir für jene Hermeneutik der Reform, nach der weltweit gesucht wird", so Söding.

Andere Kontinente seien beim Thema Synodalität weit voraus. "Lateinamerika und die Karibik haben sich auf den Weg gemacht, von einer kontinentalen Bischofs- zu einer Kirchenversammlung zu werden, in der auch Priester, Ordensleute und 'Laien', nicht zuletzt Indigene, Sitz und Stimme haben." Auch in Asien und Afrika seien im Vorfeld der ersten Sitzungsperiode der Weltsynode "lebendige, bunte, energiereiche Kontinentalsynoden und Vorkonferenzen" organisiert worden. In Australien habe ein regelrechtes Plenarkonzil gegeben, so Söding. Allein Europa und Nordamerika hinkten hinterher. Dabei sei der Bericht des europäischen Vortreffens in Prag selbst im politischen Brüssel als "beachtliches Dokument europäischer Konsenskultur" wahrgenommen worden, betont Söding.

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Der Bochumer Neutestamentler hat als theologischer Experte an der ersten Sitzungsperiode der Weltsynode in Rom im vergangenen Jahr teilgenommen. In Vorbereitung auf die zweite und abschließende Sitzungsperiode gab es in Linz ein Treffen zahlreicher europäischer Vertreter, an dem Söding ebenfalls teilnahm, genauso wie der Präsident des Rates der Bischofskonferenzen Europas (CCEE), Erzbischof Gintaras Grusas, sowie die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen Italiens, Österreichs und der Schweiz. Die Initiative für das Treffen in Linz sei nicht von der CCEE ausgegangen, sondern von der Theologie, betont Söding. Die Theologen Klara Csiszar aus Linz, Myriam Wijlens aus Erfurt und Christoph Theobald aus Paris seien die treibenden Kräfte hinter dem Treffen gewesen.

Kirche habe "Bringschuld" 

Nachhaltige Synodalität sei nicht nur innerkirchlich wichtig, sondern auch für Politik, Kultur und Gesellschaft, so Söding. "Kirchen, die sich gegen Populismus stemmen wollen, müssen in ihrem Inneren autoritäre Strukturen und autoritäres Denken abbauen", betont der ZdK-Vizepräsident. "Kirchen mit sinkender Mitgliederbindung, aber starken Kontakten und Kontrakten mit der Politik, dem Bildungs- und Gesundheitswesen, mit Sozialinitiativen und zivilgesellschaftlichen Akteuren wissen, dass ohne spürbare Reformen, die mehr Beteiligung, mehr Transparenz und Kontrolle, mehr Sichtbarkeit von Frauen, mehr Inklusion ermöglichen, die Chancen weiter schwinden, das Evangelium in der Sprache des barmherzigen Samariters zu verkünden – und fähig zu sein, in der Öffentlichkeit Rechenschaft vom Grund der Hoffnung abzulegen."

Er hoffe, dass das Treffen in Linz ein Anstoß gewesen sei, den synodalen Weg weltkirchlich, kontinental und auch in einzelnen Ländern weiterzugehen. Die Kirche habe eine "Bringschuld in und gegenüber Europa", formuliert Söding. Die Kirche müsse die Einheit in Vielfalt, von der sie selbst spreche, in die Realität umsetzen, ohne Konflikte zu verschweigen. "Es wäre illusionär, zu fordern oder zu behaupten, alle Probleme des Klerikalismus auf einen Schlag zu lösen", schreibt der Theologieprofessor. Es brauche dafür auch Ungeduld. "Der Weg ist nicht schon das Ziel – aber ohne den Aufbruch wird es in unerreichbarer Ferne bleiben. Und auf dem Weg kann viel passieren. Emmaus ist das beste Beispiel." (cbr)