Vage Synodalität ohne Wagemut: Kirchlicher Machtkampf vorprogrammiert
Auf und doch wieder ab, hin und dann gleichwohl her, vor und ebenso wieder zurück. So verlief die Weltsynode über zwei lange Jahre an den runden Tischen vor allem mit dem ausdrücklichen Nicht-Streit über die aus ihr ausgelagerten kirchlichen Streitthemen. Die sind gravierend und werden über die wirkliche Bedeutung der synodalen Verhandlungen entscheiden. Dafür kann die Synode nichts, war das doch eine Papstentscheidung über die Köpfe der Synodalen hinweg. Sie machte die Synode zum Torso, aber damit kennt man sich in Rom aus. Auch als überdehnter Torso, Synodalität um ihrer selbst willen zu behandeln, brachte die Synode es auf einen langen Text mit Zeilen und Zwischen-den-Zeilen, die an einigen Stellen sogar aufzustehen versuchen. Ob dieser Papst ein solches Aufstehen meinte, als er zum Abschluss mahnte, die Kirche dürfe nicht sitzen bleiben? Es gab allseits Zustimmung dafür – natürlich im Sitzenbleiben, vor allem auf unvereinbaren Positionen in den ausstehenden Streitthemen. Das geht durchaus beides gut zusammen, ist der Machtkampf doch einfach nur vertagt, der sich darüber in dieser Kirche so sicher einstellen wird wie ihr sprichwörtliches Amen.
Aber jetzt soll dieser Machtkampf partout nicht sein und darf die Überdehnung des Synodenformats nicht verstören, der er ein Ende bereiten wird, sobald er ausbricht. Deshalb wurde der Text sofort von Papst Franziskus angenommen. Was den einen als ein enormer und überraschender Schritt erschienen ist, riecht für die anderen, rechtlich kundigeren, eher nach Winkelzug. Jetzt muss das Oberhaupt der Synode sich nicht weiter zu den synodalen Empfehlungen äußern, die ihm nicht so ganz oder gar nicht passen. Franziskus muss sich einfach nicht erklären, schon gar nicht halbwegs definitiv, und kann weiter so tun, als wäre er und sein Amt kein Faktor der Rangelei um die Macht. Dazu passt aber irgendwie nicht, dass er noch schnell eine Enzyklika über Herz-Jesu-Frömmigkeit in die Schlussphase der dann doch noch heftiger gewordenen Debatten über das Frauenthema schickte. Warum hätte die nicht warten können, es sei denn, sie sollte die verbliebene öffentliche Aufmerksamkeit darauf ablenken.
Quälender Machtkampf um Synodalität als Schicksal
Diese Debatten waren ständig irgendwie klandestin anwesend, weder von der Bloß-Keine-Öffentlichkeit der Verhandlungen zu stoppen, die fatal an die Pianische Epoche erinnert, noch von der Methode des Bloß-Nicht-Streiten, so als stünde ein kirchliches Paralleluniversum zur Verfügung. Aber den kairos, den diese immerhin zwei Jahre für das Frauenthema gewesen sind, war so natürlich auszusitzen. Sein Fenster hat sich jetzt geschlossen. Dieser kairos wird nicht wiederkommen, gleich wie sehr, wie gerne, wie oft man den Heiligen Geist anführt, auf den es jetzt zu hören gäbe. So bleibt nur ein quälender Machtkampf um eine Synodalität übrig, die jetzt eine "konstitutive Dimension" (Nr. 29) von Kirche ist. Das wird ihr binnenkatholisches Schicksal sein.
Ausgerechnet nur durch die von ihr so verfemten Machtkämpfe kann sie darüber hinauskommen. Die gegenwärtige Welt hat schließlich nicht ohne Grund keinen sonderlichen Anteil an der Weltsynode genommen. Wie auch, wurde sie doch definitiv draußen gehalten. Es strahlte nun einmal wenig nach außen, wenn es dort so wenig von Belang ist. Jetzt soll es der Heilige Geist richten, er sei schließlich nicht zu stoppen, so Nr. 60. Ob er jetzt dann bald auf synodal gespurten Gleisen heranstürmt? Wir werden sehen. Verspätungen sind vorprogrammiert, so beladen langsam die Züge dort mit den weiterhin offenen gravierenden Problemen unterwegs sind. Überholungsgleise und gut ausgebaute Schnellfahrtrassen gibt es nicht.
Ausgerechnet die entscheidenden Passagen zu Frauen und ihre kirchliche Marginalisierung belegen das. Sie erkennen keine guten Gründe, die es verhindern, Frauen in Führungspositionen der Kirche zu haben, und sie halten die Weihemöglichkeit der Frau zur Diakonin offen (Nr. 60). Wer beides für einen gravierenden Schritt nach vorn hält, verkennt die Lage der katholischen Kirche völlig. Sie kann es sich nicht leisten, dieses Offene nicht einzuräumen, ohne sich vollständig unglaubwürdig und nachgerade lächerlich zu machen; das gilt auf allen Kontinenten und in allen ernst zu nehmenden Kulturen des Planeten. Keine Synode, kein Papst, kein Konzil sind mehr in der Lage, diese Frage für eindeutig geschlossen zu erklären. Das Problem ist nur, dass ein offen gehaltener Raum nicht bedeutet, tatsächlich Aktivitäten zu setzen, ihn zu betreten.
Frauen im Kardinalrat
Aber das ist nun zum Lackmustest geworden für Synodalität wie für Pontifikate; sie können nur mehr nach dem Ende der Geduld mit ihnen aktiv sein und aktiviert werden. Auf dem Zettel des kirchlichen Lehramtes steht das Zeichen der Zeit der Frauen, die sich nicht mehr diskriminieren lassen, schließlich bereits seit der letzten Enzyklika von Johannes XXIII., Pacem in terris. Und die ist von 1963. Würden der jetzige Papst und sein Pontifikat das eigene Programm, sich besonders den Marginalisierten in dieser Welt zu widmen, also wirklich ernstnehmen, müssten sie es auf die eigene Kirche und nicht bloß für die Galerie schöner Bilder anwenden. Dabei geht es um Frauen und auch um Opfer sexualisierter Gewalt in der Kirche. Hier gibt es keine Geduld mehr mit Nicht-Offenheit für das definitive Ende der Marginalisierung und daran wird sich nichts mehr ändern. Daran werden Synodalitäten wie Pontifikate gemessen, mit Geduldsappellen von wem auch immer kommen sie nicht mehr davon. Das trifft das gegenwärtige Pontifikat beim Topos der Diakoninnenweihe.
Aber es trifft auch die weltsynodale Forderung, umso mehr Frauen in kirchliche Leitungspositionen einrücken zu lassen, je synodaler Kirche wird. Das hilft so lange wenig und verfällt dem Verdacht, sich nicht ernst zu nehmen, wie es keine Frauen im Kardinalat gibt und die synodal Gestimmten sich damit abfinden. Dort sitzt die Macht, weil Kardinäle nun einmal den Papst wählen, also die entscheidende katholische Leitungsinstanz. So lange bei diesem Ausschluss nicht aufgeräumt wird, bleiben die anderen Besetzungen einflussreicher Positionen mit Frauen Makulatur, so synodal segensreich sie auch wirken mögen, was diesen Frauen natürlich zu wünschen ist. Für die Änderung genügten zwei, drei rechtliche Federstriche. Kardinal ist kein Weiheamt. Und natürlich können Frauen in dieses Gremium nicht berufen werden, ohne ihre mögliche Wählbarkeit im Konklave einzuräumen. Für den binnenrömischen Bischofssitz würde sich im Fall der Fälle ja wohl noch ein Kleriker finden. Das wäre dann noch nicht einmal Klerikalismus.
Der Autor
Hans-Joachim Sander ist seit 2002 Professor für Dogmatik an der Universität Salzburg.