Standpunkt

Ob Trump oder AfD – es braucht Predigten, die aufregen und irritieren

Veröffentlicht am 24.01.2025 um 00:01 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Bonn ‐ Mit ihrer Predigt beim traditionellen Gebetsgottesdienst zur Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump hat Bischöfin Mariann Edgar Budde für Aufsehen gesorgt. Es braucht mehr solcher Predigten, kommentiert Christoph Brüwer.

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"Ihr Ton war unangenehm und weder überzeugend noch klug", lästerte der neue US-Präsident Donald Trump nach dem ökumenischen Gottesdienst zu seiner Amtseinführung über die Predigt der anglikanischen Bischöfin Mariann Edgar Budde. Von ihr und ihrer Kirche verlangte er gar eine Entschuldigung. Zuvor hatte Budde Trump öffentlichkeitswirksam um Barmherzigkeit für Migranten und sexuelle Minderheiten gebeten. In Deutschland sieht sich ein Pfarrer derzeit mit einer Anzeige konfrontiert, weil er AfD-Chefin Alice Weidel in einer Silvesterpredigt kritisiert hatte.

Damit taucht eine altbekannte Gretchenfrage wieder auf: Wie politisch darf eine Predigt sein? Dass eine Predigt nicht jedem gefallen kann und muss, ist klar. Das sollte sie auch gar nicht. "Eine gute Predigt muss die Hörer zum Glauben reizen, sie darin stärken, ihre Aufgaben in Beruf und Alltag bewältigen zu können", sagt etwa der Mainzer Pastoraltheologe Philipp Müller. Eine Predigt soll zum Nachdenken und auch diskutieren anregen. Natürlich ist die Predigt dabei keine Bühne für parteipolitische Stellungnahmen von Kirchenvertretern. Sie soll das Evangelium verkünden und für die Gläubigen verständlich machen.

Dass die Predigten von Bischöfin Budde und Pfarrer Garmaier funktioniert haben, liegt auch daran, dass die Botschaften viele Menschen ganz unmittelbar und existenziell betreffen, während viele allzu theologische bzw. akademische Predigten mit der Lebenswirklichkeit der Hörenden wenig zu tun haben – und deswegen schon vor dem Schlusssegen wieder vergessen sind.

Als Christin und Christ sollte man Werte vertreten, die sich aus der Botschaft Jesu ableiten lassen. Das bedeutet auch, sich als Kirchenvertreter gegen Massenabschiebungen auszusprechen – auch wenn man damit aneckt. Denn diese Irritation kann dazu führen, sich auch tiefergehend mit dem Evangelium zu beschäftigen und daraus auch Konsequenzen für das eigene Leben zu ziehen. Dass die Predigt von Budde Trump zum Nachdenken gebracht haben könnte, darf man indes wahrscheinlich eher in Zweifel ziehen.

Von Christoph Brüwer

Der Autor

Christoph Brüwer ist Redakteur bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.