Standpunkt

Bei der "Alten Messe" geht es nicht einfach um liturgische Vielfalt

Veröffentlicht am 10.07.2025 um 00:01 Uhr – Von Björn Odendahl – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Debatte um die Einschränkung der "Alten Messe" nimmt wieder an Fahrt auf. Aber geht es hier wirklich nur um den Wunsch nach liturgischer Vielfalt? Björn Odendahl glaubt das nicht.

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Die Diskussionen um die starken Einschränkungen der "Alten Messe" waren nach Veröffentlichung des Dekretes "Traditionis custodes" im Jahr 2021 und dessen Ausführungsbestimmungen nie ganz verstummt. Doch nach dem Tod von Papst Franziskus entflammt die Debatte wieder heftiger – auch hier auf katholisch.de.

Öl ins Feuer gegossen hat die im Vorfeld des Dekrets von Franziskus beauftragte Umfrage in den Ortskirchen, aus der nun Auszüge geleakt wurden. Der Tenor: Der verstorbene Papst hat diese sehr einseitig und negativ interpretiert, um die "Alte Messe" einzuschränken. Zwar hat der Vatikan mittlerweile klargestellt, dass die Umfrageergebnisse nicht vollständig sind und es weitere Befragungen gegeben habe. Doch bleiben Fragen: Waren die starken Einschränkungen der "Alten Messe" gerechtfertigt oder wurde hier grundlos die liturgische Vielfalt der katholischen Kirche beschnitten?

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Fakt ist: Durch die kleinteiligen Regulierungen fühlen sich die Anhänger der "Alten Messe" schikaniert und gebrandmarkt. Sie ziehen sich noch mehr in ihre Wagenburg zurück, als es zuvor bereits der Fall war. Wahr ist aber auch, dass die "Alte Messe" nicht einfach Teil der liturgischen Vielfalt der Kirche oder eine kulturell bedingte und regional gefeierte Sonderform ist.

Vielmehr ist die "Alte Messe" häufig die liturgische Ausdrucksform einer innerkirchlichen Parallelgesellschaft. Mit ihr einher gehen dann auch die Ablehnung anderer Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils, die Überhöhung des Priesteramts, die Geringschätzung von Laien im Allgemeinen und von Frauen im Besonderen. Kurzum: Anhänger der "Alten Messe" haben nicht selten ein anderes Kirchen- und Weltbild, das geprägt ist von einer Romantisierung der Vergangenheit.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass Papst Leo XIV. einige der Ausführungsbestimmungen von "Traditionis custodes" lockern wird, um die Anhängerschaft der "Alten Messe" zu befrieden. Eine gänzliche Rücknahme des Dekrets wäre allerdings ein fatales Zeichen dafür, dass ein rückwärtsgewandtes Kirchenbild ein selbstverständlicher Teil unserer Kirche ist.

Von Björn Odendahl

Der Autor

Björn Odendahl ist Redaktionsleiter bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.