Priester Schirpenbach über seine Berufung

Keinen Tag bereut

Veröffentlicht am 06.01.2015 um 23:52 Uhr – Von Margret Nußbaum – Lesedauer: 
Meik Schirpenbach vor Herbstlaub
Bild: © privat
Berufung

Bonn ‐ Wie ist das mit der Berufung? Kommt sie aus heiterem Himmel? Meik Schirpenbach, Stadtjugendseelsorger in Bonn, erzählt von seinem Weg.

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Kurz vor dem Abitur: Meik Schirpenbach aus Leverkusen sitzt wie alle Mitschüler seiner Jahrgangsstufe 13 über Büchern, holt sich den letzten Schliff für das Abitur und die mündlichen Prüfungen am Städtischen Gymnasium. Am Abend steht ein Leitertreffen der Messdiener seiner Pfarrgemeinde auf dem Programm. Soll er sich eine kurze Auszeit vom Büffeln nehmen? Spontan entscheidet der 19-Jährige, die Bücher liegen zu lassen und sich mit seinen Messdiener-Freunden zu treffen. Welche Folgen diese spontane Entscheidung einmal haben würde, davon ahnte Schirpenbach an diesem Spätnachmittag noch nichts. "In der Messdiener-Leiterrunde lag ein Buch über den heiligen Franziskus", erinnert er sich. "Es war wie eine Initialzündung. Ich sah plötzlich alles ganz neu, kam zu einer tieferen Auslegung meines Glaubens." Aus dieser Begegnung entstand der Wunsch, Priester zu werden.

Nach zwei Jahren kam die Krise

Der Weg dorthin lag ganz klar vor ihm: Vorstellung und anschließende Aufnahme im "Albertinum", dem Kölner Theologenkonvikt, Einschreibung fürs Theologiestudium an der Universität Bonn. Seine erste Krise kam zwei Jahre später. Sowohl das Thema Ehelosigkeit als auch das Bewusstsein, dass es ihm an praktischer Lebenserfahrung mangelte, führten zu einer Kurskorrektur. "Ich leistete erst mal meinen Zivildienst in der Krankenpflege einer Klinik in Leverkusen", erzählt Meik Schirpenbach. "In dieser für mich sehr intensiven Zeit, in der ich lernen musste, mit Leid und Tod umzugehen, klärte sich einiges. Und ich wollte meinen damaligen Weg fortsetzen." Doch er ließ sich Zeit, wollte sich prüfen, ging für ein Jahr an die Universität im flämischen Leuven und studierte dort Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte. "Ich lernte viele interessante Menschen kennen, konnte jede Menge Scheine machen, viele schöne Radtouren unternehmen und genoss die Zeit in Belgien sehr", erinnert er sich. Doch der Berufungsgedanke ließ ihn nicht mehr los. Nach einem Jahr ging Schirpenbach an die Universität Bonn zurück, wohnte wieder im Albertinum in Köln. Im Jahr 1996 schließlich hatte er sein Theologiediplom in der Tasche.

Freude an der Arbeit mit Kindern

Er gönnte sich aber noch eine Auszeit, studierte ein Jahr Philosophie und Kunstgeschichte in Bonn. "Ich wohnte in einer Studentenbude, genoss meine Freiheit, die ausgedehnten Radtouren entlang des Rheins. Doch der Wunsch, Priester zu werden, ließ mich nicht mehr los", sagt er. Meik Schirpenbach krempelte sein Leben um, wechselte von der Studentenbude über einer Kneipe zum Priesterseminar in Köln, in dem er die nächsten drei Jahre wohnte. Während dieser Zeit praktizierte er in St. Aegidius im Kölner Süden, wurde im Jahr 1998 im Neusser Münster St. Quirinus zum Diakon geweiht. "Ich gab Religionsunterricht in der Grundschule, bereitete Kinder auf ihre Erstkommunion vor. Das hat mir viel Freude gemacht", erzählt Schirpenbach.

Panorama der Bundestadt Bonn
Bild: ©Presseamt Bundesstadt Bonn

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Wissenschaftlich gearbeitet

In seiner Zeit als Diakon kam es zu einer weiteren Entscheidungskrise. "Ich war damals 28 Jahre, und die Frage ob ich zölibatär leben könnte, stellte sich immer drängender. Einige meiner Freunde waren mittlerweile verheiratet und hatten Kinder." Meik Schirpenbach nahm sich Zeit, verlängerte sein Diakonat, promovierte schließlich am Philosophischen Seminar der Universität Bonn, war dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter unter dem damaligen Direktor, Professor Ludger Honnefelder, tätig. "Eine total spannende Zeit", erinnert sich Schirpenbach, "denn Honnefelder war Mitglied der Enquete-Kommission 'Recht und Ethik der modernen Medizin' des Deutschen Bundestages." Während dieser Zeit stellte sich Schirpenbach öfter mal die Frage, ob er nicht im wissenschaftlichen Bereich weiter arbeiten und eine Uni-Karriere anstreben solle. Am Ende aber war es für ihn klar: Er wollte zurück in die Seelsorge. "Der Entschluss hatte ja lange auf sich warten lassen, aber diese Zeit der Entscheidung war für mich wichtig", sagt Meik Schirpenbach.

Priesterweihe im Kölner Dom

Es folgten zwei Jahre Tätigkeit in der Pfarrgemeinde St. Audomar in Frechen. Während dieser Zeit wurde Meik Schirpenbach im Jahr 2003 im Kölner Dom zum Priester geweiht. Von 2004 bis 2009 arbeitete er als Kaplan in der Gemeinde St. Margareta in Brühl, widmete sich dort verstärkt der Kinder- und Jugendarbeit. Er blickt gern auf diese Zeit zurück: "Ich habe dort viel gelernt, und die Bandbreite war ungeheuer spannend – vom Schulgottesdienst bis zur Beerdigung." Dann kam eine Anfrage. In Bonn wurde ein Stadtjugendseelsorger gesucht. "Ich sagte zu, wollte aber auch noch den Anschluss an eine Gemeinde haben und arbeitete als Subsidiar in St. Petrus in der Bonner Altstadt." Beide Bereiche füllt Meik Schirpenbach bis heute aus.

Aufbau der Stadtjugendseelsorge

Seine Entscheidung, Priester zu werden, brauchte vielleicht etwas länger als üblich. Aber er möchte keinen Tag und keine Stunde missen, sagt der heute 41-Jährige. Auch wenn der Aufbau der Stadtjugendseelsorge in den ersten Jahren recht zäh voran ging, mit vielen Sitzungen, Organisation und Planung verbunden war, trägt sein Einsatz nun Früchte. "Da bewegt sich sehr viel, und es ist ein tolles Gefühl, junge Menschen auf ihrem Weg ins Leben zu begleiten", sagt der Stadtjugendseelsorger. Nicht nur bei religiösen Fragen ist er ein guter Zuhörer und Ratgeber. Schirpenbach kann junge Menschen aus seiner eigenen Biografie mit den vielen Umwegen heraus heute darin unterstützen, ihre Träume nicht zu verlieren, Umwege zu wagen und Entscheidungen, etwa bei der Berufswahl, auch mal zu revidieren. "Bei mir ist nun alles stimmig, ich weiß, dass meine Entscheidung, Priester zu werden, goldrichtig war – auch wenn ich zwischendurch immer mal andere Wege gegangen bin", meint Meik Schirpenbach.

Von Margret Nußbaum