Serie: Große Theologen der Kirchengeschichte – Teil 1

Augustinus: Die unausweichliche Autorität im theologischen Diskurs

Veröffentlicht am 28.08.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ In einer neuen Serie stellt katholisch.de die großen Theologen der Kirchengeschichte – ihr Leben und ihr Werk – vor. Den Anfang macht zu seinem heutigen Gedenktag der heilige Augustinus: Was macht den Kirchenvater zu einem der einflussreichsten Theologen? Wie prägte er das Denken des Abendlandes?

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Der Name Augustinus ist aus der langen Theologiegeschichte kaum mehr wegzudenken. Nicht nur, dass er selbst wohl einer der bedeutendsten Kirchenväter war, die Lektüre seiner Schriften hat viele wichtige Denker beeinflusst und dadurch zuletzt auch die Reformation nachdrücklich befördert.

Über das Leben des Augustinus sind wir relativ gut unterrichtet, da er dem Leser selbst in seinen "Confessiones" einen detaillierten Einblick in seinen Lebenslauf gewährt. Seine "Bekenntnisse" können gewissermaßen als Autobiographie des Augustinus gelesen werden, in denen er auch seinen Weg zum christlichen Glauben nachzeichnet.

Augustinus wurde wohl am 13.11.354 im nordafrikanischen Thagaste geboren. Seine Mutter Monnica war Christin und so wurde Augustinus von Kindesbeinen an im christlichen Glauben erzogen. Er selbst beschreibt diese Phase als Zeit vor seiner wirklichen Bekehrung. Augustinus ging zum Studium der Rhetorik nach Karthago, dort lebte er schon bald mit einer Geliebten zusammen, die ihm 372 den Sohn Adeodatus gebar. Die Zeit in Karthago kann als eine Zeit des Suchens nach Weisheit verstanden werden.

Augustinus war ein Suchender, der sich in vielerlei Möglichkeiten ausprobierte und so mit unterschiedlichen Strömungen in Berührung kam. Auch die Bibel zog er zu Rate, fand aber darin keine wirkliche Antwort auf seine drängenden Fragen. Vielmehr fühlte er sich in die Zeit vom Manichäismus angezogen, einer Religion, die auf den Perser Mani zurückging und die Weisheiten der anderen antiken Religionen vereinte. Als er noch selbst Schüler der manichäischen Religion war, begann Augustinus selbst Rhetorik und Grammatik zu unterrichten; zunächst in seiner Heimatstadt Thagaste, später in Karthago. Aufgrund des enttäuschenden Besuchs eines berühmten Manichäerbischofs verließ Augustinus Karthago ziemlich rasch und siedelte nach Rom über, wo er sich erneut der Philosophie zuwandte.

Monika und Augustinus
Bild: ©KNA

Die heilige Monnica von Thagaste erzog ihren Sohn Augustinus von Kindesbeinen an im christlichen Glauben. Als dieser sich später mit seinem Sohn in Mailand taufen ließ, starb Monnica kurz darauf.

Tatsächlich war auch Rom für Augustinus nur eine Zwischenstation und nach einer schweren Krankheit ging er nach Mailand, wo er auf den berühmten Bischof Ambrosius traf. Ambrosius war in Mailand vor allem wegen seiner Redekunst hoch geehrt, er selbst hatte eine juristische Ausbildung durchlaufen und sich aufgrund seiner geschickten Vertretung in Rechtsfällen ein hohes Ansehen erworben.

Augustinus scheint von Ambrosius und seinen Fähigkeiten sehr begeistert zu sein, letztlich kann die Begegnung zwischen den beiden wohl als Grund für die endgültige Bekehrung des Augustinus zum christlichen Glauben angesehen werden. Die Bekehrungsszene selbst, die er in seinen Confessiones sehr ausführlich schildert, ist kunstvoll literarisch ausgestaltet. Augustinus habe eine Stimme gehört, die immer wieder die Worte "Nimm und lies" gerufen habe, bis er zu den Paulusbriefen griff und den Satz "ziehet den Herrn Jesum Christum an und pfleget nicht des Fleisches in seinen Lüsten" gelesen habe. Wahrscheinlich ist der Bekehrung zum christlichen Glauben ein längerer Prozess vorausgegangen, in dem auch der Mailänder Bischof eine wichtige Rolle spielte.

An Ostern wurden Augustinus und sein Sohn getauft

Augustinus beendete seine weltliche Laufbahn und siedelte mit seiner Mutter und einigen Freunden auf ein Landgut in der Nähe von Mailand über, wo viele seiner Schriften entstanden. Am Osterfest 387 wurden Augustinus und sein Sohn in Mailand von Ambrosius getauft; Monnica starb noch im selben Jahr. Augustinus kehrte nach Nordafrika zurück, wo er sich zum Presbyter von Hippo weihen ließ, drei Jahre darauf wurde er Bischof. Als Bischof trat Augustinus für die Verteidigung der nordafrikanischen Christen gegen unterschiedliche religiöse Strömungen ein. Besonders den Manichäismus bekämpfte er mit großem Eifer. Zahlreiche Schriften entstanden in dieser Zeit, prominent ragen seine Abhandlungen "De civitate Dei" und "De trinitate" heraus. Im Alter von 76 Jahren starb Augustinus schließlich am 28. August 430.

Ambrosius von Mailand: Der honigsüße Kirchenvater

Noch bevor er Christ war, wollten die Mailänder Ambrosius als ihren Bischof haben. Denn schon vor seiner Taufe verteidigte er den katholischen Glauben und wendete eine Gefahr für die junge Kirche ab.

Die Biographie von Augustinus ist besonders im Blick auf die Entwicklung seiner Theologie sehr interessant: Von Anfang an ist sein Leben mit dem Ringen und mit der Auseinandersetzung verbunden. Das beginnt im Kindesalter, als er zwar eine christliche Erziehung genießt, aber doch nicht wirklich dem Christentum zugetan ist. Es gipfelt in seiner Suche nach Weisheit und Erkenntnis, die ihn dann doch über verschlungene Wege zum christlichen Glauben führt. Und es endet in der andauernden Beschäftigung mit Lehren, die diesem Glauben entgegenstehen oder bestimmte Glaubensinhalte unter Abschwächung anderer verabsolutieren. Dahingehend ist es auch zu verstehen, dass das Werk des Augustinus sehr vielschichtig ist, viele unterschiedliche Problemstellungen werden bei ihm reflektiert.

In das Zentrum seines Denkens stellt Augustinus das Subjekt. Diese subjektorientierte Theologie war seinerzeit noch relativ unbekannt, sie war aber aufgrund der detaillierten Pauluslektüre Augustins unausweichlich. Vor allem die Frage nach dem Bösen und dem Übel wurde dahingehend prägend für seine theologische Auseinandersetzung. Besonders im Blick auf die Erbsündenlehre strahlen Augustins Gedanken bis in heutige theologische Diskurse. In der Auseinandersetzung mit Pelagius, der für einen freien menschlichen Willen eintrat, drängte sich die Lektüre von Röm 5,12, die Augustinus dahingehend interpretierte, dass in Adam alle Menschen gleichsam mit ihm gesündigt haben. Alle Menschen sind daher mit der Ursünde befleckt, die mit Adam in die Welt gekommen ist. Im Unterschied zu seinem Kontrahenten Pelagius war Augustinus der Meinung, die Erbsünde würde physisch von Generation zu Generation weitervererbt werden. Daher sind auch alle Menschen mit der Erbsünde belastet. In der Frage nach dem freien Willen des Menschen positionierte sich Augustinus ziemlich eindeutig gegen Pelagius: Augustinus hielt fest, dass es keine absolute Willensfreiheit gebe, da diese durch den Sündenfall eingebüßt wurde.

Der gro?e Konvertit
Bild: ©jorisvo/Fotolia.com

Über viele Jahrhunderte war Augustinus die unausweichliche Autorität im theologischen Diskurs. Der Kirchenlehrer erließ zudem auch Regeln für das christliche Zusammenleben und beschäftigte sich mit Rhythmus und Metren der Musik.

Interessant ist, dass Augustinus eine sehr strikte Prädestinationslehre vertreten hat. Er kannte einerseits jene, die von Anbeginn für das ewige Leben und den Himmel auserwählt waren, aber ebenso jene, die auf ewig von Gott getrennt sind und in der Gottferne leben müssen. Der göttliche Ratschluss allein ist die Grundlage dieser doppelten Prädestination, die auf der Grundlage von Augustinus bis zu den Reformatoren stetig weiterentwickelt und konkretisiert wurde.

Über viele Jahrhunderte war Augustinus die unausweichliche Autorität im theologischen Diskurs. Seine Gedankengänge wurden vielfach rezipiert und bildeten die Grundlage für so manche Auseinandersetzung in der Theologiegeschichte. Erst mit dem Erscheinen einer kritischen Ausgabe seiner Werke wurde die Augustinus-Forschung differenzierter. Dass Augustinus nicht nur Theologe, sondern auch Hirte seines gläubigen Volkes war, zeigt sich daran, dass er Regeln für das christliche Zusammenleben erließ, die später als Kompilation die Augustinusregel bildete. Weitgehend unbekannt ist auch die Schrift "De musica", in welcher sich Augustinus unter anderem mit dem Rhythmus und den Metren der Musik eingehend auseinandersetzt. Daran zeigt sich noch einmal sehr eindeutig die Vielschichtigkeit, mit der man konfrontiert wird, wenn man sich der Person des Augustinus annähert.

Von Fabian Brand