Standpunkt

Auch die Kirche muss die Corona-Pandemie systematisch aufarbeiten

Veröffentlicht am 26.03.2025 um 00:01 Uhr – Von Gabriele Höfling – Lesedauer: 5 MINUTEN

Bonn ‐ Allgegenwärtig sind Forderungen an Politik und Wissenschaft, sich kritisch mit dem eigenen Agieren in der Corona-Pandemie auseinanderzusetzen. Gabriele Höfling meint: Die Kirche dürfe sich da nicht ausnehmen – im Gegenteil, sie müsse voranschreiten.

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Zum fünften Jahrestag des Ausbruchs der Corona-Pandemie werden Forderungen an Politik, Wissenschaft und Medien in Deutschland laut, das Geschehen für ihren jeweiligen Bereich systematisch aufzuarbeiten. Das gilt selbstverständlich auch für die Kirchen.

Um es vorneweg zu sagen: Nein, es soll nicht darum gehen, Sündenböcke oder Schuldige zu finden. Ebenso wenig sollte mit dem Finger auf einzelne Bischöfe, Bistümer oder auf die Politik und die Wissenschaft gezeigt werden. Die Pandemie hat uns unerwartet getroffen. Sicher ist einiges gut gelaufen, aber ganz sicher sind auch Fehler gemacht worden. Anders kann es gar nicht sein angesichts dieser beispiellosen Krise. Aber gerade deswegen ist ein kritisches und ehrliches Zurückschauen Pflicht. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier drückte es kürzlich so aus: Eine Aufarbeitung sei notwendig, um in einer künftigen Pandemie "noch resilienter, noch stärker zu sein" – auch zum Schutz der Demokratie.

Für die Kirchen heißt das, sich bestimmten Fragen zu stellen. Dazu könnten gehören: Waren spirituelle Angebote hilfreich und wie sollten sie in einer künftigen Pandemie aussehen? Ist es generell gelungen, den Menschen in ihrer Krise helfend an der Seite zu stehen? Sollten sich die Kirchen in einer neuen Pandemie gegenüber der Politik ähnlich verhalten wie 2020? Oder hätten sie sich selbstbewusster als Anwalt für kranke und alte, aber auch junge Menschen einsetzen und um das Recht kämpfen müssen, unter Auflagen weiter Gottesdienste zu feiern? War es klug, die Corona-Impfung als moralische Pflicht zu bezeichnen? Wie wäre in einer neuen Pandemie der großen Gefahr der Vereinsamung zu begegnen?

Eine Aufarbeitung mit dem Hinweis auf die Gefahr einer Instrumentalisierung durch rechte Populisten zurückzuweisen, greift zu kurz. Stattdessen könnte die Kirche vorangehen, wo Politik, Wissenschaft und Medien bisher nicht in Bewegung kommen. Sie sollte ein unabhängiges Gremium mit der Corona-Aufarbeitung beauftragen, das nach getaner Arbeit verbindliche Handlungsempfehlungen ausspricht. Als Institution mit einem traditionell hohen moralischen Anspruch stünde der Kirche eine solche ehrliche Aufarbeitung gut zu Gesicht.

Von Gabriele Höfling

Die Autorin

Gabriele Höfling ist Redakteurin bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.