Unschuldige Priester im Straflager

Wie Belarus die katholische Kirche unterdrückt

Veröffentlicht am 30.08.2025 um 12:00 Uhr – Von Oliver Hinz (KNA) – Lesedauer: 

Minsk/München ‐ Acht politische Gefangene starben in Belarus seit 2021 hinter Gittern. Rund 1.300 Menschrechtsaktivisten, Oppositionelle, Journalisten und Geistliche werden in Gefängnissen festgehalten. Nun scheinen sie einen neuen Unterstützer bekommen zu haben.

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Kurz vor seinem Treffen mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin in Alaska hatte Trump den belarussischen Machthaber Lukaschenko angerufen. Seine überraschende persönliche Kontaktaufnahme mit dem Langzeitherrscher in Minsk diente laut Trump dem Zweck, Lukaschenko für die vor einiger Zeit erfolgte Freilassung von 16 Gefangenen zu danken.

Auf der Plattform Truth Social teilte der US-Präsident weiter mit: "Wir diskutieren auch die Freilassung von 1.300 weiteren Gefangenen. Unser Gespräch war sehr gut. ... Ich freue mich darauf, Präsident Lukaschenko in der Zukunft zu treffen." Damit durchbrach Trump die Isolation Lukaschenkos. Bisher erkannten die Vereinigten Staaten und die Europäische Union den Minsker Machthaber wegen massiver Wahlfälschungen zu seinen Gunsten und der brutalen Unterdrückung der Demokratiebewegung nicht als Staatsoberhaupt an.

Staatsmedien feierten Trumps Anruf

Entsprechend groß feierten belarussische Staatsmedien Trumps Anruf bei Lukaschenko. Das Minsker Präsidialamt erklärte, beide Staatschefs wollten ihre Kontakte fortsetzen: "Der belarussische Präsident lud Donald Trump und seine Familie nach Minsk ein. Diese Einladung wurde angenommen". Ob, wann und wo es dazu kommt, ist jedoch unklar.

Das Thema Gefangenenfreilassung wurde auf Lukaschenkos Präsidenten-Website nicht einmal erwähnt. Seine Sprecherin Natalja Ejsmont sagte allerdings: "Was die Verurteilten betrifft, so ging es in dem Gespräch darum, dass der US-Präsident dem belarussischen Staatschef für die Entscheidungen dankte, die in Bezug auf 16 Personen getroffen wurden. Unser Präsident antwortete darauf, dass wir nicht stehen bleiben und weiter in diese Richtung arbeiten."

Bild: ©picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alex Brandon

Auf der Plattform Truth Social teilte der US-Präsident weiter mit: "Wir diskutieren auch die Freilassung von 1.300 weiteren Gefangenen. Unser Gespräch war sehr gut. ... Ich freue mich darauf, Präsident Lukaschenko in der Zukunft zu treffen."

Die belarussische Opposition befürchtet, dass Trump den als letzten Diktator Europas geltenden Lukaschenko legitimiert, ohne dass sich Menschenrechtslage in Belarus verbessert. Lukaschenko – nach eigenen Angaben ein "orthodoxer Atheist" – schrieb Papst Leo XIV. nach dessen Wahl im Mai: "Ich stelle mit Freude fest, dass die Beziehungen zwischen der Republik Belarus und dem Heiligen Stuhl in letzter Zeit von einer positiven Dynamik geprägt sind und dass unsere Vorstellungen von der Lösung der drängenden Probleme der modernen Welt übereinstimmen."

Behörden gehen gegen Kirche vor

Überdies lud er den neuen Papst nach Belarus ein. In dem Land spiele das Christentum seit langem eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben und in der Kultur, fügte er seinen Glückwünschen hinzu. Tatsächlich aber gehen die belarussischen Behörden immer wieder gezielt und hart gegen die katholische Kirche vor, der weniger als zehn Prozent der Bevölkerung angehören. Seit Herbst 2022 wird den Katholikinnen und Katholiken die Nutzung einer bedeutenden Kirche am Unabhängigkeitsplatz in Minsk verboten. Begründet wird dies offiziell mit Sicherheitsmängeln. Das Gotteshaus soll erst 2027, nach Abschluss der Renovierung, wieder der Kirche übergeben werden.

Das belarussische Menschenrechtszentrum Wjasna listet aktuell neben einem orthodoxen Priester auch zwei katholische Pfarrer als politische Gefangene auf: Henryk Akalatowitsch und Andrzej Juchniewicz. Ein Gericht in Minsk verurteilte den römisch-katholischen Priester Akalatowitsch in einem nicht-öffentlichen Prozess zu elf Jahren Haft wegen angeblichen Landesverrats. Welches Staatsgeheimnis der seit November 2023 Inhaftierte verraten haben soll, wurde bisher nicht bekannt.

Spionage-Vorwurf

Vor dem Prozess hieß es inoffiziell nur, der Gemeindepfarrer werde beschuldigt, dem Staat Belarus einen Schaden in Höhe von rund einer Million Euro zugefügt zu haben. Der 65-Jährige ist belarussischer Staatsbürger. Seit 2005 leitet er eine Pfarrei in der Kreisstadt Waloschyn, 75 Kilometer nordwestlich von Minsk. Akalatowitsch erlitt bereits einen Herzinfarkt und musste sich wegen Krebs operieren lassen. Er benötigt daher ständig Medikamente und gute ärztliche Versorgung. Die Sorge ist groß, dass das der Geistliche diese nicht erhält. Ihm sollen anfangs sogar warmes Essen und Kleidung verweigert worden sein.

Akalatowitsch selbst beteuert seine Unschuld. Dennoch wies das oberste Gericht im März seine Berufung ab. Im April schrieb der Priester aus der Haft, er sei beschuldigt worden, "im Auftrag Polens und des Vatikans spioniert zu haben". Er sei aber nie jemandes Spion gewesen, sondern stets ein Diener Gottes. Nach Aussage des Priesters gab es "kein wahres Wort" in der Anklage gegen ihn. Es handele sich um "Lügen, Drohungen und Erpressung". Ende Mai wurde Akalatowitsch in die Liste jener Personen aufgenommen, die an "extremistischen" Aktivitäten beteiligt gewesen sein sollen.

Bild: ©Lisa F. Young/Fotolia.com

Im April schrieb der Priester aus der Haft, er sei beschuldigt worden, "im Auftrag Polens und des Vatikans spioniert zu haben". Er sei aber nie jemandes Spion gewesen, sondern stets ein Diener Gottes.

Vor zwei Wochen berichtete das unabhängige belarussische Portal "katolik.life", dass Akalatowitsch nun in der Strafkolonie 2 in der Großstadt Babrujsk gefangen gehalten werde. Dort leiste er anderen Häftlingen verschiedener Glaubensrichtungen spirituellen Beistand, nehme die Beichte ab und spende Sakramente wie einst der spätere Kardinal Kazimierz Swiatek (1914-2011) in sowjetischer Gefangenschaft. Reguläre katholische Seelsorge gibt es in Haftanstalten in Belarus nicht, auch orthodoxe Gottesdienste sind dort unüblich. Sehr dankbar sei Akalatowitsch für alle Briefe und Pakete, die er bekommen habe, so das Portal.

Vatikan schweigt

Den katholischen Pater Andrzej Juchniewicz verurteilte eine Richterin im April gar zu 13 Jahren Straflager – ebenfalls in einem nicht-öffentlichen Prozess. Ein Berufungsgericht bestätigte Ende Juli die Strafe. Juchniewicz war Vorsitzender der nationalen katholischen Ordenskonferenz. Er selbst erklärte sich für unschuldig. Sein Orden "Oblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria" (OMI) erklärte, Juchniewicz sei aus "politischen Gründen" festgenommen worden. "Ihm wurden zunächst Vorwürfe wegen sogenannter subversiver Aktivitäten und anschließend wegen angeblich begangener Straftaten gemacht", so die Ordensgemeinschaft.

Die katholische Kirche in Belarus ist so sehr eingeschüchtert, dass sie öffentliche Stellungnahmen zu beiden Fällen vermeidet. Weniger verständlich ist, warum der Vatikan schweigt. Seit wenigen Monaten hat der Heilige Stuhl einen neuen Botschafter in Minsk, ebenso Belarus im Vatikan. Zu den Themen, die beide Seiten aktuell miteinander sprechen, dringt nichts Konkretes an die Öffentlichkeit.

Von Oliver Hinz (KNA)