Vom Alpha-Tier bis zum einsamen Wolf
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Zu diesen Mechanismen gehören auch die entsprechenden Typen, ohne deren besonderes Talent der Synodenprozess ein langweiliges Vorlesen von Arbeitspapieren und Standpunkten wäre. Bei der Beobachtung der Synode haben wir einige davon zusammengetragen, der Gerechtigkeit halber in alphabetischer Reihenfolge und in Analogie zu zoologischen Begrifflichkeiten:
Das Alpha-Tier
Ähnlich wie sein Gegenstück in der weltlichen Politik ist auch das bischöfliche Alpha-Tier fast immer in den oberen Rängen der Hierarchie zu finden. Aufgrund seines Durchsetzungsvermögens macht er beinahe zwangsläufig Karriere. Das Alpha-Tier wird Vorsitzender seiner nationalen Bischofskonferenz und/oder Kardinal. Er lässt sich auf dem weltkirchlichen Parkett, sei es auf anderen Kontinenten, sei es in der Zentrale in Rom, häufig blicken. Auch in den politischen Debatten seines Landes meldet er sich oft zu Wort. Bei der Synode merken im Plenum alle auf, wenn er spricht, seinen Namen muss niemand nachschlagen. Außer in seinen Reden transportiert er seine Botschaften auch in Medieninterviews und Hintergrundgesprächen. Der Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Laurent Monsengwo, gehört ebenso in diese Kategorie wie der Münchner Kardinal Reinhard Marx, der honduranische Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, der Mailänder Kardinal Angelo Scola oder der New Yorker Kardinal Timothy Dolan (siehe Titelbild).
Der alte Hase
Er hat schon mindestens ein halbes Dutzend Synoden in Rom erlebt, gilt als Routinier und wird aus seiner Heimat immer wieder gerne "nach Rom geschickt", weil er besser als andere in Fremdsprachen ist oder weil er in Rom studiert hat. Er ist eine ehrliche Haut, bringt sich routiniert ein, debattiert mit, hat aber – anders als das Alpha-Tier – keine außerhalb seines Landes erkennbare kirchenpolitische Agenda. Der litauische Kardinal Audrys Backis zählt ebenso dazu wie der Minsker Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz oder der Kardinal von Barcelona, Lluis Martinez Sistach.
Der Frischling
Der Frischling läuft mit großen, weit geöffneten Augen durch die Synodenaula und freut sich über jeden neuen Kontakt. Der Austausch und das Miteinander in der bunten kulturellen Vielfalt seien spannend und inspirierend, erzählt er gutgelaunt auf dem morgendlichen Weg in die Synodenaula. Ansonsten gibt er sich bedeckt. Medienanfragen beantwortet er lieber erst nach der Synode. Erst mal aufeinander hören und auf den Heiligen Geist achten, das ist seine Devise. Jean-Marie Lovey, Bischof von Sitten in der Schweiz gehört ebenso zu dieser Sorte wie Kapstadts Erzbischof Stephen Brislin oder der Berliner Erzbischof Heiner Koch.
Der alte Fuchs
Anders als der meist unauffällige alte Hase hat er schon manche Schlacht geschlagen und versteht sich noch immer aufs Fährtenlegen und aufs Strippenziehen. Er kann in scheinbar verfahrenen Situationen das entscheidende Stichwort liefern, das den Unterschied macht. Er bringt Gegner miteinander ins Gespräch, und sei es nur indirekt, indem er in der Kaffeepause Aussprüche aus dem einen Lager im anderen Lager referiert. Nie steht er isoliert am Rand, er ist immer da zu finden, wo wichtige Vorentscheidungen fallen. Ein alter Fuchs par excellence ist Angelo Sodano, langjähriger Kardinal-Staatsekretär und als Kardinaldekan noch immer in einer Schlüsselposition unter den Purpurträgern. Auch der höchst effiziente brasilianische Kardinal Raymundo Damasceno Assis, einst Generalsekretär des lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM, gehört dazu.
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Der Paradiesvogel
Durch seine Herkunft oder durch seine Kleidung fällt er aus dem Rahmen. Nicht selten genießt er die Aufmerksamkeit der Mitbrüder oder der Medien, die daraus resultiert. Wenn es der Sache dient, nutzt er den Exoten-Faktor, um auf sich und seine Äußerungen aufmerksam zu machen. Doch hat er letztlich weder eine bedeutende Hausmacht noch das internationale Gewicht, um eine eigene Agenda zu setzen. Erzbischof Peter Loy Chong von den Fidschi-Inseln mag man dazu zählen, aber auch Gregoire III. Laham, den auffällig gewandeten melkitischen Patriarchen aus Damaskus. Ohne die ernste Lage in seiner Heimat zu vergessen, ist er besonders freundlich zu den Journalisten und bringt auch schon mal den Papst dazu, eine Ikone zu segnen.
Die Spinne im Netz
Der Vertreter dieser Spezies hat international und in der vatikanischen Kurie die richtigen Fäden geknüpft und kennt in der Synodenaula viele Gesichter. Anders als das Alpha-Tier kommt er immer nur in den entscheidenden Momenten aus der Deckung und setzt ohne zu poltern den einen, wichtigen Punkt, an dem dann in der Debatte niemand mehr vorbeikommt. Er hat keine erkennbare Gefolgschaft, aber wenn er spricht, erntet er vielfach zustimmendes Kopfnicken. Der aus Australien stammende Präfekt des vatikanischen Wirtschaftsrates, Kardinal George Pell, agiert so, aber auch der Kardinal von Washington, Donald Wuerl.
Die traurige Krähe
Er ist der Unglücklichste unter den Synodenbischöfen. Zuhause tobt gerade eine schwere politische Krise, ein Bürgerkrieg, eine Hungersnot. Und er muss drei Wochen in Rom verbringen, weil er gewählt wurde oder von Amts wegen dazu verpflichtet ist. Also nutzt er die Synode wenigstens, um laut rufend auf die schlimmen Verhältnisse in seiner Heimat aufmerksam zu machen und damit dann doch noch etwas Wichtiges zu bewirken. Ignace Youssif III. Younan, im Libanon residierender syrisch-katholischer Patriarch, zählt dazu. Mit Appellen wie "Der Westen hat uns vergessen", macht er auf die alarmierende Situation für Christen an den verschiedenen Krisenherden in Nahost aufmerksam. Ähnlich geht es den anwesenden katholischen Patriarchen der Chaldäer, der Maroniten und anderen Vertretern des im Exodus-Modus befindlichen nahöstlichen Christentums.
Themenseite: Familiensynode
Vom 4. bis 25. Oktober 2015 tritt die XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode unter dem Thema "Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute" zusammen. Die Themenseite bündelt die Berichterstattung von katholisch.de zur Synode.Der einsame Wolf
Als echter Überzeugungstäter schielt er nicht auf Koalitionen, Beifall und Mehrheiten. Er markiert seine Positionen, komme es gelegen oder ungelegen. In der Debatte wirbt er unbeirrt für seine Thesen und zeigt dabei auch schon mal die scharfen Zähne. Vor harten Vergleichen scheut er nicht zurück. Die Gebote der politischen Korrektheit zu übertreten, bereitet ihm kein erkennbares Unbehagen. Zu den bekanntesten Vertretern dieser Spezies gehören der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper sowie am anderen Ende des kirchenpolitischen Spektrums Kardinal Carlo Caffarra (Bologna) und der afrikanische Kurienkardinal Robert Sarah.