Ausflugstipps in den deutschen Bistümern

Wallfahrten, Pilger und ein finsterer Brauch

Veröffentlicht am 17.08.2024 um 12:00 Uhr – Von Christoph Paul Hartmann und Steffen Zimmermann – Lesedauer: 
Sommerserie: Teil VII

Berlin ‐ In unserer Sommerserie stellen wir kirchliche Ausflugsziele in den deutschen Bistümern vor, die etwas abseits ausgetretener Touristenpfade liegen und nicht viel Geld kosten. In dieser Folge präsentieren wir ausgewälte Orte im Erzbistum Paderborn und den Bistümern Erfurt, Fulda und Magdeburg.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Bistum Erfurt: Wallfahrtsorte im Eichsfeld

Wer schon einmal im Eichsfeld war, weiß, dass die Region im Herzen Deutschlands landschaftlich und kulturgeschichtlich äußert reizvoll ist. Geprägt von sanften Hügeln, Wäldern und beeindruckenden Burgen lässt das Eichsfeld die Herzen von Natur- und Mittelalterfans höherschlagen. Doch auch aus katholischer Sicht hat die Region im Dreieck zwischen dem hessischen Eschwege, dem niedersächsischen Göttingen und dem thüringischen Nordhausen jede Menge zu bieten. Schließlich ist das Eichsfeld einer der katholischsten Flecken Ostdeutschlands.

Das zeigt sich unter anderem an der hohen Dichte an Wallfahrtsorten. Von 18 Wallfahrtsorten, die auf der Internetseite des Bistums Erfurt verzeichnet sind, liegen 14 im Eichsfeld. Viele davon lohnen einen Besuch oder können als Ausgangspunkt für eine Wanderung dienen. Eine besonders schöne Strecke führt dabei über gut 11 Kilometer von der kleinen Wallfahrtskirche Klüschen Hagis bei Wachstedt auf bewaldeten Höhen und über Felder bis zum Hülfensberg, dem "heiligen Berg" des Eichsfelds. Auf dem Berg befindet sich ein Franziskanerkloster, das Gäste gerne zu Gottesdiensten und zum Mitleben einlädt.

Einen Abstecher wert ist auch die Wallfahrtskapelle Etzelsbach bei Steinbach, die 2011 durch den Besuch von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) internationale Bekanntheit erlangte. Das Kirchenoberhaupt feierte damals auf einem Feld in der Nähe der Ende des 19. Jahrhunderts errichteten Kapelle St. Mariä Himmelfahrt mit rund 90.000 Gläubigen eine Marienvesper – der emotionale Höhepunkt des päpstlichen Deutschlandbesuchs.

Wer den Ausflug ins Eichsfeld mit einem ökumenischen Akzent abschließen möchte, dem sei noch ein Besuch bei der Jesus-Bruderschaft und dem von ihr genutzten Christuspavillon im Kloster Volkenroda östlich von Mühlhausen (und damit schon außerhalb des Eichsfelds) empfohlen. Die Begegnungsstätte bietet Gästen den Sommer über ein vielfältiges Programm mit Lobpreisabenden, Konzerten, Pilgerwanderungen – und einem Bierbrau-Seminar.

Bild: ©picture alliance/Bildagentur-online/Celeste

Die Kirche St. Peter in Petersberg bei Fulda.

Bistum Fulda: Viel Geschichte und ein gruseliger Brauch

Ihre Gewölbe und Wandmalereien gehören jeweils zu den ältesten erhaltenen Deutschlands: Die kleine Bergkirche St. Peter in Petersberg bei Fulda mag unscheinbar aussehen, sie ist aber ein Ort mit langer (Glaubens-)Geschichte.

Erbaut wurde die heutige Kirche in den 830er Jahren, bei ihrer Weihe gelangten Gebeine der heiligen Lioba aus der Fuldaer Stiftskirche hierher. Dorthin kamen sie aber zu einem unbekannten Zeitpunkt auch wieder zurück. Zurück blieb ein leerer Sarkophag, der ein Ort der Wunderheilungen wurde. Es etablierte sich der Brauch, dass Mütter die Kleider ihrer kranken Kinder in den Sarkophag legten – und ganz kurz auch die Kinder selbst. So sollte die heilige Lioba um Hilfe gebeten werden. Für die betreffenden Kinder war das aber mit einem gehörigen Schrecken verbunden, viele schrien. So bekam der leere Sarkophag den Beinamen "Schreistein". Erst 1915 endete diese kuriose Praxis durch ein Verbot des damaligen Pfarrers. Mittlerweile gibt es auch wieder Reliquien der Heiligen dort: Ihr Schädel kam 1995 auf den Petersberg.

Lange gehörte die Kirche zu einem Kloster, bis dieses Anfang des 19. Jahrhunderts aufgehoben und die meisten Klostergebäude abgerissen wurden. Erst 2007 siedelten sich hier wieder Nonnen an.

Heute sorgt neben der bewegten Geschichte auch die malerische Lage des Kirchleins dafür, dass sie ein gelungenes Ziel für einen Sonntagsausflug ist. Seit 2016 können sich Besuchende durch eine Multimedia-Ausstellung mit der Geschichte des Ortes und der heiligen Lioba bekannt machen. Von dem Fuldaer Hauptbahnhof aus ist der Petersberg in einer Viertelstunde mit dem Bus erreichbar.

Bild: ©Frank/Fotolia.com

Der Naumburger Dom St. Peter und Paul in Naumburg ist die ehemalige Kathedrale des Bistums Naumburg und stammt größtenteils aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Er gehört zu den bedeutendsten Bauwerken der Spätromanik in Sachsen-Anhalt und ist eine Station an der Straße der Romanik.

Bistum Magdeburg: Wandern auf dem Jakobsweg

Wer das Stichwort "Jakobsweg" hört, denkt wohl unwillkürlich an Spanien und den dortigen Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Doch so weit muss man nicht reisen, um selbst ein Stück auf dem wohl bekanntesten Pilgerweg der Welt zu laufen. Schließlich zieht sich das Netz der Jakobswege durch halb Europa – und auch durch das Bistum Magdeburg. Fast 400 Kilometer schlängelt sich der Jakobsweg von Großwulkow im Norden der Diözese über Stendal, Magdeburg, Halberstadt, Quedlinburg und Lutherstadt Eisleben bis Eckhardtsberga im Süden.

Wer den Jakobsweg im Bistum Magdeburg ganz oder auf einzelnen Etappen in Angriff nimmt, kann wunderbare und zur Erholung einladende Natur erleben und eine Fülle an ebenso sehenswerten wie historisch bedeutsamen Kirchengebäuden kennenlernen. Neben eher bekannten Gotteshäusern wie dem zum Weltkulturerbe zählenden Naumburger Dom St. Peter und Paul oder der eng mit Martin Luther verbundenen Andreaskirche in Eisleben gibt es auch viele weitgehend unbekannte Kirchen und Kapellen zu entdecken. Dazu zählen etwa die Johanniskirche in Schönebeck-Salzelmen, die als epochenübergreifendes Bauwerk mehrere Baustile in sich vereint, und St. Marien in Freyburg, die in enger Anlehnung an den zeitgleich entstandenen Naumburger Dom errichtet wurde und deren Erscheinungsbild heute von einer Verbindung romanischer und gotischer Elemente geprägt ist.

Umfassende Informationen zum Jakobsweg in Sachsen-Anhalt wie den genauen Verlauf des Wegs, Empfehlungen für Tagestouren sowie die wichtigsten Kirchen und Kapellen an der Strecke bietet die Internetseite jakobusweg-sachsen-anhalt.de, die von der St. Jakobus-Gesellschaft Sachsen-Anhalt betrieben wird. Die Anreise hängt natürlich vom jeweiligen Startort ab, Magdeburg und die anderen größeren Städte entlang des Pilgerwegs sind aber gut mit Zügen und Bussen erreichbar. Und wer dann unterwegs ist, kann auch noch einige interessante Zwischenstationen einlegen. Ganz besonders lohnt etwa das 2018 eröffnete Dommuseum Ottonianum in Magdeburg einen Besuch.

Die zwei Türme der Werler Wallfahrtsbasilika.
Bild: ©sehbaer_nrw – stock.adobe.com

Zwischen 1904 und 1906 wurde die Werler Wallfahrtsbasilika gebaut.

Erzbistum Paderborn: Ein Wallfahrtsbild mit vielen Stationen

Das Werler Gnadenbild hat bereits eine bewegte Geschichte hinter sich. Die Holzfigur einer sitzenden Madonna mit Kind stammt wahrscheinlich aus dem Rheinland des 12. Jahrhunderts, nach Werl kam sie durch einen Handel. So sagt es jedenfalls die Legende: Die Soester Bürger, bei denen das Gnadenbild im 17. Jahrhundert war, hatten entgegen den Regeln im Arnsberger Wald gejagt - das durfte aber nur der Erzbischof von Köln. Im Gegenzug forderte er von Soest das Gnadenbild und gab es nach Werl.

Den Soestern wird der Handel nicht weh getan haben. Denn die Wiesenkirche, in der das Gnadenbild ursprünglich stand, war mit der Reformation evangelisch geworden. Für ein Wallfahrtsbild hatte man dort keine Verwendung mehr und die Madonna deshalb in einen Lagerraum verbracht.

In Werl dagegen entstand im 17. Jahrhundert die erste Wallfahrtskirche, die bald zu klein wurde. Deshalb wurde sie Ende des 18. Jahrhunderts durch eine neue Kirche ersetzt. Doch auch diese wurde bald zu klein, sodass es um 1900 Pläne gab, die alte Kirche abzureißen und neu zu bauen. Doch dagegen regte sich Widerstand, sodass die alte Kirche bleiben durfte und die neuromanische Basilika danebengesetzt wurde.

Seitdem gibt es in Werl zwei sehr unterschiedliche Kirchen, die nicht einmal zehn Fußminuten vom Werler Bahnhof entfernt sind: Einmal die große, feierliche Basilika mit dem Gnadenbild und daneben das barocke Kleinod. Die beiden Türme der Basilika sind eine Landmarke, die alte Kirche dagegen heute eher ein Ort stiller Einkehr. Beide gehören zusammen bei dieser traditionsreichen Wallfahrt, die 2011 ihr 350-jähriges Jubiläum feierte. Von dieser langen Geschichte zeugt im Inneren der Basilika nicht zuletzt eine Vitrine mit Votivgaben. Kleine Zeugnisse des großen Glaubens.

Von Christoph Paul Hartmann und Steffen Zimmermann