Die Veränderungen durch die Liturgiereform

Gläubige einbeziehen

Veröffentlicht am 07.01.2015 um 00:01 Uhr – Von Norbert Zonker (KNA) – Lesedauer: 
Die Teilnehmer eines Gottesdienstes auf dem Katholikentag in Mannheim 2012 halten sich beim Vaterunser an den Händen.
Bild: © KNA
Dossier: Zweites Vatikanisches Konzil

Bonn ‐ Wohl keine Entscheidung des Zweiten Vatikanischen Konzils hat die katholische Kirche so sehr verändert wie die von ihm in Gang gebrachte Liturgiereform. Es kam sogar zu "kreativen" Übertreibungen beim Ausprobieren neuer Gottesdienstformen und zu Korrekturen.

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Den unter 50-Jährigen ist kaum noch bewusst, wie die Messfeier vor dem Konzil ablief. "Vielfach 'las' - wie es hieß - der Priester die Messe am Altar in Latein mit dem Rücken zum Volk, und nur die Ministranten antworteten ihm", erinnerte sich der Magdeburger Bischof Gerhard Feige bei der jüngsten Bistumswallfahrt seiner Diözese. "Die anderen Gläubigen beteten stattdessen den Rosenkranz, verfolgten das Geschehen in handlichen Messbüchern oder sangen dazu Lieder. Es gab auch sogenannte 'Winkelmessen', die still und privat nur vom Priester allein vollzogen wurden und oftmals nur wenige Minuten dauerten", so der Magdeburger Bischof.

In großen Kirchen konnten mehrere Priester gleichzeitig an den verschiedenen Altären ihre eigene Messe feiern. Die Hochämter am Sonntag, so Feige weiter, waren feierlicher. Doch vielerorts wurde auch dabei den Gläubigen nicht die Kommunion ausgeteilt. Die "Konstitution über die heilige Liturgie" (nach den Anfangsworten auch unter dem Titel "Sacrosanctum Concilium" bekannt) war der erste Beschluss, den das Konzil bereits am 4. Dezember 1963 verabschiedete. Vorausgegangen waren heftige Diskussionen, doch am Ende stimmten 2.147 Bischöfe mit Ja und nur 4 mit Nein. Am selben Tag approbierte Papst Paul VI. das Dokument und schuf damit die Grundlage für die weltweite Umsetzung, die freilich noch mehrjährige Vorarbeiten erforderte. Das neue römische Messbuch wurde dann am 26. März 1970 von Paul VI. veröffentlicht.

"Mit geistlichem Gewinn" am Gottesdienst teilnehmen

Ziel der Reform war mit den Worten des Konzils, "dass die Gläubigen bewusst, tätig und mit geistlichem Gewinn" am Gottesdienst teilnehmen. Dazu wurde der "Gebrauch der Muttersprache" und weiterer Eigenheiten in den verschiedenen Kulturen zugelassen, die Ordnung der Lesungen aus dem Alten und Neuen Testament grundlegend überarbeitet und erweitert und neben dem Gregorianischen Choral "anderen Arten der Kirchenmusik" und des "religiösen Volksgesangs" Raum gegeben.

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Video: © Mediaplus X und Bernward Medien

Was ist eine Messe? - Ein Beitrag der Video-Serie "Katholisch für Anfänger".

Ausdrücklich empfohlen war vom Konzil die "vollkommenere Teilnahme" der Gläubigen an der Messe durch den Empfang der Kommunion, der nun auch Laien "unter beiden Gestalten" erlaubt wurde. Ein sichtbarer Ausdruck des neuen Liturgieverständnisses war zudem die - im Konzilstext freilich nicht erwähnte - Wendung des Altars zum Volk hin, was zu vielen Umbauten der Kirchen in den Folgejahren Anlass gab.

Die Neuerungen, die von der übergroßen Mehrheit des Kirchenvolkes begeistert aufgenommen wurden, waren lange vorbereitet worden. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich eine "liturgische Bewegung" innerhalb der katholischen Kirche herausgebildet, die die Erstarrung der "tridentinischen" Liturgie überwinden wollte.

"Kreative" Übertreibungen

In der Euphorie der Nachkonzilszeit kam es freilich auch zu "kreativen" Übertreibungen beim Ausprobieren neuer Formen, die den Gegnern der Reform manche Munition lieferten. Die Deutsche Bischofskonferenz resümierte in einem Pastoralen Schreiben zum 40. Jahrestag des Konzilsbeschlusses: "Nicht alles, was versucht wurde, hat sich dabei als sinnvoll erwiesen. Manches musste auch im Laufe der Zeit korrigiert werden." Dabei hatte das Konzil selbst ausdrücklich verfügt, kein Priester dürfe "nach eigenem Gutdünken in der Liturgie etwas hinzufügen, wegnehmen oder ändern".

Auch hatten viele der Konzilsväter wohl nicht damit gerechnet, dass der Gebrauch der lateinischen Sprache weitgehend durch die Muttersprachen verdrängt werden würde. 50 Jahre nach Konzilsbeginn wünschen sich freilich außer der Piusbruderschaft nur wenige Katholiken die alten Verhältnisse zurück. Die Liturgiereform zählt zu den großen Erfolgen des Konzils.

Von Norbert Zonker (KNA)