Zweites Corona-Ostern: Ein gemeinsamer Hoffnungsmoment gegen die Angst
Noch eine Woche Fastenzeit. In den vergangenen Wochen war man mehr oder weniger erfolgreich dabei, die eigenen Fastenvorhaben durchzuhalten. Nach der anfänglichen Umgewöhnung hat es sich inzwischen eingespielt, dass vor dem Fernseher keine Süßigkeiten mehr stehen oder man gleich gar nicht mehr davor sitzt. Aber kurz vor dem Ziel wird man ungeduldig. Beim Bäcker duften schon die Osterbrote und in den Geschäften glänzen die Goldhasen. Wenige Tage vor Ostern kann man es plötzlich kaum mehr erwarten.
Eine ähnliche Gefühlslage erzeugt der aktuelle Stand der Corona-Pandemie. Man hat sich daran gewöhnt, immer eine Maske dabei zu haben. Inzwischen haben die Impfungen begonnen, die Teststrategien werden verbessert, ein Ende ist in Sicht. Aber bis dahin kündigt die Politik einen hoffentlich letzten "Pandemie-Marathon" an. Noch einmal durchhalten, bis sich das Leben wieder ganz durchsetzen kann.
Ostern als Übergang "von der Angst zum Vertrauen"
Die Ungeduld vereint das nahende Ende der Fastenzeit und die Gemütslage mit Blick auf Corona, bei der Pandemie kommt jedoch noch ein anderes Gefühl hinzu: Angst. Angst, ob es überhaupt wieder so wird wie vorher, Angst um geliebte Menschen und schließlich Angst um das eigene Leben.
2019, als die Osternacht noch ganz normal gefeiert werden konnte, sagte Papst Franziskus in seiner Predigt, dass Ostern der Übergang "von der Angst zum Vertrauen" sei. Vor zwei Jahren hatte dieser Satz noch einen weniger existentiellen Klang als heute. Wie schlecht sich Vertrauen einfach "machen" lässt, wie schnell stattdessen Zweifel und Ängste kommen, macht die Krisenzeit besonders deutlich.
Schon die Auferstehungsgeschichte im Lukasevangelium stellt den Menschen in dieser Spannung zwischen Hoffnung und Angst dar. Die Frauen, die Jesus bis zu seinem Tod begleitet haben, gehen zu seinem Grab. Dort treffen sie zwei Engel, Botschafter Gottes, die sie fragen, warum sie den Lebenden bei den Toten suchen. Weiter heißt es: "Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden. Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: Der Menschensohn muss in die Hände sündiger Menschen ausgeliefert und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen. Da erinnerten sie sich an seine Worte." (Lukas 24,6-8)
Ausgerechnet die Menschen, die den ganzen Tag an Jesu Lippen hingen, müssen an seine Worte erinnert werden. Ausgerechnet sie haben nicht mehr auf einen guten Ausgang vertraut und die Hoffnung aufgegeben. Die Frauen haben sicher nicht einfach vergessen, was Jesus gesagt hat. Die grausamen Erlebnisse der vergangenen Tage haben eine tiefe Angst in ihnen ausgelöst, die sie an nichts anderes mehr denken ließ: Angst um Jesus, Angst um die Menschen, die ihm gefolgt sind, Angst um sich selbst.
Hoffnungsmomente wie Schätze bewahren
Vielen Menschen geht es heute ähnlich. In der Ungewissheit der Krise sehnen sie sich nach lichten Hoffnungsmomenten, die neues Vertrauen schenken, so wie die Engel bei den Frauen Hoffnung ausgelöst haben. Die biblischen Geschichten zeigen: Die frohe Botschaft ist immer da, nur fällt es den Menschen schwer, entgegen der äußeren Umstände zu hoffen und zu vertrauen. Deswegen ist es so wichtig, sich für schwere Zeiten die bisher erlebten Hoffnungsmomente zu bewahren wie Schätze. Für diese geistliche Strategie gibt es prominente Beispiele in der Geschichte der Spiritualität.
Im Nachlass der großen spanischen Mystikerin Teresa von Avila (1515-1582) fand man einen Text, den sie bei sich trug, um sie an ihre eigene Einsicht zu erinnern: "Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken. Alles vergeht – Gott ändert sich nicht. Geduld erreicht alles. Wer Gott besitzt, dem mangelt nichts. Gott allein genügt."
Der französische Wissenschaftler Blaise Pascal (1623-1662) hatte in seinem Mantel einen Zettel eingenäht, der ein mystisches Erlebnis festhielt: "Seit ungefähr abends zehneinhalb bis ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht. Feuer. Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, nicht der Philosophen und Gelehrten. Gewissheit, Gewissheit, Empfinden: Freude, Friede."
Gerade weil selbst für diese Mystiker die Erfahrung von Gewissheit, Glaube und Hoffnung nicht alltäglich war, waren diese Momente für sie so kostbar, dass sie sie aufgeschrieben haben.
Die Feier der Auferstehung Jesu, das Osterfest, ist gleichsam ein kollektiver Hoffnungsmoment. Die Heilsgeschichte Gottes, der in Jesus den Tod, den Ursprung aller menschlichen Angst, überwunden hat, ist eingenäht in den Stoff des gemeinschaftlichen Gedächtnisses der Christen. Selbst, wenn ich es gerade allein nicht fühlen kann, kann ich etwas von diesem Licht in mir aufnehmen. Es strahlt aus der Hoffnung anderer, aus Texten, aus Bildern, aus dem Gottesdienst, aus Begegnungen.
Corona-Ostern kann Kraftquelle für Monate der Pandemie sein
Dieses zweite Corona-Ostern als gemeinsame Erinnerung an den Grund unserer Hoffnung zu erleben, kann eine Kraftquelle für die letzten Monate der Pandemie sein, selbst dann, wenn mir selbst die Zuversicht fehlt. So, wie die Frauen nicht mit dem lebendigen Jesus gerechnet haben, kann auch ein totgeglaubter, von Ängsten überdeckter Glaube wieder lebendig werden.
Ein praktischer Vorschlag zum Schluss, der helfen kann, sich auf diesen österlichen Hoffnungsmoment vorzubereiten. Gestalten Sie eine Osterkerze oder, etwas weniger aufwendig, schreiben Sie einen Bibelvers ab, der von der Auferstehung spricht. Bei der Wahl des Motivs oder des Spruchs höre ich in mich hinein: Was habe ich für eine Sehnsucht? Welches Bild passt in meine Situation? Welche Zusage brauche ich gerade? Wer möchte, lässt dazu meditative Musik spielen, zum Beispiel "Nada te turbe" ("Nichts soll dich ängstigen") aus Taizé.
Die Autorin
Theresia Kamp hat Theologie und Romanistik studiert. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Pastoraltheologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Sie schreibt regelmäßig für verschiedene christliche Medien.