So blickt die Weltkirche auf die Synode – Teil 5: Uganda

Synodenorganisator Bwangatto: Führung und Autorität sind entscheidend

Veröffentlicht am 18.03.2023 um 00:01 Uhr – Von Ambrose Bwangatto – Lesedauer: 
Weltsynode zur Synodalität

Bonn ‐ Ambrose Bwangatto ist Geschäftsführer des synodalen Prozesses in der Erzdiözese Kampala. Er berichtet über seine Erfahrungen mit dem synodalen Prozess in Uganda. Seine wichtigste Erkenntnis: Autorität und Führung sind entscheidende Zukunftsfragen für die Kirche.

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Der synodale Konsultationsprozess der Kirche Ugandas war tatsächlich synodal ausgerichtet. Er bezog Gemeinden, katholische Einrichtungen und Organisationen auf den unterschiedlichsten Hierarchieebenen mit ein. Die Kirche in Uganda erhielt dafür viel Zuspruch. Wenn wir eine synodale Kirche aufbauen wollen, müssen wir Christen unsere Einstellung und unsere Denkweise ändern. Es liegt noch ein weiter Weg vor uns.

Der synodale Prozess hat bei uns vielfältigste Emotionen ausgelöst. Sie reichten von begeistert über verunsichert bis hin zu zynischen Bemerkungen. Aber eine Mehrzahl der Teilnehmenden an den Vorbereitungstreffen waren Papst Franziskus dankbar für die Möglichkeit, aussprechen zu können, was sie bewegt und mit Sorgen erfüllt. Sie empfanden es als belebende Erfahrung, in der Gemeinschaft mit anderen die Gegenwart Gottes zu spüren.

Gemeindepfarrer sollen Laien respektvoller behandeln

Als wichtigster Themenkomplex der Beratungen kristallisierte sich der Themenkomplex Autorität und Führung in der Kirche heraus. Wir diskutierten, wie in unserer Ortskirche in Uganda Autorität ausgeübt, wie Führungsaufgaben wahrgenommen und wie Entscheidungsprozesse innerhalb der Amtskirche verbessert werden können. Die Teilnehmenden der Gespräche berichteten Unterschiedliches. So wurden etwa an einem Teil der Geistlichen autoritäres Verhalten, wenig Bereitschaft, den Menschen zuzuhören oder eine bloße Konzentration auf liturgische Vollzüge kritisiert. Während andere Teilnehmende von engagierten, fleißigen und gewissenhaften Priestern und Bischöfen berichteten.

Dr. Ambrose Bwangatto ist Priester
Bild: ©missio / Projektpartner

Ambrose Bwangatto ist Priester und Leiter der Päpstlichen Missionswerke der Erzdiözese Kampala in Uganda. Derzeit lehrt er dort Missionstheologie am Priesterseminar St. Mbaaga’s. Er wurde zum Geschäftsführer des synodalen Prozesses in der Erzdiözese Kampala zur Vorbereitung der Weltbischofssynode beauftragt.

Die Teilnehmenden an den Beratungsprozessen entwickelten aber auch schon Vorschläge, wie Entscheidungsprozesse innerhalb der Amtskirche verbessert werden können. Das ist ein wichtiger Ertrag des diözesanen Vorbereitungsprozesses. Sie sprachen sich dafür aus, bei Entscheidungen in der Amtskirche die Lehren des Evangeliums als Maßstab zu nehmen und den unterschiedlichen Gremien auf unterschiedlichen amtskirchlichen Ebenen mehr und umfassende Entscheidungsbefugnisse zu erteilen. Gemeindepfarrer sollten Laien besser und respektvoller behandeln. Die Meinungen anderer sollten gehört und respektiert werden. Die Anforderungen für die Besetzung von Führungspositionen sollten überarbeitet und entsprechende Befugnisse besser auf verschiedene Führungsebenen verteilt werden. Höherrangige Kirchenvertreter sollten die Vorschläge der Gremien und der Laien ernst nehmen und die gefassten Beschlüsse umsetzen, damit alle das Gefühl haben, dass ihre Stimmen gehört werden.

Priester und Bischöfe müssen die schwierige Lebensrealität der Gläubigen besser wahrnehmen

Einige Christen sagten, dass die Kirche die Probleme ihres Lebens im konkreten Alltag, die sie belasten, zu wenig sehen und ernstnehmen. Die Gläubigen erhalten nicht die Möglichkeit, ihre Ansichten zu äußern. Damit sie ihrer Aufgabe besser gerecht werden können und wissen, was an der Basis vor sich geht, sollten vor allem Geistliche den Gläubigen häufiger in deren Lebenswirklichkeit begegnen. Kurz: Das Volk Gottes will besser in die Entscheidungsprozesse der verschiedenen Hierarchieebenen eingebunden werden und seine Vertreter in kirchlichen Gremien mehr selbst wählen können.

In diesem Zusammenhang forderten die Teilnehmenden der diözesanen Vorbereitungstreffen in erster Linie eine stärkere Aus- und Weiterbildung aller Christinnen und Christen der Kirche in Uganda, um sich diesen Herausforderungen stellen zu können.   

Eine bessere Seelsorge für nicht nicht-eheliche Lebensgemeinschaften oder Homosexuelle

Die Synodenteilnehmer befassten sich auch mit der Frage, was einer aktiven Beteiligung an der Sendung der Kirche entgegensteht. Ausgangspunkt war die Frage: Was hindert uns daran, an der Sendung der Kirche mitzuwirken? Die Ergebnisse dieser Beratungen bedürfen grundlegender Überlegungen. Einige der vertretenen Ansichten deuten darauf hin, dass viele Christen ihre Berufung zum Glauben nicht wirklich verstehen, dass Missionsarbeit nicht unterstützt wird, oder dass umgekehrt Gläubige, die sich in der Kirche engagieren wollen, dort gar nicht willkommen sind. Viele Teilnehmende berichteten, dass sie überhaupt nicht informiert werden, wie sie sich an der pastoralen Arbeit beteiligen können und dass ihnen überhaupt keine Verantwortung übertragen wird. Manche beklagten, dass bestimmte pastorale Bereiche wie die Seelsorge beispielsweise für nichteheliche Lebensgemeinschaften oder für Homosexuelle, die kindgerechte Glaubensvermittlung oder die Berufungspastoral vernachlässigt werden. Es bräuchte auch mehr Begleitprogramme für Priester, Ordensleute und Priesterseminaristen, die Schwierigkeiten mit ihrer Berufung haben, ihr Priesteramt aufgegeben haben oder aus dem Seminar ausgeschieden sind. In diesem Zusammenhang wiesen Gläubige zudem darauf hin, dass Priester, die Kinder zeugen, für das materielle, soziale, emotionale und geistliche Wohl dieser Kinder auch die Verantwortung übernehmen müssten.

Wie gehen Gläubige, Priester und Bischöfe mit Meinungsverschiedenheiten und Vielfalt um?

Breiten Raum in unserem diözesanen Vorbereitungstreffen für die Weltbischofssynode nahmen auch die Themen Umgang mit Meinungsverschiedenheiten und Vielfalt in der Kirche in Uganda breiten Raum ein.

Ein Blick in die Weltkirche

Das Arbeitsdokument für die Bischofssynode zeigt – wie wohl noch kein Vatikan-Papier zuvor –, wie divers und vielfältig Katholiken in aller Welt leben. Priesterkinder, Frauenweihe und polygame Beziehungen sind nur einige Stichworte, die sich in dem Bericht wiederfinden.

Dabei möchte ich zunächst festhalten: Vielen Gläubigen wurde erst jetzt bewusst, dass sie in ihrem Alltag ja schon Formen von synodal geprägtem Umgang miteinander erleben, die Menschen aus unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten in der Kirche verbinden. Sie konnten eine synodale Haltung der Menschen beispielsweise in Versammlungen von Vereinen, in kleinen christlichen Gemeinschaften, Teilgemeinden und kirchlichen Gruppen oder Kirchenchören entdecken.

Dennoch beschäftigte viele der Teilnehmenden in den Vorbereitungstreffen, wie sie mit Vielfalt, Meinungsverschiedenheiten und Streit in ihren Gemeinden und der Kirche umgehen können. Viele wiesen auf den Mangel hin, dass es innerhalb der Kirche "kein wirksames Verfahren" zur Konflikt- und Streitbeilegung gibt. Es bestand allgemeiner Konsens darüber, dass Auseinandersetzungen zwischen Gläubigen auf der Grundlage kirchlicher Regeln und Verfahren auf der Gemeindeebene beigelegt werden müssen und dass strittige Angelegenheiten nach einem gescheiterten Klärungsversuch an die nächsthöhere Ebene verwiesen werden müssen.

Es gibt Situationen, in denen Konflikte aus falscher Rücksichtnahme verschwiegen werden

Die Teilnehmenden berichteten auch von Situationen, in denen Konflikte aus falscher Rücksichtnahme oder aus Angst verschwiegen wurden, zum Teil auch dann, wenn sich die Anschuldigungen gegen Personen in Führungspositionen richteten. Die Fälle wurden dann zum Schutz einzelner Personen unter den Teppich gekehrt. Soziale und kulturelle Ungleichheit führen dazu, dass insbesondere höhergestellte Personen, die im Unrecht sind, nicht zuhören, wenn Missstände zur Sprache gebracht werden. In einigen Fällen wurden Opfer und Schutzbedürftige gezwungen zu schweigen, indem ihnen damit gedroht wurde, dass ihre Aussagen ihren Familien Schande bringen würden.

In unserer Kirche werden Probleme größtenteils einvernehmlich geregelt, aber einige Konflikte werden nicht angemessen behandelt, was die betroffenen Laien, Geistlichen und Ordensleute betrübt zurücklässt. Die Gläubigen müssen lernen, wie man kommuniziert, wie man zuhört und wie man die besprochenen Themen nachverfolgt. Kommunikationstrainings könnten dazu beitragen, dass die Menschen einander besser zuhören und sich gegenseitig respektieren. Gemeindepfarrer müssen noch umfassendere Kommunikationstrainings absolvieren, damit sie den Herausforderungen ihres Amtes gewachsen sind, kompetent seelsorgliche Gespräche führen und innerhalb der Gemeinde für Ausgleich sorgen können. Die Gläubigen wünschen sich Transparenz, offene Aussprache und gegenseitige Unterstützung.

Das Volk Gottes muss wesentlich besser am liturgischen Leben teilnehmen können

Die Synodenteilnehmer waren sich darüber einig, dass die Liturgiefeier für den Aufbau der Gemeinschaft des Volkes Gottes von zentraler Bedeutung ist. Die Liturgie stiftet Gemeinschaft. Deshalb muss sie im Leben der Kirche eine Vorrangstellung einnehmen. Die Leitfrage lautete hier: Auf welche Weise inspirieren und orientieren das Gebet und die Feier der Liturgie Leben und Sendung in unserer Gemeinschaft? Die Synodenteilnehmer machten einige Vorschläge für eine fruchtbare Feier der Liturgie und Teilhabe an der Sendung der Kirche. Nach ihrer Auffassung sind der Empfang der Sakramente und die Nächstenliebe verbindende Elemente, die die Gemeinschaft der Christen zusammenhalten. Die Teilnehmenden wiesen darauf hin, dass die Liturgiefeier das verbindende Element innerhalb der Kirche bleiben muss. Darüber hinaus gab es allgemeine Äußerungen: Die Kirche sollte Laien ermutigen, auf allen kirchlichen Ebenen aktiv an der Liturgiefeier mitzuwirken, und sie auf diese Aufgabe vorbereiten. Gemeindepfarrer sollten ihre Predigten gut vorbereiten und sich dabei vor allem auf das Evangelium sowie auf den gesellschaftlichen und kulturellen Kontext beziehen. Um eine intensive Teilhabe des Volkes Gottes an der Liturgie zu gewährleisten, muss die Erwachsenenkatechese gefördert und den Kindern die zentrale Bedeutung des Opfers der Eucharistie vermittelt werden.

Ich komme zum Schluss. Wenn wir eine synodale Kirche aufbauen wollen, müssen wir Christen unsere Einstellung und unsere Denkweise ändern. Es liegt noch ein weiter Weg vor uns. Eine drängende Frage bleibt jedoch offen: Wird sich die Kirche in Uganda jemals diesen synodalen Stil zu eigen machen und die Kirche sein, die dem Hl. Johannes Chrysostomus vorschwebte, der 'Synode' und 'Kirche‘ als gleichbedeutend betrachtete?

Von Ambrose Bwangatto

Unter dem Titel "Für eine synodale Kirche. Gemeinschaft. Teilhabe. Sendung" hat Papst Franziskus zur Weltbischofssynode 2021-24 eingeladen. Das Projekt ist weltweit zwischen alle Fronten kirchenpolitischer Kulturkämpfe geraten. Wer Christinnen und Christen in Afrika, Asien, Lateinamerika oder dem Nahen Osten zum Vorbereitungsprozess fragt, merkt schnell: Hier findet gerade so etwas wie ein informelles, dezentrales Drittes Vatikanisches Konzil statt. Was in den Ortskirchen an Reformbedarf und neuem Gestaltungswillen auf den Tisch gelegt wird, lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Deshalb stellen katholisch.de und das Internationale Katholische Missionswerk missio Aachen in einer kleinen Serie fünf Christinnen und Christen aus Afrika, Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika vor, die berichten, wie sie die Weltbischofssynode vorbereiten und begleiten.