Der Heilige, den jeder kennt
Wenn man eine Rangliste der beliebtesten Heiligen aufstellen würde, würde Nikolaus von Myra ganz sicher auf einem der vordersten Plätze landen. Der Heilige, dessen Gedenktag am 6. Dezember wohl jedes Kind kennt, ist eine der am meisten verehrten Persönlichkeiten des Christentums. Als Freund der Kinder, Patron der Gefangenen, Schutzheiliger von Seefahrern und Kaufleuten, Märtyrer, Bekenner und Nothelfer ist Nikolaus ein viel gefragter Heiliger für fast alle Lebenslagen.
Dies ist umso erstaunlicher, als von der realen Gestalt des Nikolaus von Myra nur sehr wenig bekannt ist und sich in seiner Person heute wahre Geschichte, Legende und volkstümliches Brauchtum vermengen. Die historisch belegten Fakten sind schnell genannt: Nikolaus wurde zwischen 280 und 286 in Patara in der heutigen Türkei geboren. Als junger Mann wurde er Bischof von Myra. Bald danach begannen dort die Christenverfolgungen unter Galerius Valerius Maximinus. Auch Nikolaus geriet in Gefangenschaft und wurde schwer misshandelt.
Überlieferungen mit der Handschrift des Heiligen
Noch gezeichnet von der erlittenen Folter, trat er 325 auf dem Konzil von Nizäa auf, von wo es Überlieferungen gibt, die seine Handschrift tragen. Mehr aber weiß man über Leben und Wirken des Heiligen kaum, lediglich das ungefähre Todesdatum ist bekannt: Er starb an einem 6. Dezember zwischen 345 und 351.
Der Nikolaus-Kult, der uns heute so vertraut ist, breitete sich erst etwa zwei Jahrhunderte nach dem Tod des Heiligen aus. Ausgehend von Griechenland, griff die Verehrung zunächst über die osteuropäischen Länder bis nach Russland über, wo Nikolaus im 8. Jahrhundert zum Patron des Landes wurde. Nur zaghaft verbreitete sich der Nikolaus-Kult in der Folgezeit auch in Westeuropa, etwa ab dem 10. Jahrhundert in Deutschland, Frankreich und England.
Schließlich aber nahm die Verehrung des Nikolaus auch im Westen so große Dimensionen an, dass italienische Seefahrer im Jahr 1087 die Gebeine des Heiligen aus Myra raubten und nach Bari brachten. Dort wurde für die Reliquien die Basilika San Nicola, einer der bedeutendsten romanischen Kirchenbauten in Süditalien, errichtet. Dieser Nikolaus-Kirche folgten zahlreiche weitere: Insgesamt wurde der beliebte Bischof bis heute Schutzherr von mehr als 2.000 Gotteshäusern.
Das Brauchtum rund um die Person des heiligen Nikolaus ist sehr ausgeprägt. Am Vorabend des 6. Dezember besucht der Bischof mit dem weißen Bart traditionell die artigen Kinder und beschenkt sie. Vor die Tür gestellte Stiefel sind am nächsten Morgen mit Süßigkeiten gefüllt. Dieser wohl bekannteste Brauch geht auf eine der zahlreichen Legenden um den Bischof von Myra zurück: Der kam eines Nachts am Haus einer Familie vorbei, die so mittellos war, dass die drei Töchter als Prostituierte ihr Geld verdienen mussten. Damit die jungen Frauen dieses Tun beenden und heiraten konnten, warf Nikolaus drei Beutel mit Gold durch das Fenster des Hauses.
Eine weitere Legende, die vom mitmenschlichen Wirken des Nikolaus berichtet, ist als "Kornwunder von Myra" bekannt geworden. Während einer Hungersnot fuhr ein mit Getreide beladenes Schiff in den Hafen von Myra ein. Da die Fracht jedoch für den Kaiser von Byzanz gedacht war, wollten die Seeleute der hungernden Bevölkerung nichts abgeben. Daraufhin ergriff Nikolaus die Initiative und traf mit den Seeleuten eine Abmachung: Die Bevölkerung durfte sich so viel Getreide aus dem Schiff nehmen, wie sie zum Überleben brauchte. Trotzdem fehlte anschließend von der Ladung kein einziges Korn - dank des wundertätigen Einsatzes des heiligen Nikolaus.
Weihnachtsmannfreie Zone
Nicht nur wegen seines wohltätigen Wirkens ist der Nikolaus übrigens deutlich zu unterscheiden vom Weihnachtsmann. Aus kirchlicher Sicht hat der am Konsum orientierte Weihnachtsmann nichts mit dem selbstlosen Bischof von Myra zu tun. In den vergangenen Jahren haben kirchliche Organisationen zahlreiche Initiativen gestartet, um das Andenken des Heiligen zu fördern. Am bekanntesten ist die Weihnachtsmannfreie Zone des Bonifatiuswerks, bei der auch Schoko-Nikolausfiguren mit Mitra und Bischofsstab verteilt werden.