Warum wir am 25. Dezember Weihnachten feiern
Schon seit vielen Jahrhunderten feiern Christen die Geburt Jesu, schon seit dem vierten Jahrhundert ist das Fest belegt. Termin dafür ist in der westlichen Kirche über Konfessionsgrenzen hinweg der 25. Dezember. Doch warum es gerade dieser Tag ist und kein anderer, ist nicht mit letzter Sicherheit klar. Die Bibel nennt in Bezug auf Jesu Geburt keine Daten und in den Evangelien sind keine Details etwa über das Wetter festgehalten, mit denen sich wenigstens die Jahreszeit näher bestimmen ließe. Das frühe Christentum feierte zudem die Geburt Jesu nicht, sie feierte eher die Todestage der Märtyrer. Wie der Weihnachtstermin auf den 25. Dezember gelangt ist, erklären zwei Hypothesen, die bis heute immer wieder genannt werden.
Die erste ist ein Rechenspiel. Wenn es nach alten jüdischen Schriften geht, sterben große Menschen nicht an irgendeinem Tag, sondern an ihrem Geburtstag – denn in Gottes Sinne sei das Vollkommene, er lasse die ihm nahen Menschen volle Lebensalter erreichen. Laut der Überlieferung ist Jesus am 14. Nisan des Jahres 30 gestorben – auf unseren Kalender übertragen wäre das der 25. März. Anders als bei anderen Menschen ging man bei Jesus aber davon aus, dass schon der Moment der Empfängnis Mariens als Beginn des Lebens Jesu zu begreifen sei. Deshalb rechnete man vom 25. März einfach neun Monate weiter und landete beim 25. Dezember als Geburtstag.
Problematisch bei dieser Rechnung ist allerdings die Überlieferung. Denn der 25. März ist keineswegs durchgehend als Sterbetag Jesu festgehalten. Die alten Texte sind in dieser Hinsicht sehr uneinheitlich und stützen sich allesamt auf Spekulationen. Dadurch entstanden lokal sehr unterschiedliche Traditionen: So wurde Jesu Geburt selbst teilweise auf den 25. März gelegt, auch etwa der 28. März und der 20. Mai wurden begangen.
Rechnen oder Heidentum
Ein anderer Ansatz bezieht sich auf das heidnische Brauchtum. Ab dem Jahr 274 wurde in Rom das Fest der unbesiegbaren Sonne gefeiert, "sol invictus" war ein Staatsgott. Der Termin der Feierlichkeiten war passenderweise die Wintersonnenwende, der Zeitpunkt also, an dem die Tage im Winter wieder länger werden.
Als sich das Christentum im vierten Jahrhundert mehr und mehr zur Staatsreligion aufschwang, wollten die Gläubigen das heidnische Fest für ihre Zwecke umfunktionieren. Wohl auch, um die Römer, die zwar Christen waren, aber weiter an heidnischen Kulten teilnahmen, weiter zu christianisieren. Das Fest des Sonnengottes bot sich als Geburtstermin für Jesus an, wird er in der Bibel doch als "Sonne der Gerechtigkeit" (Mal 3,20) und "Licht der Welt" (Joh 1,9/8,12) bezeichnet. Etwa zur gleichen Zeit versuchten die Christen auch, mit der Einführung des Sonntags als "Tag des Herrn" gegenüber dem römischen Sonnenkult und dem jüdischen Sabbat ein Zeichen zu setzen.
Beide Theorien bergen Widersprüche und haben Lücken in ihrer Erklärungskette. So ist nicht klar, warum der 25. März auf einmal zum Empfängnistermin deklariert wurde und wie groß der Kult um den Sonnengott wirklich war. Es ist auch möglich, dass beide Erklärungsansätze ineinandergreifen und der Geburtstermin Jesu gezielt so berechnet wurde, dass er mit einem zu verdrängenden Fest der Heiden zusammenfiel.
Was im Gegensatz zur genauen Herkunft des Weihnachtstermins klar ist: Das Fest breitete sich schnell aus. Wohl auch, weil sich die Kirche des römischen Reiches gegen den Arianismus wehren wollte – eine im dritten Jahrhundert entstandene Lehre, nach der Gottvater und der Sohn nicht wesensgleich sind. Mit der Feier Jesu als Gottes Sohn war das Weihnachtsfest ein kraftvolles Zeichen dagegen.
Mit der Zeit hat sich der 25. Dezember als Weihnachtstag in vielen Ländern etabliert – ausgenommen sind manche Ostkirchen. Sie feiern die Geburt Jesu aufgrund einer eigenen Tradition und eines anderen Kalenders bis heute am siebten Januar.
Dieser Text ist erstmals 2019 erschienen und wurde 2022 aktualisiert.