Der Orden betreute 170 Jahre die Pilger – Neues Wallfahrtsteam

Franziskaner verabschieden sich aus dem Wallfahrtsort Werl

Veröffentlicht am 31.08.2019 um 12:30 Uhr – Lesedauer: 

Werl ‐ Es ist einer der größten Marienwallfahrtsorte Deutschlands: Das westfälische Werl zieht jedes Jahr rund 100.000 Besucher an. Mit dem Abschied der Franziskaner gibt es nun eine Zäsur. Dennoch verschwindet das klösterliche Leben dort nicht ganz.

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Am Sonntag endet im westfälischen Wallfahrtsort Werl eine Ära. Dann verabschiedet der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker in einem Gottesdienst die Franziskaner, die 170 Jahre lang die Pilgerstätte betreuten. Der Gemeinschaft fehlt wie vielen anderen Orden der Nachwuchs, weshalb sie schon vor vier Jahren die Aufgabe des Standortes ankündigten. Künftig kümmert sich ein Seelsorge-Trio des Erzbistums Paderborn um die Wallfahrt.

Deshalb spricht der bisherige Wallfahrtsleiter, Pater Ralf Preker, auch nicht nur von einem Abbruch. Mit Pastor Gerhard Best und zwei Mitstreitern habe Werl eine Zukunft. Vor 358 Jahren wurde dort die Wallfahrt begründet. Das vermutlich aus dem 12. Jahrhundert stammende Gnadenbild der "Trösterin der Betrübten" wurde im benachbarte Soest verehrt. Im Zuge der Reformation wurde die Statue 1661 ins katholische Werl übertragen. Für Experten gehört die Arbeit zur Kategorie der "Ringpfostenmadonnen": Maria ist erhaben auf einem Thron sitzend dargestellt - und zugleich selbst Thron für ihren Sohn Jesus Christus, der als Weltenrichter erscheint.

100.000 Pilger jährlich

Jedes Jahr kommen rund 100.000 Pilger nach Werl. Damit ist die Stadt einer der größten Marienwallfahrtsorte in Deutschland. Augenfällig ist die neuromanische Wallfahrtskirche, die zwischen 1903 und 1906 erbaut wurde. Neben der Basilika mit den signifikanten Zwillingstürmen steht die alte Wallfahrtskirche, die vom Stil des Spätbarocks geprägt ist.

Höhepunkt der Wallfahrt in der jüngeren Vergangenheit war das 350-Jahr-Jubiläum im Jahr 2011, das Pater Ralf auch als persönliches Highlight seiner elfeinhalb Jahre in Werl erlebte. In dem Festjahr seien rund 200.000 Pilger und damit doppelt so viel wie sonst gekommen, blickt er zurück. Eine eigene Jugendkirche oder die zum Jubiläum erstmals gestartete Motorradwallfahrt habe auch viele junge Menschen mit der religiösen Tradition in Berührung gebracht, so der Geistliche, der künftig den Franziskanerkonvent in Füssen im Allgäu leitet.

Das Gnadenbild des Marienwallfahrtsortes Werl im Erzbistum Paderborn.
Bild: ©KNA

Madonna in der alten Wallfahrtskirche im Marienwallfahrtsort Werl im Erzbistum Paderborn.

Die erste Gründung einer franziskanischen Niederlassung in Werl erfolgte 1645 durch die Kapuziner. Die preußische Regierung löste dieses Kloster 1834 auf; die letzten Kapuziner verließen zwei Jahre später Werl. 1849, also dreizehn Jahre später, gründeten die Franziskaner dort ein neues Kloster, das sie im Kulturkampf zwischenzeitlich - von 1875 bis 1887 - verlassen mussten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden außer der Wallfahrtskirche auch das Kloster neu erbaut.

1962 errichteten die Franziskaner am Kloster das das Missions- und Völkerkundemuseum "Forum der Völker". Mit seinen heute rund 15.000 Exponaten ist es das größte Haus dieser Art in Nordrhein-Westfalen. Unternehmen aus der Region wollen das Museum über eine Stiftung weiter betreiben und erweitern.

"In eine gute Zukunft führen"

Übernehmen und ausbauen - diese Devise gilt auch für den Wallfahrtsort insgesamt. 2017 kaufte das Erzbistum Paderborn Grundstück und Klostergebäude, um die bewährte Wallfahrts-Seelsorge "in eine gute Zukunft zu führen". In den kommenden zwei Jahren erfolge der Umbau zu einem neuen Pilgerzentrum, wie der neue Wallfahrtsleiter und gebürtige Werler Gerhard Best erläutert. Der Eingangsbereich wird größer und einladender. Bis zu 100 Menschen sollen auf einfachstem Standard in Werl übernachten können. Zwei Zimmer bieten künftig Platz für Obdachlose.

Auch inhaltlich wollen Best, ein weiterer Priester und eine Seelsorgerin neue Akzente setzen. Neben der Stärkung der traditionellen Marienwallfahrt hat das Team den einzelnen Pilger im Blick, der auf Sinnsuche ist und sich vielleicht an der Kirche reibt. Für sie soll es eigene Angebote geben, die nicht unbedingt an die Marienverehrung anknüpfen müssen. Geplant ist auch ein "Trostweg für Frauen" im Klostergarten mit marianischen Pflanzen wie Lilien.

Weiter will das Seelsorgetrio die Marienwallfahrt ökumenisch öffnen - für Christen der Ostkirchen wie der Reformation. In diesem Sinne wird am 7. September eine ökumenische Wallfahrtsgruppe aus Soest erwartet. Und: Ganz ohne Ordensleute wird die Wallfahrtsstätte nicht bleiben - im Dachgeschoss zieht der Konvent der Werler Ursulinenschwestern ein.

Von Andreas Otto (KNA)