Osnabrücker Dom: Charakteristische Türme unter besonderem Schutz
Sie sind das Markenzeichen des Osnabrücker Doms: die beiden ungleichen Türme an der Westfassade des Gotteshauses. Dem kleineren Nordturm mit den typisch romanischen Fensteröffnungen steht im Süden ein spätgotisch geprägter "großer Bruder" gegenüber. Bis etwa zum Jahr 1500 glichen beide Türme einander. Heute wirkt der neue Südturm aus der Mitte des 16. Jahrhunderts im Vergleich zu seinem älteren Pendant ungemein wuchtiger – kein Wunder, denn er besitzt eine viermal größere Grundfläche. Nicht nur im Bewusstsein der Einwohner Osnabrücks, auch für das gesamte niedersächsische Bistum, dessen Bischof seinen Sitz in der Stadt hat, sind die Türme wichtige Identifikationsobjekte. Sie finden sich sogar in stilisierter Form als Logo auf dem Briefkopf der Diözese oder auf der Bistumshomepage wieder.
Die Geschichte des Doms St. Peter zu Osnabrück beginnt jedoch lange vor der Errichtung der heutigen Türme der Kathedrale. 785 wurde der erste Dom an dieser Stelle in unmittelbarer Nähe eines alten Heer- und Handelswegs an einer Furt über den Fluss Hase geweiht. Nur fünf Jahre zuvor hatte Kaiser Karl der Große dort eine Missionsstation errichtet. Daraus entstand das Bistum Osnabrück, dessen erster Bischof der heilige Wiho wurde. Karl schenkte der Kirche die Reliquien der Märtyrer Crispin und Crispinian aus dem 3. Jahrhundert. Sie sind die Co-Patrone des Doms. Rund 100 Jahre nach dem Bau wurde dieses erste Gotteshaus bei einem Angriff von Normannen zerstört.
Mauerwerk auf 11. Jahrhundert heute noch erhalten
Wohl im 11. Jahrhundert wurde eine große Basilika errichtet, die kreuzförmig angelegt war und die Fläche des heutigen Doms bedeckte. Sie besaß einen mehrgeschossigen romanischen Vorbau mit zwei Türmen in Westen. Das untere Mauerwerk dieses burgähnlichen Gebäudes ist noch heute in der Westfassade erhalten. Die aktuelle Gestalt erhielt der Dom jedoch größtenteils nach einem Brand im Jahr 1100 und der anschließenden Wiederherstellung sowie einer spätromanischen Umgestaltung ab dem beginnenden 13. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammt auch der achteckige Vierungsturm.
Der architektonische Wandel der Zeit spiegelt sich im Osnabrücker Dom bestens wider: Während die Außenwände des Kirchenschiffs für die Romanik typische rundbogige Tür- und Fensteröffnungen aufweisen, sind sämtliche Gewölbe des Baus spitzbogig und mit Rippengewölben versehen, die als Kennzeichen der Gotik gelten. Mitte des 14. Jahrhunderts wurde eine große Rosette in die Westfassade eingefügt, was eine bauliche Meisterleistung darstellte. Knapp 200 Jahre später wurde nach Aufgabe der dort gelegenen Taufkapelle ein gotisches Westportal eingefügt, dass das Portal im Norden als Haupteingang zum Dom ablöste.
Schlichter Stil im Inneren
Wer den Dom heute besucht, betritt einen klar gegliederten Kirchenraum: Das mächtige Hauptschiff lenkt den Blick auf den goldenen Hochaltar aus dem beginnenden 20. Jahrhundert und das mächtige Triumphkreuz aus dem Jahr 1230 – das älteste Ausstattungsstück des Gotteshauses. Die beiden Seitenschiffe fallen aufgrund der dickwandigen Säulen, die als Abtrennung fungieren, erst beim zweiten Blick auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die neuromanische Ausmalung und ein Großteil der Innenausstattung entfernt. Die Kathedrale ist durch die steinsichtige Wandgestaltung und einfachen weißen Putz geprägt, was sie im besten Sinne nüchtern wirken lässt. Zu den wenigen Werken, die heute noch an Stilepochen jenseits der romanisch-gotischen Ausrichtung der Bischofskirche erinnern, gehört die Rokoko-Kanzel aus dem 18. Jahrhundert.
In Folge der Weltkriegs-Bombenangriffe mussten sämtliche Fenster des Doms erneuert werden – dabei half auch das damals neuerrichtete Land Niedersachsen, wie ein Wappen mit Wittekind-Ross im zentralen Fenster des Altarraums bezeugt. Während des Krieges diente die Bischofskirche zudem nicht nur als geistlicher Schutzraum: im Kreuzgang fanden Osnabrücker Bürger bei Fliegeralarm Zuflucht. Man scheute sich nicht davor, zu diesem Zweck die romanischen Öffnungen zum Domherrenfriedhof zuzumauern. Selbst die ungleichen Markenzeichen von Stadt und Bistum, die Türme, wurden im Krieg nicht verschont, denn die hohen barocken Hauben wurden durch Bomben zerstört. An die Romanik erinnernde Pyramidendächer mit geringer Höhe prägen heute das Bild der Türme.
Der Osnabrücker Dom hat viele tragische Ereignisse wie Brände, Kriege und auch den Tod eines Bischofs im Jahr 1957 unmittelbar nach seiner Weihe vor dem Hauptportal miterlebt, woran eine in den Boden eingelassene Gedenkplatte vor der Kathedrale erinnert. Dass die Bischofskirche diese Ereignisse, wenn auch mit teils schweren Schäden, überlebt hat, führen einige Osnabrücker auf einen ganz besonderen Schutz zurück: Wenige Meter vor dem Dom steht eine kleine Statue, die an eine Legende in Zusammenhang mit Karl dem Großen erinnert. Der sogenannte "Löwenpudel" symbolisiert einen Hund, den der Franken-König in Osnabrück getötet haben soll, weil er zuvor im Zorn geschworen hatte, das erste Lebewesen, das ihm nach seiner Rückkehr in die Bischofsstadt begegnen würde, zu erschlagen. Karl soll froh gewesen sein, dass es sich dabei nicht um einen Menschen handelte. So sprechen einige Bürger dem Löwenpudel auch heute noch zu, die Stadt und den Dom zu beschützen.