Wie der Brauch des Kreuzweges entstand ist

Der Kreuzweg: Das Leiden Jesu nachvollziehen

Veröffentlicht am 25.03.2016 um 13:00 Uhr – Von Margret Nußbaum – Lesedauer: 
Brauchtum

Bonn ‐ In vielen katholischen Kirchen zeigen Abbildungen den Leidensweg Jesu. Die Gemälde oder Holzreliefs bilden den so genannten Kreuzweg. Dieser lädt dazu ein, den Leidensweg Jesu nachzuvollziehen.

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Schon in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten zogen Jerusalem-Pilger Jahr für Jahr am Gründonnerstag zum Ölberg. Dort gedachten sie mit Gebeten und Gesängen der Todesangst Jesu. Anschließend zogen sie zu der Stelle, an der er gefangen genommen wurde. Am Karfreitag gingen die Pilger den Leidensweg Jesu nach - vom früheren Amtssitz des römischen Statthalters Pilatus bis zum Hügel Golgota, der Kreuzigungsstätte. Lautes Weinen und Wehklagen begleiteten die Gebete der Gläubigen. Anschließend hielten sie bis zum Anbruch des Ostertages Totenwache.

Zur Zeit der Kreuzzüge zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert entstand in Jerusalem ein Weg mit verschiedenen Stationen, an denen Bilder aus der Passionsgeschichte künstlerisch dargestellt waren. Dieser Weg wurde Via Dolorosa genannt - übersetzt "schmerzhafter Weg". Das Ganze entsprach franziskanischem Denken. Denn der Heilige Franz von Assisi wollte "in allem den Fußspuren des gekreuzigten Jesus folgen". Und so waren es auch Franziskaner, die dafür sorgten, dass die Idee der Via Dolorosa immer weitere Kreise zog. Unter ihrer Anleitung entstanden auch in anderen christlichen Ländern Wege mit den Leidensstationen Jesu - die Kreuzwege.

Mit schwarzen Tüchern verhängte Fenster

Ein Beispiel für die franziskanische Passionsbetrachtung ist das Ölbergspiel der Franziskaner in Dietfurt im Altmühltal. An jedem Donnerstag in der Fastenzeit kommen Menschen aus der Umgebung in die Klosterkirche, um daran teilzunehmen. Die Fenster sind mit schwarzen Tüchern verhängt. Eingebettet in eine feierliche Andacht mit Predigt und Chorgesang wird in drei Szenen das Ringen Jesu mit sich selbst und mit Gott-Vater wegen seines bevorstehenden Leidens und Sterbens dargestellt.

Hinter einem Vorhang tut sich eine Bühne auf. Die Kulissen zeigen den Garten Getsemani am Ölberg mit der Stadt Jerusalem im Hintergrund. Auf beiden Seiten ruhen die schlafenden Apostel. In der Mitte kniet Jesus - eine bekleidete, bewegliche Figur aus Holz. In den "drei Fällen Jesu" lässt sich ein Kreuz auf ihn herab und ruht eine Weile auf ihm. Ein Christussänger und der Chor bringen dabei die Gedanken und Gefühle Jesu zum Ausdruck. Dann erhebt sich die Christusfigur wieder, und ein Engel, der von einem Dietfurter Kind gespielt wird, kommt mit einem Kelch und einem Kreuz in der Hand vom Himmel herab, um Jesus für sein kommendes Leiden und Sterben zu stärken.

Die Via Dolorosa in Jerusalem
Bild: ©malajscy/Fotolia.com

Die Via Dolorosa in Jerusalem zeichnet den Leidensweg Jesu nach - vom früheren Amtssitz des römischen Statthalters Pilatus bis zum Hügel Golgota, der Kreuzigungsstätte.

Franziskaner waren es auch, die den Gedanken der Nachbildung des Leidens und Sterbens Jesu in andere christliche Länder brachten. Mit Hilfe von Bildstöcken entlang eines Kreuzweges waren Menschen, die nicht lesen konnten, in der Lage, sich das Geschehen am Gründonnerstag und Karfreitag in Jerusalem bildlich vorzustellen und den Leidensweg Jesu nachzuvollziehen. Oft führte der Weg auf eine Anhöhe mit einer Kirche oder Kapelle. Solche Hügel heißen bis heute "Kalvarienberg", abgeleitet vom lateinischen Wort calvaria (Schädel). Der Hügel Golgota wurde nämlich auch Schädelstätte genannt.

Meistens waren es sieben Stationen, angelehnt an die Stundengebetszeiten der Klöster. Im Volksmund hießen diese sieben Stationen Fußfälle, weil die Betenden an jeder Station niederknieten. Im 18. Jahrhundert verdoppelte sich die Zahl der Darstellungen durch den Einfluss der Franziskaner. Die Zahl 14 wurde schließlich im Jahr 1731 durch Papst Clemens XII. offiziell festgelegt. Er ließ im Kolosseum in Rom einen Kreuzweg mit 14 Stationen anlegen. Seit 1975 betet der Papst ihn dort Jahr für Jahr am Karfreitag. Mittlerweile haben viele Kreuzwege noch eine 15. Station. Sie weist auf die Auferstehung Jesu hin.

Kreuzwege zeigt auch die dunklen Seiten des Menschseins

Die Kreuzwegbilder zeigen nicht nur die Leidensgeschichte Jesu, sondern auch die dunklen Seiten des Menschseins, die Verstrickung in Schuld und Sünde. Doch sie bringen in Berührung mit jenem Gott, der Menschen auf ihrem Leidensweg begleitet und tröstet. Nicht zuletzt deshalb ist die 15. Station so wichtig. Der Weg des Leidens - und niemand im Leben bleibt davon verschont - führt nicht in den Abgrund, sondern in Gottes Nähe.

Seit vielen Jahrhunderten beten Menschen den Kreuzweg. Zweifler fragen, ob dies überhaupt noch zeitgemäß ist? Positive Antworten geben die vielen Initiativen, die sich kreativ mit dem Kreuzweg auseinandersetzen, etwa die Aktion "Ökumenischer Kreuzweg der Jugend". In vielen Bistümern gibt es ökumenische Kreuzwege für Erwachsene, etwa der Kreuzweg der Schöpfung im Bistum Hildesheim. Jahr für Jahr machen Christen dabei auf Orte aufmerksam, an denen Gottes Schöpfungswerk durch Menschen zerstört wird, etwa landwirtschaftliche Betriebe mit Massentierhaltung und-schlachtung.

Der Kreuzweg von Heinrich Nüttgens (1903) in der St.-Maximilian-Kirche Düsseldorf

1. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 1: Jesus wird zum Tode verurteilt. Pilatus sagte zu ihnen: Was soll ich dann mit Jesus tun, den man den Messias nennt? Da schrien sie alle: Ans Kreuz mit ihm! Er erwiderte: Was für ein Verbrechen hat er denn begangen? Da schrien sie noch lauter: Ans Kreuz mit ihm! Als Pilatus sah, dass er nichts erreichte, sondern dass der Tumult immer größer wurde, ließ er Wasser bringen, wusch sich vor allen Leuten die Hände und sagte: Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen. Das ist eure Sache! (Mt 27, 22-24)

2. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 2: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern. Da nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus, führten ihn in das Prätorium, das Amtsgebäude des Statthalters, und versammelten die ganze Kohorte um ihn. Sie zogen ihn aus und legten ihm einen purpurroten Mantel um. Dann flochten sie einen Kranz aus Dornen; den setzten sie ihm auf und gaben ihm einen Stock in die rechte Hand. Sie fielen vor ihm auf die Knie und verhöhnten ihn, indem sie riefen: Heil dir, König der Juden! Und sie spuckten ihn an, nahmen ihm den Stock wieder weg und schlugen ihm damit auf den Kopf. (Mt 27, 22-24)

3. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station3: Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz. Die Last ist schwer, der Weg steinig, der Herr zu Tode ermattet. Er schwankt und fällt. Doch er wird emporgerissen und zum Weitergehen gezwungen. (Grundlage: Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch (Erzdiözese Wien) 1975, 765-773 (Nr. 775))

4. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 4: Jesus begegnet seiner Mutter. Die Mutter steht am Weg, den der Sohn mit seinem schweren Kreuz geht. Ihre Blicke begegnen sich. Sie erkennt seine Qual und trägt alles Leid mit ihm. (Grundlage: Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch (Erzdiözese Wien) 1975, 765-773 (Nr. 775))

5. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 5: Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz zu tragen. Einen Mann, der gerade vom Feld kam, Simon von Zyrene, den Vater des Alexander und des Rufus, zwangen sie, sein Kreuz zu tragen. (Mk 15, 21)

6. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 6: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch. Veronika sieht Jesu Leid und die Roheit der Soldaten. Sie fragt nicht, was die Menschen denken. Mutig dringt sie durch die Menge und bietet dem Herrn das Schweißtuch dar, in das er sein Antlitz drückt. (Grundlage: Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch (Erzdiözese Wien) 1975, 765-773 (Nr. 775))

7. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 7: Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz. Die Schwäche und die Schmerzen des Herrn nehmen immer mehr zu. Er fällt ein zweites Mal, schwerer und schmerzlicher als zuvor. Mit großer Anstrengung steht er auf, um sein Opfer zu vollenden. (Grundlage: Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch (Erzdiözese Wien) 1975, 765-773 (Nr. 775))

8. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 8: Jesus begegnet den weinenden Frauen. Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder! Denn es kommen Tage, da wird man sagen: Wohl den Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben. (Lk 23, 27-29)

9. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 9: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz. Der Herr ist zu Tode erschöpft und bricht zum dritten Mal unter der Last des Kreuzes zusammen. Doch er will das Werk vollenden, das der Vater ihm aufgetragen hat. So rafft er sich mit letzter Kraft noch einmal auf. (Grundlage: Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch (Erzdiözese Wien) 1975, 765-773 (Nr. 775))

10. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 10: Jesus wird seiner Kleider beraubt. Nachdem sie ihn gekreuzigt hatten, warfen sie das Los und verteilten seine Kleider unter sich. (Mt 27, 35)

11. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 11: Jesus wird an das Kreuz genagelt. Sie kamen zur Schädelhöhe; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links. (Lk 23, 33)

12. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 12: Jesus stirbt am Kreuz. Von der sechsten bis zur neunten Stunde herrschte eine Finsternis im ganzen Land. Um die neunte Stunde rief Jesus laut: Eli, Eli, lema sabachtani?, das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten: Er ruft nach Elija. Sogleich lief einer von ihnen hin, tauchte einen Schwamm in Essig, steckte ihn auf einen Stock und gab Jesus zu trinken. Die anderen aber sagten: Lass doch, wir wollen sehen, ob Elija kommt und ihm hilft. Jesus aber schrie noch einmal laut auf. Dann hauchte er den Geist aus. (Mt 27, 45-50)

13. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 13: Jesus wird vom Kreuz genommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt. Da es Rüsttag war, der Tag vor dem Sabbat, und es schon Abend wurde,ging Josef von Arimathäa, ein vornehmer Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete, zu Pilatus und wagte es, um den Leichnam Jesu zu bitten. Pilatus war überrascht, als er hörte, dass Jesus schon tot sei. Er ließ den Hauptmann kommen und fragte ihn, ob Jesus bereits gestorben sei. Als der Hauptmann ihm das bestätigte, überließ er Josef den Leichnam. (Mk 15, 42-45)

14. Kreuzweg-Station
Bild: ©katholisch.de

Station 14: Der heilige Leichnam Jesus wird ins Grab gelegt. Josef kaufte ein Leinentuch, nahm Jesus vom Kreuz, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang des Grabes. Maria aus Magdala aber und Maria, die Mutter des Joses, beobachteten, wohin der Leichnam gelegt wurde.

Von Margret Nußbaum