Der Abschied und das Vermächtnis Jesu

Gründonnerstag: Das letzte Abendmahl

Veröffentlicht am 28.03.2024 um 00:01 Uhr – Von Tobias Glenz – Lesedauer: 

Bonn ‐ Mit dem Gründonnerstag beginnen die drei Tage von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu. Die Kirche gedenkt hier besonders des letzten Abendmahls, das Jesus vor seinem Tod mit den Jüngern hielt. Katholisch.de erklärt den Gründonnerstag und seine Liturgie.

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Das Ende ist nahe: Der Gründonnerstag steht ganz im Zeichen des Abschieds Jesu. Zum letzten Mal vor seinem Leiden und Sterben kommt er am Abend mit seinen zwölf Jüngern zusammen. Dabei stehen zwei außerordentliche Symbolhandlungen im Fokus, die Teil des Vermächtnisses Christi sind: das gemeinsame Mahl und die Fußwaschung der Jünger. Genau diese beiden Handlungen rückt auch die Kirche bei der Liturgie am Gründonnerstagabend in den Mittelpunkt. Die Messe vom letzten Abendmahl bildet dabei den Auftakt zum Höhepunkt des ganzen Kirchenjahres: zum sogenannten "Triduum Sacrum", den "Heiligen Drei Tagen" von Leiden, Tod und Auferstehung des Herrn, die in der Osternacht gipfeln.

Die liturgische Bezeichnung für den Donnerstag der Karwoche lautet "Feria quinta in coena Domini" ("Fünfter Tag beim Abendmahl des Herrn"). Die Herkunft des deutschen Namens "Gründonnerstag" hingegen ist nicht restlos geklärt. Eine Möglichkeit ist, dass sich das "Grün-" vom mittelhochdeutschen Wort "greinen" ableitet, was sich mit "weinen" oder "wehklagen" übersetzen lässt und somit die Trauer angesichts der bevorstehenden Passion Jesu zum Ausdruck bringt. Seit dem vierten Jahrhundert war der Donnerstag der Karwoche aber auch der Tag, an dem die Büßer wieder in die Kirche eingegliedert wurden. Sie wurden lateinisch als "virides" (die Grünen) bezeichnet und waren ab diesem Zeitpunkt wieder zur Kommunion zugelassen. Möglicherweise kommt der "Grün-Donnerstag" jedoch auch tatsächlich von der Farbe Grün, da im Mittelalter an diesem Tag regional das Tragen grüner Messgewänder üblich war. Unabhängig von der Herkunft: Der Name kommt fast ausschließlich im deutschsprachigen Raum vor; gebräuchlich ist daneben die Bezeichnung "Hoher Donnerstag".

Die bleibende Gegenwart Christi

An diesem Tag erinnert die Kirche in der Messe vom letzten Abendmahl an die Einsetzung des Altarssakraments, der Eucharistie. Wie die Heilige Schrift berichtet, hielt Jesus am Abend vor seiner Kreuzigung mit den zwölf Aposteln das rituelle Paschamahl; mit dem Paschafest gedenkt das jüdische Volk seiner Befreiung aus Ägypten und des Durchzugs durch das Rote Meer. Bei diesem Mahl brach und reichte Christus den Jüngern Brot, das er als seinen Leib bezeichnete. Ebenso gab er ihnen einen Kelch mit Wein, den er als sein Blut deutete. Der Auftrag lautete: "Tut dies zu meinem Gedächtnis" (vgl. 1 Kor 11,24f). Mit dieser Handlung stiftete Jesus das gemeinsame Mahl als Zeichen seiner bleibenden Gegenwart und eines neuen Bundes mit Gott. Die Eucharistiefeier wurde somit zur zentralen liturgischen Feier der Kirche, in der sie des Todes und der Auferstehung Jesu gedenkt und sein Opfer vergegenwärtigt. Da die Feier der Eucharistie spezifischer Dienst des geweihten Priesters ist, gilt der Gründonnerstag zugleich auch als Tag der Einsetzung des Priestertums.

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Video: © Mediaplus X und Bernward Medien

Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger". Die Zeichentrickserie erklärt auf einfache und humorvolle Art zentrale Begriffe aus Kirche und Christentum. In dieser Folge geht es um die Eucharistie und ihre Bedeutung im christlichen Glauben.

Die Abendmahlsmesse beginnt zwischen 16 und 20 Uhr. Der Gottesdienst wird feierlich eröffnet, endet jedoch schlicht und in aller Stille. Zum Lobgesang Gloria wird gewissermaßen noch einmal voll aufgefahren: Die Orgel spielt laut, alle Kirchenglocken läuten und die Ministranten klingeln mit ihren Schellen. Danach erfolgt jedoch ein radikaler Schnitt: Die Orgel verstummt und die Messdiener benutzen nur noch Klappern aus Holz, die durch ihren harten Klang die Leiden Jesu versinnbildlichen sollen. Auch die Glocken schweigen ab diesem Zeitpunkt bis zur Osternacht; der Volksmund sagt, dass sie "nach Rom fliegen". Bei den Lesungen rückt dann die Eucharistie ins Zentrum: Sie berichten von der Feier des Paschamahls (Ex 12,1-8.11-14) und vom letzten Abendmahl Jesu (1 Kor 11,23-26).

Gegenseitige dienende Liebe

Das Tagesevangelium behandelt die Fußwaschung, die Jesus beim gemeinsamen Mahl an seinen Jüngern vorgenommen hat (Joh 13,1-15). Bei dieser Waschung handelt es sich um ein symbolträchtiges Geschehen, das auch als "Liebestat des Herrn" bezeichnet wird. Die Fußwaschung steht einerseits für die innere Reinheit der Teilnehmer am (eucharistischen) Mahl, sie mahnt aber auch zur gegenseitigen dienenden Liebe. Das wird im Evangelium deutlich: Jesus steht vom Mahl auf, legt das Oberhemd ab, gürtet sich ein Leinentuch um, gießt Wasser in eine Waschschüssel und beginnt, die Füße der Jünger zu waschen. "Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen", erläutert Jesus sein beispielhaftes Tun. Neben der Eucharistie ist das das zweite Vermächtnis Jesu an diesem Tag: Christen sollen einander sowie allen Menschen in tätiger Nächstenliebe dienen.

Um die besondere Symbolhandlung hervorzuheben, erfolgt nach der Predigt der Abendmahlsmesse in vielen Gemeinden die Fußwaschung von zwölf ausgesuchten Laien durch den Priester. Damit symbolisiert der Geistliche den Dienstcharakter seines Amtes. Vor allem in Bischofs- und Abteikirchen wird eine solche Fußwaschung in der Messe vom letzten Abendmahl praktiziert. Im Januar 2016 hat Papst Franziskus den Ritus der Fußwaschung reformiert und ausdrücklich auch Frauen dafür zugelassen; zuvor war offiziell – in Anlehnung an die zwölf männlichen Jünger – nur die Fußwaschung an Männern und Jungen vorgesehen.

Ein Priester bei der traditionellen Fußwaschung.
Bild: ©KNA

Ein Priester bei der traditionellen Fußwaschung am Gründonnerstag.

Bei der Wandlung wird der Stellenwert des Abends noch einmal deutlich hervorgehoben. Zum einzigen Mal im Kirchenjahr werden die Worte im Hochgebet verändert: Dann heißt es "Denn in der Nacht, da er verraten wurde – das ist heute –, nahm er das Brot und sagte Dank…" bzw. "Denn am Abend, an dem er ausgeliefert wurde und sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf – das ist heute –...". Weil an diesem Tag in besonderer Weise des Abendmahls gedacht wird, ist es auch weithin üblich, dass die Kommunion den Gläubigen unter beiderlei Gestalten, also im gewandelten Brot und im gewandelten Wein, gereicht wird.

Am Ende des Gottesdienstes werden die konsekrierten Hostien in einer schlichten Prozession an einen anderen Ort – eine Seitenkapelle oder einen Seitenaltar – überführt. Der Tabernakel bleibt offen und leer. Jeglicher Schmuck wie Blumen und Kerzen sowie das Altartuch werden aus dem Altarraum entfernt. Das symbolisiert Trauer und erinnert zugleich an die Überlieferung, nach der Jesus die Kleider vom Leib gerissen wurden. In Anlehnung an die Nachtwache der Jünger am Ölberg – kurz vor der Verhaftung Jesu – finden in vielen Gemeinden nach der Abendmahlsmesse vor dem Allerheiligsten Gebetswachen statt. Auch besteht mancherorts der Brauch sogenannter Agapefeiern, bei denen die Gläubigen nach der Messe noch zu einem gemeinsamen Mahl zusammenbleiben.

Gründonnerstag kommt Grünes auf den Tisch

Liturgisch ist der Gründonnerstag darüber hinaus traditionell mit der sogenannten "Chrisammesse" verbunden: In diesem Gottesdienst, dem häufig der Ortsbischof vorsteht, werden die heiligen Öle für das gesamte Bistum geweiht – das Chrisamöl (von dem sich der Name der Messe ableitet), das Krankenöl sowie das Katechumenenöl. Die Chrisammesse fand ursprünglich am Vormittag des Gründonnerstags in der Bischofskirche statt, in vielen Bistümern wird sie heute aber bereits an einem früheren Tag in der Karwoche gefeiert.

Mit dem Gründonnerstag geht außerdem eine Reihe von Volksbräuchen einher. So essen Menschen in vielen Regionen an diesem Tag grünes Gemüse oder Kräuter und verzichten auf Fleisch – obwohl es sich kirchenrechtlich nicht um einen strengen Fast- und Abstinenztag handelt. Verbreitet sind auch Umzüge durch die Straßen, bei denen die hölzernen Klappern und Ratschen ertönen, die als Ersatz für die bis Ostern schweigenden Kirchenglocken dienen.

Am Gründonnerstag feiert die Kirche zwar die Einsetzung der Eucharistie, jedoch gestatten die Kartage aufgrund ihres Trauercharakters keine prunkvolle Liturgie. Deshalb existiert seit dem 13. Jahrhundert ein zweites, ganz auf die Eucharistie bezogenes Hochfest: Mit dem Fronleichnamsfest am zweiten Donnerstag nach Pfingsten feiert die Kirche die leibliche Gegenwart Jesu Christi im Altarssakrament durch einen prachtvollen Gottesdienst inklusive Prozession durch die Straßen. Das Hochfest des Leibes und Blutes Christi – so der liturgische Name von Fronleichnam – steht also thematisch in einer engen Verbindung zum Gründonnerstag.

Von Tobias Glenz

Der Artikel erschien erstmals am 29. März 2018.