Zu Besuch bei der auflagenstärksten katholischen Zeitschrift

Nicht nur für Frauen und Mütter

Veröffentlicht am 23.09.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Verbände

Düsseldorf ‐ Sie hat eine höhere Auflage als die "Brigitte" und bekommt ein Grußwort von der Kanzlerin: "Frau und Mutter", die Zeitschrift der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, feiert am Samstag ihren 100. Geburtstag.

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Sie war zeitweise verboten, ihr Name polarisiert und sie erreicht so viele Katholiken, wie kaum eine Publikation: Monat für Monat wird die "Frau und Mutter" in einer Auflage von fast einer halben Million gedruckt und ausgeliefert. Die Verbandszeitschrift bezeichnet sich als auflagenstärkstes Magazin in der katholischen Medienlandschaft. Und sie existiert bereits länger als die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), deren Mitgliedsmagazin sie ist. Diese war 1928 unter dem Namen Zentralverband der katholischen Frauen- und Müttergemeinschaften entstanden.

Zum 100. Geburtstag der "Frau und Mutter" in diesem Jahr schrieb sogar die Bundeskanzlerin ein Grußwort. Die Zeitschrift sei ein Forum und Sprachrohr der kfd, habe aber auch "weit über die Verbandsgrenzen und die katholische Kirche hinaus" Einfluss, so Angela Merkel. Beim Festakt zum Jubiläum am Samstag wird bei einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion die Rolle konfessioneller Medien in der heutigen Gesellschaft analysiert.

Seit der Gründung hat sich bei der Zeitschrift viel verändert. Der Umfang wuchs von vier eng bedruckten Seiten auf ein modern aufgemachtes 32-seitiges Magazin. Auch die Themen gingen mit der Zeit: Von "Wie führt man einen Kriegshaushalt?" über Wünsche an das Zweite Vatikanische Konzil, die die Frauen Kardinal Josef Frings mitgegeben habenen, ging es weiter zu Mutterschutz, Ministrantinnen und Missbrauch. Was sich nicht geändert habe, sei die Diskussion um den Namen der Zeitschrift, berichtet Chefredakteurin Nikola Hollmann.

Bild: ©katholisch.de

Nikola Hollmann ist die Chefredakteurin der "Frau und Mutter", der Mitgliederzeitschrift der kfd.

Gestartet war man bereits 1909 in Mönchengladbach als Frauenpublikation des Volksvereins für das katholische Deutschland mit dem Titel "Die Mutter. Monatsschrift für Frauen". Bereits 1931, inzwischen als Verbandszeitung der christlichen Müttervereine, wurde der Name in "Frau und Mutter" geändert. Schon damals vermuteten Kritiker, dass man mit dem Zusatz "Frau" aufgrund des Zeitgeistes von der Mutter nur noch nebenbei sprechen wolle, weil das nicht modern sei. Der Generalpräses des Zentralverbandes der Frauen- und Müttervereine und Schriftleiter der Zeitung, Hermann Klens, erwiderte damals, dass die Redaktion zum veränderten Frauenleben allgemein beraten wolle. Schließlich gebe es neben Müttern auch junge Frauen, die noch Kinder planten, solche, die niemals Mutter würden und Frauen, die ihre Kinder verloren hätten.

Verbot in der NS-Zeit

Möglicherweise war die Umbenennung eine erste Abgrenzung zu den Nationalsozialisten und deren politisch instrumentalisierten "deutschen Mutter". Insbesondere vor der Reichstagswahl 1932 gab es in der Monatsschrift weitere Kritik an der NS-Politik. Erst in den letzten Ausgaben kurz vor dem Verbot durch die Nationalsozialisten im Jahr 1939 beschränkte sich die "Frau und Mutter" auf rein religiöse Themen. Die Zeitschrift konnte ab Ende 1948 wieder erscheinen. Deshalb gibt es sie erst in diesem Jahr im 100. Jahrgang.

Bild: ©kfd-Bundesverband

Die Verbandszeitschrift der kfd "Frau und Mutter" startete 1909 und hieß zunächst "Die Mutter".

Bischöfliche Kritik am Namen gab es 1988, nachdem der Titelschriftzug von der Kleinschreibung "frau & mutter" zur Großschreibung des Wortes Frau wechselte: Mit "Frau & mutter" sollte in der Diskussion um gleichberechtigte Teilhabe von Frauen ein Akzent gesetzt werden, berichtet Chefredakteurin Hollmann. Als der damalige Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba die Änderung mit einigen Monaten Verspätung bemerkt habe, sah er das Muttersein abgewertet. Die Zeitung behielt die Schreibweise mehrere Jahre lang bei. "Allerdings muss in den Schriftzug nicht zu viel hineininterpretiert werden. Oftmals handelt es sich dabei um eine rein grafische Darstellung," so Hollmann. Anfang des 21. Jahrhunderts sei "Frau und Mutter" auch einige Jahre komplett in Großbuchstaben geschrieben worden.

Trotz Tradition auf der Höhe der Zeit

Die vorerst letzte große Diskussion um den Zeitschriftentitel stieß die kfd bei der Bundesversammlung 2008 an. In dem Prozess hätten sich auch viele jüngere Frauen für "Frau und Mutter" ausgesprochen, berichtet Hollmann. Letztendlich habe man sich 2010 dafür entschieden, den Traditionstitel beizubehalten, der inzwischen eine Marke sei. Ein neuer Untertitel zeige allerdings eine Öffnung an: "Menschen Leben Vielfalt. Zeitschrift der kfd".

Dass das Magazin zwar auf Tradition zurückblicken kann, aber auf der Höhe der Zeit ist, wird beim Redaktionsbesuch sichtbar. "Haus der katholischen Frauen" steht auf der Düsseldorfer Innenstadtvilla, die seit 1928 der kfd gehört. Im dritten Stock sitzen die Frauen, die die Verbandszeitung erstellen vor modernen Apple-Rechnern: zwei Sekretärinnen, zwei Redakteurinnen – teilweise in Teilzeit – und Hollmann. Seit der ersten Ausgabe nach dem Krieg ist der Posten des Chefredakteurs in Frauenhand.

Glasregal mit diversen Gimmicks des Verbandes kfd. In der Mitte ein Zeitschriftenständer mit Ausgaben der Zeitschrift "Frau und Mutter".
Der Eingang einer sandsteinfarbenen Stadtvilla neben einem modernen Wohnhaus.
Galerie: 4 Bilder

 

Die Frauengemeinschaft gibt die Richtung der Zeitschrift vor: "Die kfd mischt sich als Verband stark in Kirche und Gesellschaft ein und braucht dazu Mitglieder, die sich einmischen können", erklärt Hollmann. Das bedeutet, dass die "Frau und Mutter" einen klaren Bildungsauftrag hat. Sie berichtet frauenbezogen über gesellschafts- und kirchenpolitische Themen, gibt Werteorientierung und regt zur spirituellen Bildung an. Die kfd-Positionen kämen in der offenen Wahrnehmung der Welt und der manchmal auch kritischen Distanz zur Amtskirche zum Ausdruck, berichtet die Chefredakteurin. Aber die Redaktion tut noch mehr um die Attraktivität der Zeitung auf dem Wohnzimmertisch zu steigern und alle Familienmitglieder zur Lektüre anzuregen. Auch Unterhaltung, Lebenshilfe und Bestärkung im verbandlichen Ehrenamt gehören zum Magazin. Die Leserinnen und Leser reagieren darauf mit tausenden Mails und Postkarten.

Besuchsdienst als Alleinstellungsmerkmal

Wenn Reportagen zeigten, wie eine kfd-Pfarrgruppe einen besonderen Aspekt im Engagement für Flüchtlinge angeht, komme das bei den Leserinnen laut Hollmann gut an – aber ebenso auch die Rezepttipps, die saisonal, regional und leicht nachzumachen seien. Die Rezepte seien hin und wieder ein "Türöffner" beim Vertrieb der Zeitschrift. Denn "Frau und Mutter" wird zu 90 Prozent zentral an die 4.800 Pfarrgruppen geschickt, von wo aus die sogenannten Mitarbeiterinnen im Besuchsdienst die Zeitschriften persönlich an die Frau bringen. Manch eine der Helferinnen hat, wenn sie an die Tür klopft, neben der aktuellen Zeitschrift auch Plätzchen nach dem neuesten Rezepttipp dabei oder eine Leseempfehlung. Auch der jetzige ZdK-Präsident Thomas Sternberg hat als kleiner Junge Ende der 1950er-Jahre seiner Oma geholfen, die Zeitungs-Päckchen zu schnüren und an den Treffpunkt zu schaffen.

Zum Festakt zum 100. Geburtstag der "Frau und Mutter" sind daher neben Vertretern aus Kirche, Politik und Gesellschaft auch einige Leserinnen und "Mitarbeiterinnen im Besuchsdienst" eingeladen. Denn ihr Dienst ist nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal für das Magazin, sondern sorgt auch dafür, dass der Verband einmal im Monat in direkten Kontakt zu jedem Mitglied kommt. Bei einer Privataudienz habe Papst Pius XII. (1939-1958) die Arbeit der Helferinnen als das "weitestreichende und wirksamste Apostolat, das er sich denken könne" bezeichnet, erinnerte sich der erste Generalpräses Klens in seinen Memoiren.

Von Agathe Lukassek

Hinweis: Der Artikel erschien erstmals im März 2017 und wurde nun um den Festakt zum 100-jährigen Jubiläum aktualisiert.

Mehr Informationen

"Frau und Mutter" ist die Mitgliedszeitschrift der Frauen in der kfd, die in 20 deutschen Diözesen vertreten ist. Als Publikation des Verbandes sie erreicht auch andere Organisationen, Verbände und Institutionen im kirchlichen, politischen und gesellschaftlichen Raum. Die Zeitschrift informiert darüber, was im Verband, in der Kirche und in der Gesellschaft für Frauen bedeutsam ist. Sie berichtet über frauenrelevante Vorgänge in der Politik, über Neues und Wissenswertes aus Kunst, Literatur und Medizin, spiegelt Trends und Entwicklungen und gibt Tipps und Anregungen für den Alltag. "Frau und Mutter" richtet sich an Frauen in unterschiedlichen Lebenssituationen und unterschiedlichen Alters. Sie erscheint monatlich und ist im Beitragsanteil für den kfd-Bundesverband enthalten.