Serie: Unsere Bistümer

Erzdiözese Bamberg: Königliche Gründung und bayerischer "Sonderling"

Veröffentlicht am 03.08.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Bamberg ‐ Weil er der Nachwelt etwas Prägendes hinterlassen wollte, ließ König Heinrich II. an einem seiner Lieblingsorte eine Diözese errichten. Im Laufe der Jahrhunderte hatte diese einige Umbrüche zu meistern. Auch aktuell steht das Erzbistum Bamberg vor einer einschneidenden Veränderung.

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An Allerheiligen 1007 kam es zum Showdown: Auf der Reichssynode zu Frankfurt diskutierten acht Erzbischöfe und 27 Bischöfe, ob dem Anliegen des römisch-deutschen Königs und späteren Kaisers Heinrich II. (reg. 1002 bis 1024) stattgegeben werden sollte. Dieser wollte auf der Babenburg, eine der Besitzungen seiner Familie und von klein auf Lieblingsaufenthaltsort Heinrichs, einen Bischofssitz mit zugehörigem Bistum errichten. Da er und seine Frau Kunigunde bis dahin kinderlos waren und das auch blieben, wollten sie der Nachwelt ein beständiges Vermächtnis hinterlassen. Das Einverständnis des Papstes hatte Heinrich bereits in der Tasche. Doch für sein Vorhaben musste er den Würzburger Bischof, der ebenfalls Heinrich hieß, mit ins Boot holen. Schließlich sollte das neue Bistum im Osten von dessen Territorium entstehen.

Aus der anfänglichen Zustimmung des Würzburger Bischofs wurde bald Ablehnung: Er fühlte sich durch die Verhandlungen zwischen Rom und dem König übergangen. Während König Heinrich in Frankfurt anwesend war, verweigerte Bischof Heinrich seine Teilnahme und schickte stattdessen seinen Kaplan. Als das anwesende Episkopat sich auf die Seite des Würzburger Bischofs zu schlagen drohte, ließ sich der König zu einer nahezu unerhörten Aktion hinreißen: Er fiel vor den Bischöfen auf die Knie und bettelte sie an, sich nicht von den Ausführungen aus Würzburg beeindrucken zu lassen. "Für einen mittelalterlichen König ist das eigentlich ein No-Go", sagt Andreas Hölscher, Direktor des Erzbischöflichen Archivs in Bamberg. Doch der königliche Kniefall zeigte Wirkung und die Synode gab grünes Licht für die Gründung des neuen Bistums. Bereits 1012 wurde ein erster Dombau geweiht. 1016 kam zum Bamberger Sprengel schließlich der nördliche Teil des Bistums Eichstätt hinzu, wodurch das Diözesangebiet für die nächsten Jahrhunderte weitestgehend gefestigt war. Das heißt: weite Teile des heutigen Oberfranken und Teile des heutigen Mittelfranken.

Ein Paar mit kaiserlichen Herrschaftssymbolen liegt als Mamrmor-Relief auf einem Grab. Es handelt sich um das Kaisergrab im Bamberger Dom.
Bild: ©KNA

Das Kaisergrab von Tilman Riemenschneider im Bamberger Dom zeigt das Ehepaar Kunigunde und Heinrich II.

Neben den beiden Gründerfiguren Heinrich und Kunigunde war Bischof Otto I. (im Amt von 1102 bis 1139) eine maßgebliche Figur in der Anfangszeit des Bistums. In seiner Amtszeit bildete sich das Bamberger Hochstift – das Territorium, in dem der Bamberger Bischof auch Landesherr war. Er modernisierte die Struktur des Bistums durch die Unterteilung in vier Archidiakonate, gründete zahlreiche Klöster und zeichnete sich auch durch eine rege karitative Tätigkeit aus. So ließ er etwa Spitäler errichten, die Armen speisen und bei Hungersnöten die Kornspeicher öffnen. Doch auch außerhalb seines Bistums versuchte Otto, den christlichen Glauben zu fördern. So unternahm er noch hochbetagt Missionsreisen nach Pommern. Otto ist der einzige Bamberger Bischof, der nach seinem Tod heiliggesprochen wurde.

Doch er war nicht allein: Mit Heinrich (1146), Otto (1189) und Kunigunde (1200) wurden drei Menschen die auf dem Stadtgebiet Bambergs beerdigt sind, innerhalb von gut 50 Jahren heiliggesprochen. "Selbst für das Heilige Römische Reich ist das etwas extrem Spektakuläres ", betont Andreas Hölscher. Das Grab des Kaiserpaars im Dom und die letzte Ruhestätte des großen Bischofs in der Bamberger Michaelskirche waren im Mittelalter das Ziel tausender Wallfahrer. Die aufwendigen Heiligengräber zeugen von der Verehrung, die die drei im gläubigen Volk erfahren haben – besonders das von Tilman Riemenschneider 1513 fertiggestellte Grabdenkmal von Heinrich und Kunigunde im heutigen Dom, der im 13 Jahrhundert vollendet wurde.

Ein Papst ruht in Bamberg

Wenn es um Gräber geht, hat der Bamberger Dom aber noch ein weiteres Highlight zu bieten: Das von Bischof Suitger, auch bekannt als Papst Clemens II. Suitger wurde 1040 Bischof von Bamberg und 1046 zum Papst gewählt. Doch entgegen der gängigen Praxis verzichtete er nach seiner Wahl zum Pontifex Maximus nicht auf seinen bisherigen Bischofsstuhl und war bis zu seinem Tod ein Jahr später sowohl Bischof von Rom als auch Bischof von Bamberg. "Suitger hat testamentarisch verfügt, dass er in Bamberg, bei seiner 'ersten Braut', wie er selbst sagt, seine letzte Ruhe findet", weiß Hölscher. Deswegen kann man in Bamberg bis heute das einzige originäre Papstgrab nördlich der Alpen bewundern.

Im ausgehenden Mittelalter machten die aufstrebenden Reichsstädte den Bischöfen zunehmend das Leben schwer. Bestes Beispiel dafür ist Nürnberg: Die Stadt, die durch den Handel enorm wohlhabend geworden war, schaffte es Schritt für Schritt, sich des bischöflichen Einflusses zu entledigen. So kauften sie dem Papst und dem Bamberger Bischof deren abwechselndes Recht bei der Besetzung der Pfarrstellen ab. Der Magistrat setzte auch die Verwalter der Klöster im Territorium der Reichsstadt ab. Begründung: Sie würden zu viel in ihre eigene Tasche wirtschaften. Den auch in geistlichen Fragen auf Selbstständigkeit pochenden Reichsstädten kam die Reformation gerade recht. Als erste von ihnen nahm 1525 Nürnberg den protestantischen Glauben an, weitere Städte auf dem Bamberger Bistumsgebiet folgten.

Blick über Nürnberg.
Bild: ©Wolfgang Cibura/Fotolia.com

Nürnberg nahm als erste Reichsstadt in Deutschland die Reformation an.

Die Folgen der Reformation waren in der Diözese dramatisch: Im Laufe des 16. Jahrhunderts fielen von 190 Pfarrkirchen 105 dem Protestantismus zu, im Jahr 1648 standen für 110 Pfarreien noch 64 Priester zur Verfügung. "Das altgläubige Gebiet schrumpfte de facto auf das Gebiet des Hochstifts", sagt Andreas Hölscher. Die Spuren von damals sind im heutigen Erzbistum Bamberg nach wie vor erkennbar: Als einzige bayerische Diözese gilt es als Diasporabistum. Die etwa 670.000 Katholiken leben neben rund 1,4 Millionen Nichtkatholiken. Mit der Zeit habe man sich miteinander arrangiert, resümiert Andreas Hölscher. Heute gehöre der ökumenische Austausch zum diözesanen Selbstverständnis.

Apropos heutiges Erzbistum: Als nach der Säkularisation und den Kriegen gegen Napoleon das neue Königreich Bayern die kirchlichen Verhältnisse neu ordnen wollte, war zunächst ein Bayerisches Erzbistum – München und Freising – angedacht, mit den anderen Diözesen als Suffraganbistümern. Doch die fränkischen Bistümer wehrten sich dagegen und hatten Erfolg damit. So bekam auch Nordbayern sein eigenes Erzbistum. Das Königshaus der Wittelsbacher entschied sich dafür, dies in Bamberg zu errichten. Warum die Wahl gerade auf Bamberg fiel, darüber geben die Akten von damals keinen Aufschluss. Würzburg etwa war deutlich älter und bedeutender. Andreas Hölscher vermutet, dass das mit der Gründungsgeschichte des früheren Bistums Bamberg zusammenhängt. "Bamberg wurde von einem Kaiser gegründet, der gleichzeitig bayerischer Herzog war. Da sich die Wittelsbacher in der Tradition der bayerischen Herzöge sahen, könnte das der Grund dafür gewesen sein." Im Zuge der Neugründung, die offiziell zum 1. Januar 1818 erfolgte, erhielt das Erzbistum Bamberg auch neue Gebiete: So kam etwa die Gegend um Ansbach im Westen des heutigen Mittelfranken dazu.

Zuzug aus dem Osten

Im Laufe der weiteren Geschichte kam es im Erzbistum Bamberg zu zwei größeren Zuzugswellen von Katholiken: Zunächst waren es Arbeiter aus der Oberpfalz, die Anfang des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung ins Nürnberger Stadtgebiet zogen. Später, nach 1945, kamen Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Deren "Erbe" ist noch heute sichtbar: So sind laut Andreas Hölscher etwa ein Drittel der Katholiken auf dem Bamberger Bistumsgebiet Nachfahren von Vertriebenen.

Im 20. Jahrhundert drückte ein Bischof dem Erzbistum ganz besonders seinen Stempel auf: Jacobus von Hauck, der von 1912 bis 1943 im Amt war. Von Hauck war zunächst sehr konservativ und monarchistisch, doch im Laufe seiner Amtszeit freundete er sich mehr und mehr mit der Demokratie an. Viele Reden und Hirtenbriefe zeugen davon. Hauck war es auch, der 1931 den Deutschen Katholikentag ins Erzbistum Bamberg holte – ausgerechnet in das protestantisch geprägte Nürnberg. Auch die Gründung der Caritas im Erzbistum ist sein Verdienst. Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus konnte von Hauck wenig anfangen. Die Gestapo überwachte ihn zwar, doch das konnte dem beim Volk beliebten Erzbischof nichts anhaben.

Bild: ©Fotolia.com/LianeM

Die Basilika Vierzehnheiligen liegt oberhalb des Mains bei Bad Staffelstein im Landkreis Lichtenfels. Sie war die erste Kirche in Deutschland, die zur "Basilica minor" ernannt wurde.

Was macht das Leben im Erzbistum Bamberg heutzutage aus? "Das kommt ganz auf die Region an", sagt Andreas Hölscher. Im oberfränkischen Teil der Erzdiözese sei das Wallfahrtswesen nach wie vor sehr stark. Dort befinden sich auch die beiden bekannten Wallfahrtsbasiliken der Erzdiözese: Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein und die Wallfahrskirche zur Heiligen Dreifaltigkeit bei Gößweinstein. In der Stadt Bamberg gibt es immer noch eine große Kunigunden-Verehrung. Dies falle auch an den Namen auf, erläutert Andreas Hölscher: So hießen im Stadtgebiet von Bamberg viele ältere Frauen Gunda – die fränkische Kurzform von Kunigunde.

Aktuell beschäftigt das Erzbistum Bamberg die anstehende Strukturreform: Ab 1. September 2019 werden aus den bis dato 95 Seelsorgebereiche 35. Die sechs Regionen mit 21 Dekanaten werden aufgelöst, ab dann gibt es nur noch zehn Dekanate. Ziel ist es, die Verwaltung effizienter zu gestalten. Dafür sollen auch hauptamtliche Verwaltungsleiter eingestellt werden. Doch nicht nur in Sachen Struktur befindet sich die Erzdiözese Bamberg kräftig im Wandel: Wie überall in Deutschland gehen die Priesterzahlen zurück, viele Pastoralreferenten, die das kirchliche Leben im Erzbistum vor allem seit den 1980er Jahre deutlich mitgestaltet haben, treten jetzt langsam in den Ruhestand ein. Somit brechen im Erzbistum Bamberg ein weiteres Mal Umbruchszeiten an.

Von Matthias Altmann

Hinweis

Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage der Erzdiözese.