Serie: Unsere Bistümer

Bistum Passau: Papstheimat und katholisches "Herz Bayerns"

Veröffentlicht am 14.12.2019 um 12:29 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Passau ‐ Einst das größte Bistum auf deutschem Boden, gehört Passau heutzutage zu den kleineren Diözesen. Die Geschichte Passaus wurde geprägt von selbstbewussten Bischöfen, der Auseinandersetzung mit österreichischen Herrschern – und einem Wallfahrtsort. Auch ein späterer Papst hat hier seine Wurzeln.

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Beschaulich: Mit diesem Attribut lässt sich das heutige Bistum Passau recht gut beschreiben. Flächenmäßig die drittkleinste Diözese in Deutschland, geringste Einwohnerzahl im bundesweiten Vergleich, ländlich geprägte Gegend mit einer barocken Bischofsstadt. Dabei weist die Diözese mit ihrem Zentrum in der bayerischen Dreiflüssestadt eine äußerst spannende und wechselvolle Geschichte auf. Eine ganz besondere Rolle spielten nach Unabhängigkeit strebende Bischöfe und ein Wallfahrtsort.

Doch der Reihe nach: Die Spuren der Passauer Kirche reichen weit zurück. Römische Soldaten brachten den christlichen Glauben einst in die römischen Provinzen Rätien und Noricum, die dort aneinandergrenzten, wo der Inn die Donau erreicht und die Wurzeln des heutigen Passaus liegen. Am Ausgang der Antike, der vor allem durch die Wirren der Völkerwanderung und den schleichenden Untergang des Weströmischen Reichs geprägt war, sorgte vor allem der Missionar Severin von Noricum (410-482) dafür, dass das Christentum in der Gegend weitestgehend aufrechterhalten wurde. So überstand der Glaube vielerorts die Zeitenwende zum Mittelalter und konnte an die Bajuwaren weitergegeben werden, die sich während des 6. Jahrhunderts in dem Landstrich zunehmend ausbreiteten.

Als "Donaubistum" größte Diözese des Heiligen Römischen Reichs

Als der heilige Bonifatius im Jahr 739 im Auftrag von Papst Gregor III. die Kirche im süddeutschen Raum neu ordnete und neben Passau die Bistümer Salzburg, Freising und Regensburg gründete, gab es in Passau bereits eine funktionierende kirchliche Administration samt Bischof: Sein Name war Vivilo. Bonifatius bestätigte ihn im Amt, während er in allen anderen Bistümern neue Bischöfe einsetzte. 798 wurde Passau schließlich als Suffraganbistum der Erzdiözese Salzburg unterstellt.

Das Hauptaugenmerk des Bistum Passau lag von seinen Anfängen an in der Mission der Völker entlang der Donau. Dadurch dehnten sich die Bistumsgrenzen im Laufe des Mittelalters immer weiter nach Südosten aus. Der Passauer Sprengel reichte teilweise sogar bis nach Westungarn. Mit rund 42.000 Quadratkilometern wurde Passau zum größten Bistum des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation und zum "Donaubistum".

Bild: ©Peter Kneffel / dpa

Die schwarze Madonna in der Gnadenkapelle des Wallfahrtsorts Altötting zieht jedes Jahr hunderttausende Wallfahrer an.

Trotz seiner Bedeutung musste das Bistum Passau immer wieder mit Salzburg um das Vorrecht der Kirchenorganisation im Osten ringen. Die Passauer Bischöfe waren es zunehmend leid, dass ihr so großes und bedeutendes Bistum einem anderen unterstellt und nicht selbst ein Erzbistum war. Einer von ihnen, Pilgrim (971-991), griff daher zu unlauteren Mitteln: Er fälschte Urkunden, die eine historische Vorrangstellung der Passauer Kirche gegenüber der Salzburger belegen sollten. Demnach sei das Bistum Passau Nachfolger des antiken Erzbistums Lauriacum (Lorch in Oberösterreich), das im 8. Jahrhundert untergegangen war. Bischof Vivilo, der erste "offizielle" Bischof von Passau, sei aus Lauriacum nach Passau gegangen und habe dort das Bistum weitergeführt. Doch diese "Lorcher Fälschungen", wie sie die Forschung nennt, hatten keinen Erfolg.

Auch wenn ihnen der Metropolitentitel nicht zugesprochen wurde, spielten die Passauer Oberhirten eine große Rolle in der mittelalterlichen Reichskirche. Einer von ihnen ist Altmann (1065-1091). Er unterstützte Papst Gregor VII. beim Investiturstreit und bei der Reform des Klerus. Diese war bei den Geistlichen heftig umstritten, sah sie doch die Durchsetzung des Zölibats vor. 100 Jahre nach Altmann saß Wolfger von Erla (1191-1204) auf dem Bischofsstuhl. Er ist auch für die deutsche Literaturgeschichte eine wichtige Figur. Aus seinem Reiserechnungsbuch lässt sich das einzige außerliterarische Lebenszeugnis Walthers von der Vogelweide ablesen, denn Wolfger schenkte ihm einmal eine stattliche Summe für einen Pelzmantel. Neben Walther von der Vogelweide gehörten auch andere österreichische und bayerische Dichter, darunter wahrscheinlich auch der Autor des Nibelungenliedes, zum Kreis des Bischofs, der sein Bistum zum literarischen Zentrum ersten Ranges machte.

Als Suffraganbistum dem Erzbistum München-Freising unterstellt

Der Umstand, dass der Großteil der Passauer Diözese auf österreichischem Staatsgebiet lag, sorgte immer wieder für Konflikte mit den österreichischen Herrschern. 1469 gelang es dem Habsburger Kaiser Friedrich III., von Papst Paul II. die Gründung des Bistums Wien aus ehemaligem Passauer Gebiet zu erwirken. 1729 musste es die Gebiete im Südosten an Wien und Wiener Neustadt abgeben; 1783 wurde der Rest der unter österreichischer Landeshoheit liegenden Gebiete des Bistums Passau abgetrennt und als die Diözesen St. Pölten und Linz verselbständigt. Dadurch wurde das Bistum Passau auf ein Siebtel seiner einstigen Größe verkleinert. Doch immerhin erreichten die Bischöfe im 18. Jahrhundert das, was ihre Vorgänger im Mittelalter nicht schafften: 1722 wurde Passau aus der Kirchenprovinz Salzburg herausgelöst und exemt. Das heißt, es war nur noch dem Papst unterstellt und keinem Metropoliten.

Doch die Freude darüber währte nicht allzu lang. Nach der Säkularisation und der Neuordnung der kirchlichen Landschaft in Deutschland Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Passau wieder einer Erzdiözese als Suffraganbistum unterstellt – diesmal München und Freising. Die Neustrukturierung brachte auch einige Gebietsveränderungen mit sich. So wurde der Zuständigkeitsbereich des Bistums Passau um das südliche Gebiet um Simbach am Inn, Altötting und Burghausen erweitert.

Pater Stefan Oster lacht vor dem Einzug in den Stephansdom im Hintergrund lachen Bischöfe.
Bild: ©KNA

Stefan Oster ist seit 2014 Bischof von Passau.

Besonders wegen Altötting wirkte sich diese Grenzverschiebung segensreich für das Bistum Passau aus. Jedes Jahr empfängt die rund 12.000 Einwohner zählende Stadt Hunderttausende Wallfahrer. Ihr Ziel ist die "Schwarze Madonna" in der berühmten Gnadenkapelle. Die möglicherweise in Burgund oder am Oberrhein entstandene frühgotische Lindenholzstatue einer stehenden Muttergottes mit dem Jesuskind kam vermutlich im 14. Jahrhundert dorthin. Die Rede von Altötting als "Herz Bayerns" kann man sogar wörtlich nehmen: In der Gnadenkapelle werden auch die Urnen mit den Herzen mehrerer bayerischer Herrscher aus dem Hause Wittelsbach sichtbar aufbewahrt, darunter auch die mit den Herzen der bayerischen Könige des 19. Jahrhunderts. Sie hatten zu Lebzeiten gelobt, auch nach ihrem Tod bei der Muttergottes von Altötting zu "wachen".

Neben Altötting kam einem weiteren Ort im Bistum Passau weltkirchliche Bedeutung zu: Marktl am Inn. Hier erblickte am 16. April 1927 ein gewisser Joseph Ratzinger das Licht der Welt – der spätere Papst Benedikt XVI. Obwohl er nur zwei Jahre seines Lebens dort verbrachte, sagte Benedikt beim Besuch an seinem Geburtsort während seiner Bayernreise 2006, dass er in Marktl "ein Gefühl des Zuhause-Seins unter all den freundlichen und wohlgesonnenen Menschen" verspüre.

Stefan Oster seit 2014 Bischof von Passau

Im 20. Jahrhundert hatte das Bistum vergleichsweise wenige Bischöfe. Das lag schlicht an der Tatsache, dass sie teils enorm lange Amtszeiten hatten und dadurch die Gestalt der Diözese nachhaltig prägten. Als Beispiel hierfür dient der Benediktiner Simon Konrad Landersdorfer, der von 1936, während des Nationalsozialismus, bis 1968, kurz nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, an der Spitze der Diözese stand.

Seit 2014 ist Stefan Oster, ein Salesianer Don Boscos, Bischof von Passau. Bei seiner Weihe war er der jüngste Oberhirte in Deutschland. Eines seiner großen Anliegen ist das Thema Neuevangelisierung – gerade in Zeiten sinkender Kirchenbindung. "Ich bin überzeugt, wenn wir heute fragen, was neue Evangelisierung ist, dass wir zuerst wieder zurückkehren müssen zu Ihm. Zu Ihm, der in der Kirche da ist und wirkt und dem wir persönlich begegnen können, einfach zum authentischen Jesus selbst, unverstellt", schrieb Oster einmal in einem Gastbeitrag für katholisch.de. Somit steht er in der Tradition seiner Amtsvorgänger, die sich ebenfalls der Mission und der Weitergabe des Glaubens verschrieben haben – wenn auch unter anderen Gegebenheiten. Osters Methoden sind dabei ganz zeitgemäß: Der gelernte Journalist bloggt und ist in den sozialen Netzwerken unterwegs.

Von Matthias Altmann

Hinweis

Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage der Diözese.