Mit 24 Gedichten durch den Advent

"Man sollte lachen, fröhlich sein"

Veröffentlicht am 10.12.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Dossier: Adventskalender

Bonn ‐ Heinz Erhardt zählt auch unter Nachgeborenen zu den größten Komikern deutscher Sprache. Dabei hat er nicht nur Blödel-Gedichte fabriziert. Kilian Martin sieht in "Feste" geradezu lyrische Katechese.

  • Teilen:

"Feste" von Heinz Erhardt

Bild: ©katholisch.de/picture alliance

Türchen Adventskalender 10. Dezember.

Weihnachten im Wirtschaftswunderland

Man muss ihn einfach lieben. Selbst als spät Nachgeborener kann man sich des Genius' Heinz Erhardts nicht entziehen. Wie auch? Schließlich hat er es wie kaum einer vor ihm und fast niemand danach verstanden, die Witzigkeit des deutschen Wesens in Worte zu fassen. Trefflich zeigt er das in seinem Gedicht "Feste", das erstmals 1966 in der Sammlung "Noch'n Heinz Erhardt" erschien.

Schon die ersten Verse des Zwölfzeilers vermitteln das, was für Erhardts Werk so typisch ist: Die gemütliche Bürgerlichkeit der Wirtschaftswunderrepublik. Da geht es um festliche Speisen, die mit den Jahren der Entbehrung im Gedächtnis gleich doppelt gut schmecken. Geschlemmt wird natürlich im geliebten Kreis der Kernfamilie, die sich schließlich unterm Baum mit frommen Weisen gefühlsduselig singt. Damals wie heute eine wunderbare Überzeichnung einer heilen Welt die gar nicht so heilig war.

Doch es wäre natürlich keine echte Erhardt-Lyrik, würde am Ende nicht die Pointe sitzen. Und da unterscheidet sich "Feste" von dem sonst so klamaukigen bis schwarzen Humor des Meisters. Denn Erhardt präsentiert uns hier in freier Übertragung  den Aufruf des Propheten: "Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir." (Sach 9,9)

Zugegeben, man sollte ein Erhardt-Gedicht wohl nicht überexegetisieren. Doch der Vergleich liegt nahe. Und schließlich trifft der Dichter in seiner kurzen Strophe auch eine wahrhaft katechetische Aussage: Weihnachten ist ein Fest der Freude, denn der Heiland ist geboren!

Eine andere Sache ist freilich die Auslegung des kurzen Nachschubs für das Osterfest, den Erhardt mitliefert. Denn diese vier Verse sind ungleich düsterer Natur:

Zu Ostern – da wird jubiliert,
manch buntes Ei erworben!
Da lacht man gern – dabei ist ER
erst vorgestern gestorben…

Von Kilian Martin