Mit 24 Gedichten durch den Advent

"Seine Eltern hatten keine Unterkunft"

Veröffentlicht am 14.12.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Dossier: Adventskalender

Bonn ‐ Bertolt Brechts Weihnachtsgedicht "Die gute Nacht" zeichnet ein düsteres Bild von der Welt. Doch gerade, weil der Dichter so nüchtern erzählt, trifft er den Kern von Weihnachten, meint Felix Neumann.

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Bild: ©Fotolia.com/PRILL Mediendesign

Eine verfallene Hütte.

Sie rumpelt etwas beim Vortragen, die Weihnachtsgeschichte, die Bertolt Brecht da in seinem Gedicht "Die gute Nacht" erzählt. "Freie Knittelverse" ist noch das vornehmste, was man über die Form sagen kann. Immerhin paarweise gereimt, die ersten paar Zeilen noch in einigermaßen strengem Versmaß und einigermaßen erhabener Sprache, aber das war es dann auch mit lyrischen Konventionen.

Und was er über die "gute Nacht" zur Sache sagt, legt einen ganz anderen Blick auf die Weihnachtsgeschichte, als es übliche romantische Krippendarstellungen tun. Wenigstens "Ochs und Esel waren dabei/Damit alles in der Ordnung sei", und am Ende schiebt er noch pflichtschuldig zwischen zwei Reimen ein, dass "auch noch die Dreikönig" daherkamen – aber sonst geht es bei Brecht um den "argen Verkehr" auf den Straßen, um die Kälte, um die Furcht der Eltern vor der Geburt. Er beschreibt das Moos zwischen den Latten des Stalls, wie der Wirt mit Kreide die Tür markiert hat, wie aus der Futterkrippe ein Tisch wird.

Unprätentiös schildert Brecht die heilige Nacht, wie es zu dem Dichter passt: "Glotzt nicht so romantisch" soll nach seinen Regieanweisungen auf einem Plakat stehen, das im Zuschauerraum bei einem seiner Stücke aufzuhängen sei. "Glotzt nicht so romantisch" ruft es auch zwischen den Zeilen der "guten Nacht": Keine Überhöhung, keine Frömmelei, keine Engel, die Himmelslieder singen. Die Geschichte, die er erzählt, handelt vor allem von dem (dazugedichteten) Hausknecht, der heimlich einen Fisch bringt, und der Heiligen Familie, die es dann doch noch ganz warm hat im Stall. Kleinigkeiten nur, aber diese kleinen Gesten sind es, die deutlich machen, wie ungeheuerlich es ist, dass Gott Mensch wird.

Gerade weil Brecht so nüchtern und naturalistisch erzählt, so unsauber reimt, so stolpernd skandiert, trifft er den Kern der Weihnachtsgeschichte: Gott wird ganz Mensch, mit allem, was dazugehört, ganz unromantisch, ohne Idealisierung. Dass am Ende der Wind sich etwas legt, dass die heilige Familie satt und warm im Stall schlafen kann: "Mehr konnte die Welt für den Christ nicht tun."

Von Felix Neumann