Der spirituelle Adventskalender in der Corona-Krise

Der Corona-Advent gibt Raum für existentielle Fragen

Veröffentlicht am 12.12.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt am Main ‐ Margot Käßmann will die Weihnachtskarten nutzen, um ihren Nächsten zu sagen, wie sehr sie sie liebt und schätzt. Überhaupt biete dieser Advent die Gelegenheit, sich auf das Wesentliche zu besinnen, findet sie: Wie will ich leben? Was ist mir wichtig?

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Advent ist eine Zeit des Wartens, die Vorbereitung auf das Fest der Geburt des Gotteskindes. Traditionell war es eine Fastenzeit, Zeit des Verzichts.

In den letzten Jahren ist diese Bedeutung von Advent zunehmend verloren gegangen. Menschen klagten über "Vorweihnachtsstress": Geschenke besorgen, Plätzchen backen, Weihnachtsfeiern ausrichten oder besuchen, Treffen auf dem übervollen Weihnachtsmarkt. Hektik bestimmte diese Zeit.

Ich will den Corona-Advent 2020 gewiss nicht schön reden. Viele Menschen leiden unter Einsamkeit, Angst vor Ansteckung, der Furcht, den Arbeitsplatz, die Existenz zu verlieren. Aber vielleicht ist der auferlegte Verzicht auf Kontakte auch eine Chance, im Advent tatsächlich zur Ruhe zu kommen. Eine Kerze anzuzünden und zu fragen: Was glaube ich? Was hält mich? Was macht mir Hoffnung? Wie will ich eigentlich leben? Was ist mir wichtig?

Ich habe mir vorgenommen, im Advent in aller Ruhe Weihnachtskarten zu schreiben. Nicht nur mal eben: "Frohe Weihnachten, Margot", sondern denen, die ich liebe oder schätze einmal handschriftlich zu vermitteln, dass es so ist. Für mich sind heute die Briefe, die meine Mutter, mein Vater, auch meine Großmutter mir geschrieben haben, ein großer Schatz. Und mir ist klar: Meine Töchter beispielsweise werden am Ende nur sehr wenige haben. Wir kommunizieren größtenteils über Telefon, Whatsapp und Email.

Wir könnten diesen besonderen Advent nutzen, um über unsere Ängste und Hoffnungen zu sprechen. Schriftlich, am Telefon, per Skype oder Zoom. Wir können sie verbinden mit den Ängsten, die Josef und Maria hatten auf dem Weg nach Bethlehem kurz vor der Geburt ihres Kindes. Mit der Verzagtheit der Hirten, die kaum eine Perspektive hatten für ihr Leben. Mit der Hoffnung der drei Weisen, Rettung für die Welt zu finden. Und dann, wenn es Weihnachten wird, kann die alte Geschichte aus dem Lukasevangelium uns wieder neu vermitteln: "Fürchtet euch nicht!"

Von Margot Käßmann

Die Autorin

Margot Käßmann ist evangelische Theologin und Pfarrerin.