Der Advent erinnert auch Muslime an die Barmherzigkeit Gottes
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Der Koran spricht in der fünften Sure, Vers 10, davon, dass Jesus in der Lage war, Tote zu erwecken und Kranke zu heilen. Denn wie in diesem Vers betont wird, hat Gott ihn mit der Kraft des Heiligen Geistes ausgestattet. Und ausgerechnet in Sure 19, die sich ausführlich mit der Geburt Jesu auseinandersetzt, taucht der Name Gottes des Barmherzigen ganze zwölf Mal auf, so viel wie in keiner anderen Sure des Korans.
Der Koran spricht somit vom heilvollen Eingreifen Gottes in die Welt durch Jesus, um seine Barmherzigkeit zu einer erfahrbaren Wirklichkeit zu machen. Der Advent als Erinnerung an Jesu Ankunft in der Welt ruft auch bei Muslimen in Erinnerung, dass der barmherzige Gott es gut mit uns Menschen meint. Er schaut nicht tatenlos zu, wie Menschen an Corona leiden und einige daran sterben, aber seine Art des Eingreifens in unsere Welt ist immer vermittelt, um die Freiheit des Menschen nicht zu beeinträchtigen. Gott inspiriert Menschen, um ihnen den Horizont ihrer Denk- und Handlungsmöglichkeiten zu erweitern.
Es liegt aber an uns Menschen, uns als Hände von Gottes Liebe und Barmherzigkeit zu verstehen. Die Erzählung des Propheten Mohammed, wonach Gott im Jenseits rufen wird: "Ich war krank und du hast mich nicht besucht, ich war hungrig und du hast mir nichts zu essen gegeben, und ich war durstig und du hast mir nichts zu trinken gegeben", erinnert an das Matthäusevangelium, das unterstreicht: "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25,40).
Wir Menschen sind es, die die Verantwortung tragen, Leid in der Welt zu verringern bzw. zu beseitigen, jeder in seinem eigenen Lebenskontext und entsprechend seinen Ressourcen. Wir können Jesus sein, wenn wir durch unser Tun Gottes Barmherzigkeit hier und jetzt veranlassen. Ärzte, Pflegepersonal, Forscher, die an der Entwicklung eines Impfstoffs arbeiten, sie alle sind Hände der Liebe Gottes. Aber auch jeder, der Opfer bringt bzw. sich dafür einsetzt, das Leben seiner Mitmenschen in diesen schweren Zeiten schöner zu gestalten, sei es auch nur dadurch, anderen Hoffnung zu machen oder ihnen ein Lächeln zu schenken.
Der Autor
Mouhanad Khorchide ist Professor für islamische Religionspädagogik am Centrum für Religiöse Studien (CRS) und Leiter des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT) an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster.
Hinweis
Die Texte erscheinen in Kooperation mit dem kulturellem Diakonieprojekt "Denkbares".