Trotz Corona-Abstand sind wir in Gott einander nah
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Es gibt Gefahren, die es abzuwehren gilt, und es gibt Gefahren, die durch eben diese Gefahrenabwehr entstehen. So gibt es die Gefahr, an Corona zu erkranken, unter Langzeitfolgen zu leiden oder sogar zu sterben, und es gibt eine Fülle von Gefahren, die sich aus den notwendigen Gegenmaßnahmen ergeben. Diese werden vor allem im Feld der Wirtschaft, der psychischen Gesundheit und der Bildung thematisiert.
Ich möchte auf eine andere Gefahr hinweisen. Sie besteht darin, dass die erste Bürgerpflicht in der Pandemie darin besteht, Abstand zu halten, auf Berührungen und Besuche zu verzichten und sein Gesicht zu verhüllen. Die beabsichtigten Folgen sind gut: Schutz des Anderen. Die Nebenfolgen sind gefährlich, weil sie unverzichtbare Bestandteile eines glückenden Miteinanders aus dem Verkehr ziehen. Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass die soziale Distanznahme zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Menschlichkeit in der Pandemie darstellt. Diese beginnt erst da, wo wir den ungleich schwereren und viel Kreativität fordernden Weg suchen, wie unser Miteinandersein wachsen kann, obwohl unser Beieinandersein drastisch eingeschränkt ist. Belassen wir es nur bei der Einschränkung des Beieinanderseins wird die Weise, wie wir einander schützen, massiv zur Erosion unseres Miteinanders beitragen.
Und was hat der Advent damit zu tun? Während wir unter den Folgen der räumlichen Entfernung von einander leiden, feiern wir, dass Gott in seiner Menschwerdung über die volle Distanz gegangen ist, um uns, die wir in der Ferne waren, in die Nähe zu holen (Eph 2,13). In eine jede Vorsichtsmaßnahme unterlaufende Nähe, die nicht überbietbar und unaufhebbar ist. Innerer als mein Innerstes (Augustinus). Und wenn Er jedem so nah ist, dann sind wir in Ihm auch einander nah. Das Kind in der Krippe ist der unbesiegbare Meister im Überwinden von Distanzen – denn eine größere Distanz als die von Schöpfer und Geschöpf lässt sich nicht denken. Vielleicht kann es uns ein wenig an die Hand nehmen, und uns zeigen, wie wir die räumlichen Distanzen, die uns in diesen Tagen trennen, in der Kreativität der Liebe überbrücken können.
Der Autor
Franziskus von Heereman ist Philosoph und Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Philosophie sozial-caritativen Handelns an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar.
Hinweis
Die Texte erscheinen in Kooperation mit dem kulturellem Diakonieprojekt "Denkbares".