Mit Joseph Ratzinger Synodenzukunft schreiben
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"Die eigentliche Frage hinter der Diskussion könnte man so formulieren: Sollte die intellektuelle Position des 'Antimodernismus' - die alte Politik der Ausgrenzung, Verurteilung und Verteidigung, die zu einer fast neurotischen Verleugnung alles Neuen führte - fortgesetzt werden? Oder würde die Kirche, nachdem sie alle notwendigen Vorkehrungen zum Schutz des Glaubens getroffen hatte, ein neues Kapitel aufschlagen und zu einer neuen und positiven Begegnung mit ihren eigenen Ursprüngen, mit ihren [Mitmenschen] und mit der Welt von heute übergehen?"
Nein: Es handelt sich nicht um eine Zusammenfassung der Fragen, die auf der Weltsynode gestellt und der Themen, die behandelt wurden. Vielmehr ist dieses Zitat über sechzig Jahre alt. Es stellt einen Ausschnitt aus einem Konzils-Kommentar Joseph Ratzingers, des späteren Papstes Benedikt XVI. dar, den der australische Theologe Ormond Rush heute in der Synodenaula zitiert hat. Er machte in seinem konzisen und erhellenden Vortrag noch einmal die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils zu Fragen der Tradition und der Offenbarung Gottes deutlich. Noch einmal unter Verweis auf Ratzinger sprach er unter anderem von der Notwendigkeit eines personal, sakramental und in der Geschichte verwurzelten Verständnisses von Tradition, die "die Vergangenheit in der Gegenwart verwirklicht" sehe und "dennoch offen für eine noch zu offenbarende Zukunft" sei. Die Wahrheit des Glaubens gründet also in einer lebendigen und dynamischen Tradition. Sie sei weder "legalistisch, statisch und ahistorisch", sondern müsse im Blick auf ihre Legitimität angesichts einer Geschichte, die sich verändere, immer wieder kritisch betrachtet werden.
Ich finde es mit vielen anderen Synodenteilnehmern bereichernd und schön, solche klaren Aussagen als theologische Grundlegung am Beginn der letzten Sitzungswoche zu hören. Aber ich muss auch zugeben: Sie sind für mich nichts Neues, ich habe alle diese Dinge schon in meinem ersten theologischen Semester an der Gregoriana in der fundamentaltheologischen Vorlesung über die Kirche und über die Offenbarung hören dürfen – und nie vergessen!
Umso mehr verwundert bin ich, dass solche Grundlagen der Theologie noch einmal während einer Bischofssynode vorgestellt werden, so als handele es sich bei den Teilnehmern dieser Versammlung von Bischöfen, Priestern und Laien um Erstsemester der Theologie. Ich will gewiss nicht arrogant wirken, aber hin und wieder beschleicht mich der Gedanke (den ich sofort wieder verwerfe), dass so mancher Teilnehmer dieser Versammlung nicht wirklich vertraut mit der geltenden Theologie des II. Vatikanums ist. Wohlgemerkt: Bischöfe müssen keine Theologieprofessoren sein. Sie müssen es auch nicht gewesen sein. Sie brauchen auch keine vertiefte "Zeitgenossenschaft" mit den kontroversen Fragen der Theologie, Philosophie oder gar anderer wissenschaftlicher Disziplinen vorzuweisen haben. Aber das Faktum, dass es dem Sekretariat der Synode als wichtig und notwendig erschien, eine solche basale theologische Grundlegung an den Beginn der letzten Synodenwoche zu stellen, hat mich doch ein wenig überrascht.
Wollen wir alle hoffen und dafür beten, dass das Synthesepapier, das am Ende dieser Woche beschlossen wird, im kommenden Jahr die Möglichkeit verwirklicht, zu wachsen und zum "Wurzelwerk" einer "Re-Form, einer neuen Form" zu werden, wie es Schwester Maria Grazia Angellini in ihrer geistlichen Meditation sagte. Wie schön wäre es, wenn diese Synode einen Beitrag dazu leisten könnte, "dass sich die Pastoral entschieden von jeder statistischen, effizienten, prozessualen und als System errichteten Perspektive distanziert". Diesen Worten von Schwester Maria Grazia braucht heute nichts mehr hinzugefügt werden.
Hinweis
Prof. Dr. Thomas Schwartz ist Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis und Teilnehmer der Weltbischofssynode zur Synodalität in Rom. Für katholisch.de berichtet er in einem eigenen Blog regelmäßig von seinen Eindrücken aus der Synodenaula.