Nach der ersten Synoden-Ernüchterung: Na also, es geht doch!
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Offensichtlich ist das öffentliche Interesse an meinem Synoden-Blog deutlich größer, wenn ich darin Enttäuschung und Ernüchterung äußere, als dann, wenn dort meine Zufriedenheit oder gar Begeisterung zum Ausdruck kommen.
Heute werde ich also einige meiner Leserinnen und Leser enttäuschen, denn ich bin mal wieder ein wenig positiv überrascht worden. Und zwar von der Flexibilität des Synoden-Sekretariats.
Freie Interventionen der Teilnehmer
Denn eigentlich waren nach den Zwischenberichten der zehn eingesetzten Arbeitsgruppen keine weiteren Diskussionen mit den Teilnehmern der Synodenversammlung vorgesehen gewesen. Stattdessen hatte man am Freitag nach den kurzen Berichten der fünf offiziellen Sprachgruppen (zu denen bekanntlich deutsch nicht mehr gehört) den ganzen Tag freie Interventionen der Synodenteilnehmer zu vier ausgewählten Fragestellungen angesetzt. Das war mühsam und anstrengend und brachte leider nicht allzu viel Neues zutage, mitunter aber Kurioses, das ich aber aus bekannten Gründen nicht weiter ausbreiten werde.
Die Enttäuschung darüber, dass die Zwischenberichte der zehn Kommissionen nicht diskutiert werden sollten, blieb indes weiter spürbar. Das wird sich nun ändern. Nachdem sich viele Mitglieder der Synode mehr oder minder deutlich mit ihrem Unmut zu Wort gemeldet hatten, wurden das Plenum am Samstag morgen darum gebeten, ein Votum darüber abzugeben, wie bezüglich der Berichte zu verfahren sei. Mit großer Mehrheit wurde dafür votiert, sich darüber mit den Beteiligten der zehn Gruppen auszutauschen. Am 18. Oktober stehen dementsprechend die Sprecherinnen und Sprecher jener Arbeitskreise an verschiedenen Orten in der Nähe des Vatikans für Fragen und Gespräche zur Verfügung.
Dass diese Treffen nicht in der Synodenaula selbst stattfinden sollen, hat natürlich auch eine symbolische Bedeutung. Denn so will man vermeiden, dass es doch noch zu harten Diskussionen im Rahmen der Synode selbst kommt, die die Versammlung sprengen könnten. Gerade darum wurden die zehn Arbeitsgruppen ja Anfang dieses Jahres eingesetzt. Die Treffen sind also "Side-Events" der Synode, wichtig und gut, aber eben keine integralen Bestandteile der Bischofssynode.
Ich finde das in Ordnung. So wurde dem Willen der Mehrheit der Synodalen entsprochen ohne die programmatische Ausrichtung am Thema der Synodalität und ihrer Bedeutung für und in der Kirche zu verändern. "Gesichtswahrung" nennen das vielleicht die einen. Ich würde es als eine "Win-win-Situation"bezeichnen, also eine Konstellation, die für alle Beteiligten Vorteile bietet.
Gehobene Stimmung
In jedem Fall hat das die Stimmung in der Synodenaula und bei den Gesprächen in den Pausen deutlich gehoben.
Manche vermerkten sehr positiv, man sehe, dass sich das Synoden-Sekretariat ernsthaft darum bemühen würde, nicht unbedingt alles bei der Versammlung gemäß einer vorgegebenen Regieanweisung ablaufen zu lassen. Vielmehr sehe man die Offenheit, neu entstehenden Situationen mit einer "kreativen Weisheit" zu begegnen, wie es mir ein Teilnehmer augenzwinkernd formuliert hat. Na also, es geht doch!
Was nehme ich daraus mit? Es geht bei dieser Bischofssynode nicht nur um ein gutes Erwartungsmanagement, sondern auch um ein gutes Beschwerdemanagement. Beides ist nur erfolgreich, wenn man von einem guten Geist getragen ist. Den nenne ich gerne einmal "heilig".
Hinweis
Pfarrer Thomas Schwartz ist Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerk Renovabis und Teilnehmer bei der Weltsynode in Rom. In seinem Blog schreibt er in regelmäßigen Abständen über seine Erlebnisse und Eindrücke. – Renovabis hat seit 1993 zur Erneuerung von Kirchen und Gesellschaften in 29 Ländern Mittel- und Südost- Osteuropas beigetragen. Bis heute wurden dabei mit rund 870 Millionen Euro mehr als 26.000 Projekte von Partnerorganisationen vor Ort unterstützt.