Was war das jetzt? Ernüchterung statt Begeisterung in der Synodenaula
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
In meinem letzten Blog berichtete ich von der Begeisterung, die mich und viele andere Synodenteilnehmer während der Einkehrtage erfüllte. Die Begeisterung ist nach zwei weiteren Tagen einer gewissen Ernüchterung gewichen. Das war zu erwarten gewesen. Dass das aber so schnell gehen würde und dass bei diesem "Ausnüchterungsprozess" sogar Entgeisterung und Ärger am Anfang standen, hat dann doch auch mich "hoffnungslosen" Optimisten überrascht.
Diese Überraschung begann mit der Darstellung der Zwischenberichte der Arbeitsgruppen. Ich war sehr neugierig und habe mich wirklich darauf gefreut. Was dann aber "geliefert" wurde, fand ich, gelinde gesagt: enttäuschend!
Zwischenstand? Eher enttäuschend
Schöne Filmchen mit herrlichen Landschaften, hübschen Blumen, lachenden Gesichtern, betenden Menschen, alles sehr professionell gemacht, verbunden mit einer Vorstellung der Mitarbeitenden der jeweiligen Gruppe sind nett, sind aber eben keine Berichte, noch nicht einmal Zwischenberichte.
Aber es gibt ja auch noch Berichterstatter. Da kommt sicher noch etwas, dachte ich. Nur was dann kam, hatte ich nicht so erwartet. Einer der Relatoren teilt mit, dass die Arbeit seiner Gruppe an der Synode vorbei direkt mit einem römischen Dikasterium abgewickelt werde. Das wirkt auf jemanden, dem "berichtet" werden soll, nicht unbedingt zufriedenstellend.
Manche Berichte anderer Berichterstatter haben darüber hinaus bei mir Anlass zur Vermutung gegeben, dass man hier gar keinen Zwischenstand mitgeteilt bekommen konnte, weil viele Gruppen ihre Arbeit noch gar nicht richtig begonnen haben. Das wäre zwar bedauerlich, aber kann ja noch besser werden.
Aber als dann schließlich hinsichtlich der Frage des Diakonats der Frau der zuständige Leiter des Dikasteriums verkündete, dass der Heilige Vater eigentlich schon klargemacht habe, dass es hierzu auf absehbare Zeit keine Entscheidung geben werde, ja sogar in dieser Frage bald ein offizielles Dokument des Glaubensdikasterium zu erwarten sei, fühlte ich mich schon irgendwie wie ein begossener Pudel. Denn dann braucht es ja auch keine Arbeitsgruppe zu diesem Thema. Als Teilnehmer einer Versammlung, die das Prinzip der Synodalität verwirklichen soll und den Auftrag hat, die Synodalität tiefer in alle Bereiche des kirchlichen Lebens zu implementieren, habe ich hier schon ein anderes Procedere erwartet. Und ich gebe zu: Ich war ziemlich angefressen – und zwar sowohl inhaltlich wie von der Art und Weise des Umgangs mit der Synodenversammlung.
Tröstlich fand ich es zumindest, dass ich mit dieser Gefühlslage nicht allein war. Das habe ich am nächsten Tag, als sich die sogenannten "Circoli Minori" an den runden Tischen zu ihren ersten Arbeitstreffen zusammenfinden, in manchen Pausengesprächen erfahren dürfen.
Auseinandersetzung wird von allen begrüßt
Überall wurde betont, dass die Diskussion über die unverzichtbare Rolle der Frau in der Kirche intensiv weitergeführt werden müsse. Und ich habe den Eindruck, dass viele in der Aula merken, dass man sich mit einem Festschreiben des Status quo durchaus dem Vorwurf einer männerzentrierten und reduktionistischen Anthropologie aussetzt. Deswegen wird auch von jenen, die gegen eine Teilhabe von Frauen am geweihten Dienstamt starke Vorbehalte hegen oder komplett dagegen sind, dennoch eine ernsthafte und theologisch fundierte Auseinandersetzung zu dieser Frage gutgeheißen. Immerhin.
In jedem Fall bemerke ich nicht nur in dieser Frage die Ernsthaftigkeit, mit denen zahlreiche Synodenteilnehmer sich in die Situation des Gegenüber hineinzudenken versuchen. Das bedeutet nicht, dass sie seine Vorstellungen und Überzeugungen übernehmen. Aber sie lassen sie gelten. Das stimmt mich dann doch wieder versöhnlicher und ein wenig hoffnungsvoll für die weiteren Wochen.
Ich bin jetzt also doch wieder auf die Berichte der Sprachgruppen gespannt, die an diesem Freitag angesetzt sind. Dabei kann ein nüchterner Realismus hilfreich sein. Denn die Fallhöhe meines Enttäuschungspotentials ist nicht mehr gar so hoch. Das ist doch auch schon etwas.
Hinweis
Pfarrer Thomas Schwartz ist Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerk Renovabis und Teilnehmer bei der Weltsynode in Rom. In seinem Blog schreibt er in regelmäßigen Abständen über seine Erlebnisse und Eindrücke. – Renovabis hat seit 1993 zur Erneuerung von Kirchen und Gesellschaften in 29 Ländern Mittel- und Südost- Osteuropas beigetragen. Bis heute wurden dabei mit rund 870 Millionen Euro mehr als 26.000 Projekte von Partnerorganisationen vor Ort unterstützt.